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Welt des IslamsWie muslimischer Religionsunterricht in Troisdorf läuft

Lesezeit 4 Minuten
Spielerisch lernen die Kinder die Hintergründe der Hadsch und des Opferfests kennen.

Spielerisch lernen die Kinder die Hintergründe der Hadsch und des Opferfests kennen.

Die GGS Roncalli-Schule war die erste im Rhein-Sieg-Kreis, die muslimischen Religionsunterricht eingeführt hat. So läuft er.

Lehrer Yussuf Turhan ist überrascht: Eine Schülerin hat ihm eine Tüte mit Süßigkeiten mitgebracht, vor Kurzem war ja das Opferfest. „Salam Aleikum“ begrüßt er die Klasse, „Wa Aleikum Salam“ antworten die 20 Drittklässlerinnen und Drittklässler unisono. „Friede sei mit dir“ bedeutet das. Die GGS Roncalli-Schule in Friedrich-Wilhelms-Hütte ist die erste, die muslimischen Religionsunterricht anbietet. Schulleiterin Karin Hurnik blickt auf sechs Jahre gelebte Vielfalt zurück.

„Wir hatten zu Beginn des Schuljahrs 2019/2020 viele muslimische Eltern. Die Kinder gingen in die Trogata (Offener Ganztag in Troisdorf, Anm. der Red.), wenn sie nachmittags noch in die Moschee gingen, war das einfach zu viel. Darum haben wir uns entschieden, den muslimischen Religionsunterricht hier einzuführen“, sagt Hurnik. Die Akzeptanz gegenüber dem Unterricht mehrerer Religionen sei unter den Eltern groß gewesen.

Inhalte im muslimischen Religionsunterricht werden oft über Geschichten vermittelt

„Wir waren damit die erste Schule im Rhein-Sieg-Kreis. Ein Kollege war auch bereit, die entsprechende Ausbildung zu machen“, erinnert sich Hurnik. „Jede Woche ist er dafür nach Düsseldorf gefahren, es herrschte auch eine strenge Anwesenheitspflicht.“

Die Lerninhalte lege das Landesschulministerium fest. „Sie werden sehr neutral vermittelt, viele Eltern finden das angenehm. Wir haben aber auch sehr offene muslimische Eltern, die vieles mitmachen und ihre Kinder auch in gemeinsame Gottesdienste gehen ließen.“ Wer das nicht wolle, dürfe sein Kind zu Hause lassen. „Das kommt aber selten vor.“

An der Wand des Klassenzimmers hängt ein buntes Plakat mit den 99 beliebtesten Namen Allahs, eine Papp-Moschee liegt auf einem Bücherstapel. Viele Inhalte werden über Geschichten vermittelt. Turhan hat einen Sitzkreis gebildet, in dessen Mitte er ein Tuch mit feinem Sand ausbreitet. Er setzt einige Felsen und Figürchen hinein und wiederholt die vorherige Stunde. Es geht um den Hintergrund des Opferfestes.

Viele Themen sind gar nicht weit entfernt von anderen Religionen.
Schulletierin Karin Hurnik

Der Prophet Ibrahim schickt seine Frau Hagar auf Geheiß Allahs mit ihrem gemeinsamen Sohn Ismael in die Wüste, wo die beiden fast verdursten. Auf der Suche nach Wasser läuft Hagar siebenmal zwischen den Hügeln Safa und Marwa hin und her und begegnet dem Engel Gabriel, der sie auf eine sprudelnde Quelle zu Ismaels Füßen hinweist.

Diese Quelle heißt Zamzam und liegt noch heute an der Stelle, an der heute Mekka steht. An diese Geschichte erinnern Musliminnen und Muslime bei der Pilgerfahrt Hadsch, indem sie siebenmal zwischen diesen Hügeln umhergehen.„Und wie wird Ibrahim in der Bibel genannt?“, will Turhan wissen. „Abraham“, lautet die Antwort.

Unterricht gibt es teilweise an Schulen auch in Türkisch, Griechisch und Arabisch

„Viele Themen sind gar nicht weit entfernt von anderen Religionen“, sagt Schulleiterin Hurnik. „Wir haben auch einen interreligiösen Tag für die dritte und vierte Klasse. Da gab es einmal ein Mädchen, das danach von sich aus den muslimischen Religionsunterricht besuchen wollte.“ Muslimische Kinder müssten nicht automatisch am muslimischen Unterricht teilnehmen, fügt sie hinzu. „Das kann jedes Kind, sofern es das möchte und die Eltern einverstanden sind.“

Wie viele teilnähmen, sei je nach Jahrgang unterschiedlich. „Meistens sind es um die 20.“ Insgesamt böten im rechtsrheinischen Rhein-Sieg-Kreis zwei Grundschulen, zwei Gesamtschulen und ein Gymnasium muslimischen Religionsunterricht an, teilt ein Sprecher der Bezirksregierung Köln auf Anfrage mit. Rund 470.000 Schülerinnen und Schüler seien muslimischen Glaubens, weswegen das Land 2012 den staatlichen Religionsunterricht eingeführt habe. Mehrere Hochschulen in NRW bieten das Fach inzwischen an.

Yussuf Turhan hat noch eine weitere Qualifikation: Er ist Koala-Lehrer. „Das steht für Koordinierte Alphabetisierung. Da erhalten Kinder Unterricht in ihrer eigenen Sprache, um besser Deutsch zu lernen. Momentan ist das Türkisch, weil da der Bedarf bei uns am größten ist. An der KGS Blücherstraße ist es Griechisch, an der GGS Sieglar Arabisch“, weiß Hurnik.

„Religion spaltet viele Menschen“, gibt sie zu bedenken. „Deswegen ist es wichtig, dem entgegenzuwirken, indem man sie kennenlernt. Dann gibt es keine Konflikte und darum ist es wichtig, muslimische Menschen an der Seite zu haben und nicht auszugrenzen.“