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Im Schlaf überraschtMutmaßlicher Marder greift Mutter und Tochter an – Experten über Tollwut-Risiko

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Ein Steinmarder sitzt  in einem Gehege.

Ein Steinmarder sitzt in einem Gehege. Sie sorgen für Lärm, hinterlassen Dreck und knabbern Autokabel an. Ob ein Marder in Niederkassel eine Mutter und ihre Tochter gebissen hat, ist nicht eindeutig geklärt. (Symbolbild)

Ein BUND-Sprecher sieht einen Wildtier-Angriff im Haus als extrem selten an. Über ein potenzielles Tollwut-Risiko klärt der Rhein-Sieg-Kreis auf.

Des Nachts wurden eine Mutter und ihre Tochter aus Niederkassel von einem Wildtier überrascht, das sich ins Haus geschlichen hatte. Durchs offene Fenster war das Tier hereingekommen, als die beiden schliefen – und offenbar setzte es sich neben die Tochter.

Die Sechsjährige bemerkte etwas neben sich, dachte aber noch, es wäre der Familienhund. Als sie sich bewegte, wurde sie plötzlich gebissen und schrie auf. Auch die Mutter wurde wach und ebenfalls von dem Tier gebissen. Das verschwand jedoch wieder durch das Fenster nach draußen. Was es genau war, konnten Mutter und Tochter nicht erkennen.

Niederkassel: Tochter wurde von Wildtier in den Arm gebissen – Tollwutgefahr?

Der Rettungsdienst behandelte die blutende Wunde der Tochter im Oberarm. Die Bissspuren ließen wohl auf einen Marder schließen, aber genau bestimmt werden konnte das aggressive Tier nicht.

Mutter und Tochter kamen mit Kratzern und dem Schrecken davon, lassen aber jetzt das Fenster geschlossen. Eine Frage, die sich allerdings aufdrängt, ist, ob das Tier ein Irrläufer war und schlicht aus Angst gebissen hat oder womöglich aufgrund einer Krankheit wie Tollwut aggressiv geworden sein könnte.

Kreisveterinäramt schließt Tollwut-Risiko weitgehend aus – letzter Fall 1999

Letzteres hält das Veterinäramt des Kreises jedoch für äußerst unwahrscheinlich. Den bislang letzten bestätigten Fall von Tollwut bei Haustieren im Rhein-Sieg-Kreis gab es im Jahr 1997 – und zwar bei einer Katze. Grundsätzlich gelte Deutschland seit 2008 als tollwutfrei, was terrestrische Tiere angehe, so die Kreisverwaltung. Das heißt, bei „erdgebundenen Tieren“ (Hunde, Katzen, Füchse) gibt es keine Tollwut mehr. 

Anders sei es bei den Fledermäusen, bei denen nach wie vor Tollwut vorkommen könne. Hier gab es allerdings den bislang letzten nachgewiesenen Tollwutfall im Kreis laut Tierseuchennachrichtensystem (TSN) im Jahr 1999. Das Risiko ist demnach auch nicht übermäßig hoch. Zudem: „In Deutschland bestätigte Einzelfälle von Tollwut sind meist illegal eingeführten Tieren aus Drittländern geschuldet, in denen Tollwut endemisch vorkommt“, erklärt die Kreisverwaltung. Informationen dazu stellt der Rhein-Sieg-Kreis in einem Merkblatt zur Verfügung.

Dass Wildtiere so ins Haus kommen und dann auch noch beißen, ist extrem selten.
Achim Baumgartner, BUND Rhein-Sieg

„Dass Wildtiere so ins Haus kommen und dann auch noch beißen, ist extrem selten“, sagt auch Achim Baumgartner vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Rhein-Sieg im Gespräch mit der Redaktion. Man könne nicht mehr einwandfrei herausfinden, um welches Tier es sich gehandelt habe. „Natürlich könnte es sein Jungtier gewesen sein, das sich verirrt hat“, sagt Baumgartner. „In der Regel wollen uns die Tiere ja nichts, sie verteidigen sich nur. Eher in Rage geraten sie, wenn sie nicht mehr herausfinden.“

Dass es sich bei dem angriffslustigen Wildtier um einen Marder gehandelt haben könnte – wie die Bissspuren nahelegen –, halte er für plausibel. Auch einen Waschbären könne er sich vorstellen.

Impfungen gegen Tollwut müssen bei Verdacht schnell erfolgen

Sollte bei einem Wildtierbiss wie diesem doch die Gefahr einer Tollwutinfektion bestehen, gibt es klare Vorgehensweisen, um eine Infektion zu vermeiden. Grundsätzlich wird eine Tollwutimpfung nur für besonders betroffene Personengruppen empfohlen oder eben, nach Wildtierbissen, wenn ein Infektionsrisiko nicht ausgeschlossen werden kann. 

Betroffene Personengruppen sind laut Rhein-Sieg-Kreis Tierärztinnen und -ärzte, Jägerinnen und Jäger, Forstpersonal und Personen mit Umfang mit Tieren in Gebieten, in denen Tollwut auftritt. Auch Menschen, die arbeitsbedingt oder sonst Kontakt zu Fledermäusen haben, werden prophylaktisch geimpft, ebenso Laborpersonal, das Tollwutviren ausgesetzt sein könnte. 

Besteht der Verdacht, dass eine Wunde mit Tollwutviren kontaminiert ist (Tollwut wird vor allem durch Speichel in offene Wunden übertragen), werden die Betroffenen umgehend geimpft. Erkrankt jemand an der Tollwut, ist die Krankheit in aller Regel tödlich und nicht heilbar. 


Die Tollwut ist eine ansteckende Viruserkrankung, die schnell verläuft und meist zum Tod führt. Menschen und Säugetiere können infiziert werden. Weltweit sterben laut Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) jährlich etwa 55.000 Menschen an Tollwut. In Deutschland ist die Krankheit jedoch durch systematische Bekämpfung so gut wie ausgerottet.