Ampel streitet über Hartz IVWas wird sich mit dem Bürgergeld wirklich ändern?

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Bei der geplanten Einführung eines Bürgergeldes anstelle von Hartz IV hat Bundesarbeitsminister Heil (SPD) eine gründliches Vorgehen angekündigt.

Berlin – Hartz IV soll schon im kommenden Jahr zum Bürgergeld werden. Am Mittwoch will sich Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) in Berlin zum Thema äußern. Im Koalitionsvertrag sind einige Punkte verankert, über einige Fragen – etwa die Höhe des künftigen Regelsatzes – wurde in der Koalition zuletzt gestritten. Was ist nun zu erwarten? Ein Überblick mit den wichtigsten Fakten, gegliedert in Fragen und Antworten.

Was steht im Koalitionsvertrag?

„Anstelle der bisherigen Grundsicherung (Hartz IV) werden wir ein Bürgergeld einführen“, heißt es im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP. „Das Bürgergeld soll die Würde des und der Einzelnen acht, zu gesellschaftlichen Teilhabe befähigen sowie digital und unkompliziert zugänglich sein“, wird weiter ausgeführt. Dass aus Hartz IV nun das Bürgergeld wird, ist ein besonderes Anliegen der SPD. Rot-Grün hat unter Kanzler Gerhard Schröder Hartz IV Anfang des Jahres 2005 eingeführt, darüber im selben Jahr die Wahl verloren – und seitdem mit der Reform gehadert.

Was soll neu sein außer dem Namen?

Im Koalitionsvertrag versprechen die Ampel-Parteien, dass künftig in den ersten beiden Jahren das Bürgergeld ohne Anrechnung des Vermögens gewährt werden soll. Zudem soll in dieser Zeit auch die Wohnung als angemessen anerkannt wird. Die Idee dahinter: Wer beruflich oder auch sonst im Leben in eine Krise gerät und deshalb Grundsicherung in Anspruch nehmen muss, soll nicht sofort sein ganzes Leben ändern müssen – nur weil die Wohnung vielleicht etwas zu groß ist.

Schon in der Pandemie hat sich der Staat hier etwas großzügiger gezeigt, als es bisher den Regeln entspricht. Laut Koalitionsvertrag soll auch das Schonvermögen erhöht werden. Und was soll sich bei der Vermittlung in Arbeit verändern? Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sollten so verändert werden, „dass künftig eine Beratung auf Augenhöhe möglich ist und eine Vertrauensbeziehung entstehen kann“, schreiben SPD, Grüne und FDP im Koalitionsvertrag.

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Ein wesentlicher Punkt ist, dass Vermittlung in Arbeit künftig keinen Vorrang mehr vor Weiterbildung haben soll. Aus der „Eingliederungsvereinbarung“ soll eine „Teilhabevereinbarung“ werden, es soll zudem eine sechsmonatige Vertrauenszeit geben. Was das genau heißt, steht im Koalitionsvertrag nicht. Dieser Punkt müsste also im Gesetz und auch in der Praxis mit Leben gefüllt werden.

Gibt es künftig noch Sanktionen, wenn sich jemand nicht an die Regeln hält?

Derzeit gilt ein relativ weitgehendes Sanktionsmoratorium. Insbesondere die Grünen tun sich mit dem Thema Sanktionen schwer. In der FDP, aber auch in Teilen der SPD wird dagegen stets argumentiert, wenn jemand etwa permanent Termine nicht wahrnehme, müsse das Jobcenter auch die Möglichkeit haben zu reagieren. Im Koalitionsvertrag heißt es, Mitwirkungspflichten sollten erhalten bleiben. Das dürfte heißen: Sanktionen werden nicht komplett abgeschafft, aber noch einmal überarbeitet.

Worüber wird in der Koalition noch gestritten?

Umstritten ist nicht das Konzept für das Bürgergeld an sich, aber die Höhe des künftigen Regelsatzes. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat eine deutliche Erhöhung der Regelsätze für das kommende Jahr angekündigt. „Ich bin fest entschlossen, die Art, wie wir den Regelsatz berechnen, zu verändern“, hatte er im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) zudem gesagt. „Der bisherige Mechanismus hinkt der Preisentwicklung zu sehr hinterher.“ FDP-Fraktionschef Christian Dürr warnte daraufhin vor zu hohen Regelsätzen – es müsse sich weiter lohnen zu arbeiten.

Was sagen Sozialverbände?

„Es reicht nicht aus, Hartz IV in Bürgergeld umzubenennen“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, Ulrich Schneider, dem RND. Notwendig sei „eine deutliche Anhebung, damit endlich Schluss ist mit den Armutsregelsätzen“. Nach Berechnungen der Paritätischen Forschungsstelle müsste der Regelsatz aktuell bei mindestens 678 Euro liegen, um das soziokulturelle Existenzminimum abzusichern, so Schneider. „Wer ein armutsfestes Bürgergeld will, kommt also um eine Anhebung der momentanen Grundsicherung um mindestens 50 Prozent nicht herum.“ (rnd)

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