Flucht vor den TalibanEhemalige Ortskraft Arian: „Ich bin in Lebensgefahr“

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Taliban

Kämfper der Taliban stehen Wache an einem Kontrollpunkt in der Nähe der US-Botschaft

Brüssel – Die Lage vieler Ortskräfte in Kabul wird immer verzweifelter. „Ich bin in Lebensgefahr“, sagt der 33 Jahre alte Arian dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) in einem Telefongespräch. Die Taliban suchten nach Männern wie ihm, die für die Deutschen in Afghanistan gearbeitet hätten, sagt er und wiederholt während des Gesprächs mehrfach: „Bitte, gib diese Botschaft an die deutschen Behörden weiter. Helft uns!“

Arian will seinen richtigen Namen aus Angst vor den Taliban nicht veröffentlicht sehen. Er hat sechs Jahre lang als Übersetzer für die Bundespolizei in Mazar-i-Scharif gearbeitet. Dennoch sei er nicht auf die Liste der Menschen gekommen, die ausgeflogen werden sollen. „Das verstehe ich nicht“, sagt Arian.

Am Montag hat Arian auch noch seine Bleibe in Kabul verloren. Zusammen mit seiner Frau und seinen drei Kindern war er in einem sogenannten Safe House des „Patenschaftsnetzwerks Afghanische Ortskräfte“ untergekommen.

Radikalislamisten suchen offenbar gezielt nach ehemaligen Ortskräften

Doch das sichere Haus sei nicht mehr sicher, sagte Marcus Grotian. Der Bundeswehrhauptmann hat das Netzwerk ins Leben gerufen, um möglichst vielen ehemaligen Ortskräften von Bundeswehr und Bundespolizei zu helfen.

Der Einmarsch der Taliban in Kabul habe dazu geführt, dass diese Häuser nun Todesfallen geworden seien, so Grotian. Die Radikalislamisten suchten offenbar gezielt nach den ehemaligen Ortskräften.

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Arians Familie teilt sich nun mit einer anderen Familie ein Zimmer in einem schäbigen Hotel am Stadtrand. Das koste pro Nacht 2000 Afghani, also etwa 30 US-Dollar, erzählt der Afghane am Telefon. „Es bricht mir das Herz, weil meine Kinder immer wieder fragen, was aus ihnen wird“, sagt Arian. Seine Stimme stockt.

Arian: „Die Taliban kontrollieren die Straßen“

Er wisse nicht mehr, was er machen solle. Zurück nach Mazar-i-Scharif könne er nicht, weil sein Haus zerstört worden sei. Und zum Flughafen, wo die Maschinen stehen, mit denen die Menschen ausgeflogen sollen, könne er auch nicht. „Wie soll das gehen? Die Taliban kontrollieren die Straßen.“ Sie wüssten ziemlich genau, wer als Ortskraft für die Deutschen gearbeitet habe, sagt Arian.

Arian hat die Videos vom Chaos auf dem Kabuler Flughafen gesehen. Er hat daraus eine bittere Lehre gezogen. „Die Afghanen springen lieber von einem Flugzeug, als unter dem Talibanregime leben zu müssen“, sagt er.

Dann fleht er wieder: „Bitte, helft uns.“

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