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Kommentar zu Schnelltest-StartSchlechter konnte die Politik es nicht vorbereiten

Lesezeit 3 Minuten

Überraschend ist es nicht, dass am Tag eins des neuen Anspruchs auf Corona-Schnelltests viel Verwirrung herrschte und wenig getestet wurde. Viel schlechter kann man so etwas nicht vorbereiten.

Schnelltests: Viel Zeit mit Debatten verstrichen

Dort, wo tatsächlich vor Ort am Montag schon effizient getestet werden konnte, ist dies meistens einzelnen Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern und ihrer Improvisationskunst zu verdanken, die pragmatisch das Notwendige organisieren.

Es ist viel Zeit mit Debatten verstrichen, ob diese Tests sicher genug sind, wer sie vornehmen darf und welche Freiheiten man mit einem negativen Testergebnis genießen könnte. Bis dann der Gesundheitsminister wie Kai aus Kiste den massenweisen Einsatz für alle ankündigte. Dass die Kanzlerin Jens Spahn in dieser Angelegenheit zurückpfiff, weil es solche Tests nicht vom Himmel regnet, war richtig. Allerdings ist eine Woche später leider auch nicht viel mehr geregelt.

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Kurz nach der Ministerpräsidentenkonferenz in der vergangenen Woche, in der Nacht zu Donnerstag, ging die erweiterte Testverordnung an die Länder mit dem kleinen Sprengsatz, dass nun alle Bürgerinnen und Bürger einmal pro Woche einen Anspruch auf mindestens einen kostenlosen Schnelltest haben.

Dieser Anspruch gilt neben den schon bestehenden Regelungen für Tests zum Beispiel nach Erstkontakten mit Infizierten oder einem Alarm auf der Corona-Warn-App. Diese Tests sind auch schon oft genug nur schwer zu bekommen. Wie sollen Länder und Kommunen nun Test-Kapazitäten in Millionenhöhe innerhalb von vier Tagen aus dem Boden stampfen – zumal, wenn die versprochenen Tests nicht im benötigten Umfang geliefert werde.

Testverordnung kein Wort zu Schnelltests in Schulen und Betrieben

Damit nicht genug: Die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten hatten gemeinsam mit der Kanzlerin auch noch beschlossen, dass in Schulen und Unternehmen mit Präsenzbetrieb getestet werden soll. In der Testverordnung findet sich dazu kein Wort. Für die Schulen gilt wie immer die Länderzuständigkeit und damit allgemeines Durchwursteln. Zwischen Arbeitgebern und Bundesregierung herrscht in den Verhandlungen, wie die Massentests bei Angestellten umgesetzt werden sollen, gerade Eiszeit. Es wäre leichter ein paar Mäuse zu melken, als diese mies vorbereiteten Neuregelungen für massenhafte Schnelltests umzusetzen.

Weiteres Warten auf deutlich steigende Impfzahlen 

Die Lage ist absurd: In die steigenden Infektionszahlen und in die sich ausbreitende Virusmutante aus Großbritannien hinein wird das öffentliche Leben wiederbelebt. Als Mindestvoraussetzung für eine solche Strategie galten immer deutlich steigende Impfzahlen und ein funktionierendes Netz massenhafter Schnelltests. Auf beides warten wir weiter. Erschwerend kommt hinzu, dass kurz vor zwei Landtagswahlen eine sachliche Debatte zwischen Bund und Ländern über Zuständigkeiten und Verantwortung ohnehin nicht mehr möglich ist. So zeigen die Spitzen in Bund und Ländern gegenseitig mit dem Finger aufeinander, während die Bürgerinnen und Bürger vor den Discountern Schlange stehen, um sich das knappe Gut Schnelltests selbst zu besorgen.

Pandemie-Bekämpfung: Es muss endlich wieder was klappen

Es ist höchste Zeit, dass in Sachen Pandemie-Bekämpfung mal wieder was klappt. Irgendetwas! Deutschland hat zwar eine international vergleichsweise sehr niedrige Inzidenzzahl. Aber seit Oktober reihen sich Fehleinschätzungen, Fehlentscheidungen und mangelnde Tatkraft aneinander.

Zugleich schwindet in diesem wichtigen Wahljahr das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger, dass ihre gewählten Vertreter die Pandemie in den Griff bekommen. Die jüngsten Skandale um Maskenbeschaffung werden zudem wie ein Brandbeschleuniger für die Zerstörung des Vertrauens in die politischen Eliten wirken. Das gilt vor allem für die Union. Es sind zu viele, als dass man von Einzelfällen sprechen könnte.

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