Kommentar zur 15-Kilometer-RegelungGut gemeint ist noch lange nicht gut

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Bürger sollen sich nach dem jüngsten Beschluss von Bund und Ländern bei hohen Corona-Inzidenzen maximal 15 Kilometer von ihrem Wohnort entfernen.

  • Bürger sollen sich nach dem jüngsten Beschluss von Bund und Ländern bei hohen Corona-Inzidenzen maximal 15 Kilometer von ihrem Wohnort entfernen.
  • Diese Regel ist freilich weder wirkungsvoll noch gerecht. Sie dürfte deshalb nicht lange Bestand haben.
  • Ein Kommentar.

Kaum dass sich die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der 16 Länder mit der Kanzlerin auf die 15-Kilometer-Regelung verständigt haben, schmilzt sie auch schon wieder wie Schnee in der Sonne. Ein Wunder ist das nicht.

Denn die Regelung hat zu viele Mängel. Da ist die Ungleichbehandlung von Stadt und Land, die für böses Blut sorgt. Für einen Bürger aus Berlin – der sich, nebenbei bemerkt, immer mal wieder in voll besetzte U-Bahnen drängen muss – sind 15 Kilometer sehr viel. Für eine Bürgerin aus einem Dorf in Thüringen mit Arbeitsplatz, Supermarkt und Familienmitgliedern in Nachbarorten sind 15 Kilometer sehr wenig. Längst äußern Innenminister und Polizeigewerkschafter ja auch Zweifel an der Durchsetzbarkeit.

Im Übrigen ist die Regelung Reaktion auf Weihnachtsausflüge in Wintersportorte. Derlei ließe sich jedoch auch anders verhindern: durch ein schlichtes Verbot und gezielte Kontrollen in Winterberg oder Zella-Mehlis. Schließlich ist diese Beschränkung des Bewegungsradius ein weiterer heikler Grundrechtseingriff.

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Gewiss, in Frankreich lag die Grenze nicht bei 15, sondern bei einem Kilometer. In Spanien durften Kinder fast zwei Monate lang das Haus nicht verlassen. Trotzdem wirkt die 15-Kilometer-Regelung wie der Schuss eines Jägers mit der Schrotflinte auf ein Gebüsch, in dem sich irgendwo ein Hase versteckt hält. Dass sie in manchen Ländern vorerst gar nicht oder nur eventuell durchgesetzt werden soll, untergräbt die Akzeptanz zusätzlich.

Ja, auch Kritiker müssen einräumen, dass eine widerspruchsfreie Anti-Corona-Politik nicht existiert. Es gibt in komplexen Gesellschaften keine Lösungen, die gleichermaßen wirkungsvoll und gerecht sind. Das ist eine Utopie. Das Problem an der 15-Kilometer-Regelung besteht darin, dass sie weder wirkungsvoll noch gerecht ist. Sie dürfte bald wieder gekippt werden.

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