Tod nach Training„Sex and the City“-Fortsetzung macht Fitnessfirma Peloton Probleme

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Carrie (Sarah Jessica Parker) und Mr. Big (Chris Noth) in einer Szene aus „And Just Like That“.

Washington – Achtung, der folgende Text enthält Details zur Handlung von "And Just Like That"

Die Freude über das Wiedersehen dauert nur kurz. In der neuen HBO-Serie „And Just Like That“, der Fortsetzung der einstigen Kultserie „Sex and the City“, taucht neben Carrie Bradshaw auch Mr. Big wieder auf, der inzwischen geläuterte Macho und über 94 Episoden On- und Off-Traummann der Hauptprotagonistin. Das Paar, so scheint es, hat sich endlich gefunden und ist glücklich verheiratet. Doch schon am Ende der ersten Episode liegt Mr. Big tot am Boden.

Ein doppelter Schock für Carrie und die Fitnessfirma Peloton

Der dramatische Abgang des sympathischen Zigarrenrauchers ist ein schwerer Schlag für Carrie, die von der Schauspielerin Sarah Jessica Parker dargestellt wird. Mindestens so groß dürfte der Schock bei der Erstausstrahlung am Donnerstag der vergangenen Woche aber bei der Fitnessfirma Peloton gewesen sein.

Kurz nach dem Training auf dem High-Tech-Indoor-Bike – es war seine tausendste Trainingseinheit – wird der Investmentbanker nämlich von einem Herzinfarkt ereilt und aus dem Leben gerissen. Im Anschluss an die Ausstrahlung stürzten die Aktien des lange gehypten Unternehmens um zeitweise mehr als 15 Prozent ab.

"And Just Like That" bildet die gesellschaftliche Entwicklung ab

Aus Sicht der Drehbuchautoren macht der Peloton-Plot in mehrfacher Hinsicht Sinn: Immerhin 17 Jahre nach dem Ende der Erfolgsserie „Sex and the City“ versuchen sie, nicht nur die Alterung der handelnden Personen, sondern auch die gesellschaftliche Entwicklung der Zwischenzeit abzubilden.

Die einstige Kolumnistin Carrie macht nun einen Podcast, ihre Freundin Miranda Hobbs (dargestellt von Cynthia Nixon, die sich im echten Leben zwischenzeitlich vergeblich um das New Yorker Gouverneursamt bewarb) kehrt als Anwältin an die Uni zurück, wo sie mit der Me-Too- und der Black-Lives-Matter-Bewegung konfrontiert wird, und Mr. Big (dargestellt von Chris Noth) hat sich, wie viele Amerikaner während der Corona-Pandemie, ein Peloton-Trainingsrad gekauft, um zuhause überzählige Pfunde abzustrampeln.

Peloton trägt nun erst einmal einen Schaden

Amerikanische Fernsehkritiker sind von der hölzernen Handlung wenig begeistert. Doch Peloton hat nun erst einmal den Schaden. „HBO hat uns vorher den Kontext der Szene nicht wissen lassen“, moniert eine Firmensprecherin.

Ihr zufolge wusste das Unternehmen weder, welches tragische Schicksal Mr. Big auf ihrem Bike ereilen würde, noch, dass er in dem Film den Anweisungen der virtuellen Peloton-Trainerin Jess King folgen würde. Unterschiedlichste Formen des Product-Placements sind in amerikanischen TV- oder Streamingserien weit verbreitet. Aber eine solche Negativwerbung kommt eher selten vor.

Chancen für eine Schadenersatzklage

Entsprechend räsonierte die „New York Times“ bereits, ob Mr. Bigs tödlicher Trainingsunfall Anlass für einen Schadenersatzprozess sein könnte. Experten räumen einer gerichtlichen Klage durchaus Erfolgsaussichten ein. Normalerweise, erläuterte Marketingprofessor David Schweidel dem Blatt, würde solche Forderungen von den Filmproduzenten mit dem Hinweis auf den fiktionalen Charakter ihrer Sendung zurückgewiesen.

Doch im konkreten Fall könnte die Story der Realität etwas zu nahe gekommen sein: Nach Dutzenden von Verletzungen und einem Todesfall hatte Peloton im Mai nämlich sein 4300 Dollar teures Laufband „Tread+“ zurückrufen müssen. Die US-Verbraucherschutzkommission hatte eine „dringende Warnung“ vor dem Gerät veröffentlicht.

Peloton will den Rückschlag sportlich nehmen

Auch ansonsten sind die Boomzeiten für den Fitnessanbieter, der im Corona-Jahr 2020 trotz Lieferengpässen und langer Wartezeiten seinen Umsatz hatte verdoppeln können, vorerst vorbei. Laut Wall Street Journal kann man ein Paar Luxushanteln des Herstellers, das im April 2020 bei Amazon noch für 1825 Dollar angeboten wurde, inzwischen wieder im Kaufhaus für 299 Dollar erwerben. Anfang November kündigte das Unternehmen an, dass sein diesjähriger Jahresumsatz wahrscheinlich 20 Prozent hinter den Erwartungen zurückbleiben würde.

Trotzdem will Peloton den neuerlichen Rückschlag offenbar sportlich nehmen. „Mr. Big hat einen extravaganten Lebensstil mit Cocktails, Zigarren und fetten Steaks gepflegt“, ordnete die Kardiologin Dr. Suzanne Steinborn, die dem medizinischen Beirat des Unternehmens angehört, den Serientod zunächst aus Fachsicht ein: „Er besaß ein ernsthaftes Risiko, nachdem er schon in der sechsten Staffel einen Herzinfarkt hatte.“

Am Sonntag dann ging das Unternehmen noch einen Schritt weiter. Es veröffentlichte bei Twitter einen 38-sekündigen Werbeclip, in dem Mr.-Big-Darsteller Chris Noth sehr lebendig vor einem knisternden Kamin mit Peloton-Trainerin Jess King flirtet. „Sollen wir es noch einmal machen?“, fragt er doppeldeutig.

Kurz darauf schwenkt die Kamera auf zwei Indoor-Bikes. „Fahrradfahren stärkt den Herzmuskel, senkt den Puls und reduziert den Blutfettspiegel“, sagt eine Stimme aus dem Off und stellt trotzig fest: „Er lebt!“. Nicht auszudenken, was passieren würde, wenn Carrie Bradshaw das wüsste.

Inzwischen gibt es auch von der Börse wieder gute Nachrichten: Anleger steigen wieder bei Peloton ein, die Aktien gewinnen am Montag im vorbörslichen US-Geschäft 3 Prozent. Die Serienhandlung werde wohl kaum die Verkaufszahlen beeinträchtigen, sagt Analyst Simeon Siegel von der Investmentbank BMO. Allerdings seien künftig nicht mehr die Wachstumszahlen wie zu Beginn der Pandemie zu erwarten.

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