Steigende Gewalt gegen FrauenWeißer Ring schickt Justizminister einen Brandbrief

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Ein Mann steht neben einer am Boden kauernden Frau die sich mit ihren Händen am Kopf schützt (gestellte Szene).

Ein Mann steht neben einer am Boden kauernden Frau die sich mit ihren Händen am Kopf schützt (gestellte Szene).

Der Weiße Ring schickt dem Justizminister einen Brandbrief zur steigenden Gewalt gegen Frauen und fordert elektronische Fußfesseln für Täter. Keine neue Idee, aber sie ist gut. Bund und Länder müssen schnell handeln. Frauen schweigen über Schläge und Missbrauch oft aus Angst oder Scham. Ängstigen sollten sich aber nur die Männer - auch schon zu Weihnachten, kommentiert Kristina Dunz.

An jedem dritten Tag stirbt in Deutschland eine Frau durch Gewalt ihres Partners oder Ex-Partners. In vielen Fällen hat es vorher Kontaktverbote gegeben, Bannmeilen wurden verhängt, Annäherungen untersagt. Geschützt hat es die Frauen mitunter nicht, auch wenn sie den Staat um Hilfe angefleht hatten. Wie wenig die Androhung juristischer Konsequenzen nützt, zeigt der Anstieg der Verstöße gegen solche Auflagen: um elf Prozent im vorigen Jahr. In ihrem Hass, ihrer verletzten Eitelkeit, ihrem verqueren Besitzdenken lassen sich die Täter von einem möglichen Ordnungsgeld oder auch einer Ordnungshaft nicht beeindrucken.

Familienministerin Lisa Paus (Grüne) listete im Sommer auf, in jeder Stunde würden mindestens 14 Frauen Opfer von Gewalt. Insgesamt erleidet jede dritte Frau mindestens einmal in ihrem Leben physische und/oder sexualisierte Gewalt. Und das ist nur die Statistik. Die Dunkelziffer wird vom Bundesinnenministerium weitaus höher eingeschätzt. Das bedeutet: Fast jeder und jede von uns müsste eine Frau im eigenen Umfeld haben, die geschlagen oder körperlich missbraucht wird, psychische Gewalt nicht mitgerechnet - wir müssten aber auch genau hinschauen.

Buschmann kündigt härtere Bestrafung an

Justizminister Marco Buschmann (FDP) hatte auch schon 2022 eine härtere Bestrafung der Täter angekündigt. Das Problem ist also benannt und bekannt. Sogar der Europarat kritisierte die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen in Deutschland als unzureichend. Eine Schmach. Aber was ist passiert? Die Partnerschaftsgewalt ist laut Bundeskriminalamt gestiegen.

Es fehlt in vielen Gegenden an Beratungsstellen und Plätzen in Frauenhäusern. Die Entscheidung, den Mann zu verlassen, fällt aber oft erst in der absoluten Notsituation. Dann ist schnelle Hilfe nötig, damit die Frauen - und mit ihnen häufig die Kinder - aus der Gefahrenzone kommen. Die Aussicht auf ein Bett im Frauenhaus erst in ein paar Monaten kann ein Todesurteil sein.

Opfer von Partnerschaftsgewalt haben überwiegend deutsche Staatsangehörigkeit

Für geflüchtete Frauen in Gemeinschaftsunterkünften gibt es nicht immer getrennte Zimmer. Viele Migrantinnen aus patriarchalischen Familien können keine Unterstützung ihrer Verwandten erwarten und wissen nicht, an wen sie sich im Fall der Fälle wenden sollen. Aber um Missverständnissen vorzubeugen: Die Opfer von Partnerschaftsgewalt haben weit überwiegend die deutsche Staatsangehörigkeit (rund 70 Prozent). Es gibt auch Gewalt von Frauen gegen Männer, der Anteil beläuft sich auf 20 Prozent.

Der Weiße Ring - eine Hilfsorganisation für Kriminalitätsopfer - hat Buschmann nun einen Brandbrief geschrieben und eine elektronische Fußfessel für Gewalttäter gefordert. Auch Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) hatte sich schon dafür eingesetzt. Die Idee ist nicht neu, aber sie ist gut. Es ist nur zu hoffen, dass die Politik - Bund und Länder - darauf schnell eingeht und eine solche Überwachung nicht an Bürokratie, Endlosdebatten oder gar an technischen Fähigkeiten scheitert. In Spanien hat diese Täter-Kontrolle bereits Erfolg gehabt.

Es ist aber noch etwas nötig. Und das ist Mut. Angst und Scham der Frauen ist die Macht der Männer. Sie verprügeln und vergewaltigen ihre Partnerinnen, weil sie es können - mit körperlicher Überlegenheit und oft ohne Sorge vor Entdeckung. In vielen Fällen schweigen auch Familien, Freundinnen, Freunde, Bekannte. Das muss sich ändern. Über Weihnachten steigen die Gewaltdelikte laut Beratungsstellen erfahrungsgemäß an. Wird der Stress zu groß, die Erwartung zu hoch und der Alkoholkonsum zu heftig, ist die Hemmschwelle zuzuschlagen niedriger. Das Signal an Männer, die sich an Frauen vergreifen, muss sein: Wir schweigen nicht. Fürchtet Euch vor Strafe.

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