Ein Berufungsgericht hat am Abend die gegen die EU verhängten Zölle wieder in Kraft gesetzt.
Chaos in den USABerufungsgericht setzt Zölle von Trump wieder in Kraft

Bei seiner legendären Pressekonferenz im Rosengarten des Weißen Hauses am „Liberation Day“ hatte Donald Trump auch die einsamen Heard und McDonaldinseln im Indischen Ozean mit Zöllen belegt.
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Nachdem die von Donald Trump gegen die EU verhängten Zölle zuerst außer Kraft gesetzt wurden, hat ein von der US-Administration angerufenes Berufungsgericht die Zölle wieder in Kraft gesetzt.
Bei seiner legendären Pressekonferenz im Rosengarten des Weißen Hauses am „Liberation Day“ hatte Donald Trump auch die einsamen Heard und McDonaldinseln im Indischen Ozean mit Zöllen belegt, obwohl auf dem Archipel nur Seevögel und Robben leben. Die zehnprozentige Abgabe auf deren imaginäre Exporte in die USA war dann vom Tisch - fürs Erste.
Ansonsten bleibt vieles unübersichtlich nach dem aufsehenerregenden Urteil eines New Yorker Bundesgerichts vom Mittwochabend. Das US-Gericht für internationalen Handel hat der Klage von mehreren Unternehmen und 13 Bundesstaaten entsprochen und die am 2. April verhängten Zölle bis auf Weiteres blockiert.
Nach Überzeugung der drei Richter, die übrigens von Ronald Reagan, Barack Obama und Trump selber berufen wurden, liegt die Befugnis für die Erhebung solcher Importsteuern nämlich alleine beim Kongress, und der Präsident kann dies nicht durch die Berufung auf ein Notstandsgesetz von 1977 aushebeln.
Vize-Stabschef Steven Miller wütet über einen „Staatsstreich der Justiz“
Das ist ein herber Rückschlag für den Präsidenten beim Herzstück seiner Wirtschaftspolitik. Sein Berater und Vize-Stabschef Steven Miller wütet über einen „Staatsstreich der Justiz“. Seriöse amerikanische Medien sprechen von einem „Paukenschlag“ und einer „krachenden Niederlage“ für den Präsidenten. Die britische „Financial Times“ sieht einen „dramatischen und weitgehend unerwarteten“ Störung des präsidialen Zoll-Amoklaufs. Doch praktisch alle Experten sind sich einig: Es ist nicht dessen Ende.
Für die Europäische Union, die Trump neben China als Hauptgegner in seinem Handelskrieg ausgemacht hat, kommt das Urteil trotzdem zu einem günstigen Zeitpunkt. Der Spruch betrifft nicht die 25-prozentigen Zölle auf Autos und Stahl, die weiter in Kraft bleiben, wohl aber die sogenannten „reziproken Steuern“, die Trump unter anderem mit Handelsungleichgewichten begründet. Die sollten für die EU ursprünglich 20 Prozent auf alle Waren betragen, wurden dann aber vorübergehend auf zehn Prozent gesenkt. Vor kurzem drohte Trump dann mit einer Anhebung auf 50 Prozent, hat dieses Horrorszenario kurz darauf aber bis zum 9. Juli ausgesetzt. In der Zwischenzeit soll ein „Deal“ verhandelt werden.
In den USA dürfte für die nächsten Woche und Monate erst einmal das komplette Chaos herrschen
Nun dürfte auf amerikanischer Seite für die nächsten Woche und Monate erst einmal das komplette Chaos herrschen. Die Juristen des Präsidenten haben sofort Einspruch gegen das Urteil eingelegt. Der Streit dürfte letztlich vor dem Supreme Court entschieden werden. Das wird dauern. In der Zwischenzeit könnte Trump freilich andere obskure Gesetze ausgraben, mit denen er einen erneuten Vorstoß für generelle Zölle begründet, der dann so lange gelten würde, bis ihn wieder ein Gericht kassiert.
Aktuell aber bedeutet der Richterspruch: die USA dürfen die am „Liberation Day“ verkündeten reziproken Zölle (und auch die 20-prozentigen Abgaben für Kanada und Mexiko) nicht weiter erheben - auch nicht jenen zehnprozentigen Basiszoll, den Trump entgegen der öffentlichen Wahrnehmung nie ausgesetzt hat. Politisch, urteilt Alan Beattie, der Handelsexperte der „Financial Times“, zeige das Urteil, das Trumps Zollpolitik nicht nur „grotesk in der Substanz“, sondern auch „verletzlich durch äußere Ereignisse“ sei. Beattie rät der EU, nun eine härtere Gangart zu wählen: „Die EU würde sich lächerlich machen, wenn sie bei einem Deal ohne rechtliche Grundlage einseitige Zugeständnisse macht.“
Experten warnen vor übertriebener Euphorie
Gleichwohl warnen Experten vor übertriebener Euphorie. „Nach unserer Überzeugung werden die Zölle kaum ganz verschwinden“, sagte etwa Mark Haefele, der Chef-Investor von UBS Global, dem „Wall Street Journal“: Die Trump-Regierung könne zumindest einen Teil ihrer Abgaben mit einer anderen Begründung wieder einführen.
Das Gerichtsurteil eröffnet bereits eine kleine Hintertür: Derzufolge können Staaten, mit denen das Handelsdefizit der USA besonders groß ist, für 150 Tage mit einer Einfuhr-Abgabe von 15 Prozent belegt werden. Für Unternehmen, die Waren in die USA exportieren, bedeutet das Urteil neben einer kurzfristigen Erleichterung damit vor allem eins - noch mehr Unsicherheit, wie es weitergeht.