Verspätete Flüge, geschlossene Museen, dreckige Parktoiletten: Nach gut einer Woche spüren viele Amerikaner die ersten Folgen des Shutdowns.
Shutdown in den USATrump-Regierung will 750.000 Beamten Gehälter für Zwangsurlaub streichen

Rund 750.000 Beamtinnen und Beamte wurden aber in Zwangsurlaub geschickt und sind von ihren Arbeitsplätzen regelrecht ausgesperrt.
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Die Rückenlehnen befanden sich in aufrechter Position. Die Passagiere hatten sich angeschnallt. Eigentlich wäre der American Airlines-Flug AA0591 am Dienstagabend landebereit gewesen. Da meldete sich der Kapitän aus dem Cockpit: „Sie haben sicher gemerkt, dass wir im Kreis fliegen. Unten herrscht Stau.“ Eine halbe Stunde verging, bis die Maschine aus Los Angeles auf dem Ronald Reagan Airport in Washington landen konnte.
Während des Schleifenflugs konnten die Passagiere auf der linken Flugzeugseite immerhin einen Blick auf das Regierungsviertel der amerikanischen Hauptstadt werfen. Dort sitzen die Verantwortlichen für die wachsenden Turbulenzen nicht nur im Luftraum der USA: Mehr als eine Woche dauert nun der Shutdown. Ausgelöst worden war die Ausgabensperre, die einen großen Teil der Regierungsgeschäfte stilllegt, nachdem sich Republikaner und Demokraten im Kongress nicht auf einen Etat für das am 1. Oktober begonnene Haushaltsjahr und die Fortsetzung der staatlichen Zuschüsse für die Krankenversicherung Obamacare einigen konnten. Zunehmend bekommen die Bürger nun die Folgen im Alltag zu spüren.
Luftfahrt-Personal in den USA muss weiterarbeiten, wird aber nicht bezahlt
Das amerikanische Luftverkehrssystem steht seit längerem unter Stress. Landesweit fehlen rund 3000 Fluglotsen, die Technik ist teils veraltert, die chaotischen Einschnitte von Elon Musks Kostensenkungstruppe Doge haben für gewaltige Unruhe gesorgt. Jetzt kommt der Shutdown hinzu, während dessen Dauer das Personal an den Sicherheitskontrollen und im Tower der Flughäfen zwar weiterarbeiten muss, aber nicht bezahlt wird.
Nach Angaben der Luftfahrtbehörde FAA melden sich Fluglotsen nun verstärkt krank. Noch sei der Anstieg „leicht“. Doch schon minimale Ausfälle haben angesichts der angespannten Personaldecke weitreichende Konsequenzen. So musste am Montag der Flughafen Hollywood Burbank für mehrere Stunden geschlossen werden. Am Dienstag gab es landesweit deutliche Störungen. So meldete der Flughafen Nashville eine durchschnittliche Verspätung von mehr als zwei Stunden. Auch in Chicago, Boston und Dallas starteten die wenigsten Maschinen pünktlich.
Mit jeder weiteren Krankmeldung dürfte sich das Problem vergrößern. „Es wird deshalb Verspätungen geben“, räumte Verkehrsminister Sean Duffy ein. Mancher Fluggast dürfte nach dem Zusammenstoß einer Passagiermaschine mit einem Hubschrauber über Washington im Januar, bei dem 67 Menschen ums Leben kamen, noch ganz andere Ängste haben. Darauf zielte Duffys Versicherung: „Wenn wir denken, dass es eine Gefahr im Luftraum gibt, werden wir ihn schließen.“
Folgen des Shutdowns in den USA zeigen sich immer deutlicher
Für viele Amerikaner, die gerade ihre Ferien rund um die Thanksgiving-Feiertage im November planen, ist das freilich keine beruhigende Aussicht. Auch anderswo zeigen sich die Folgen des Shutdowns immer deutlicher: So erhalten Millionen Rentner nicht wie gewohnt in den nächsten Tagen die Information über die Höhe ihrer Social Security-Zahlungen im nächsten Jahr, weil die Entwicklung der Verbraucherpreise nicht berechnet wurde. Die Notenbank Fed stochert bei ihrer Zinspolitik im Nebel, weil alle 2000 Beschäftigten der Behörde für Arbeitsmarktstatistik in Zwangsurlaub geschickt wurden.
Wer in diesen Tagen Lust auf einen Besuch der berühmten Smithsonian Museen hat, der muss sich beeilen. Die National Gallery of Art hat bereits geschlossen. Dem bei Touristen besonders beliebten National Museum of African American History auf der Mall dürfte am Samstag das Geld ausgehen. Das Holocaust Memorial Museum erwartet nach dem 17. Oktober seine Schließung. Viele Nationalparks draußen im Land bleiben vorerst zwar noch geöffnet. Doch fehlen zwei Drittel der Ranger. Es gibt kaum noch begleitete Touren, und manchenorts werden die Toiletten nicht mehr gesäubert.
Staatsbedienstete sind am stärksten vom Shutdown betroffen
Am stärksten betroffen aber sind die Staatsbediensteten selbst. Jener Teil von ihnen, der - wie die Fluglotsen - nach Auffassung der Regierung eine „unerlässliche Arbeit“ verrichtet, muss weiter zum Job erscheinen, obwohl er oder sie vorerst nicht bezahlt wird. Rund 750.000 Beamtinnen und Beamte wurden aber in Zwangsurlaub geschickt und sind von ihren Arbeitsplätzen regelrecht ausgesperrt.
Der letzte größere Shutdown im Jahr 2018/2019 dauerte 35 Tage. Damals erhielten alle Staatsdiener ihr Gehalt nach Ende der Haushaltssperre immerhin rückwirkend ausgezahlt. Das wurde in einem vom Kongress beschlossenen Gesetz, das der damals ebenfalls im Amt befindliche Präsident Trump unterzeichnete, ausdrücklich festgelegt. Doch inzwischen interpretiert das Weiße Haus das Paragraphenwerk anders. Ein Vermerk aus dem von dem Hardliner Russell Vought geleiteten Haushaltsbüro argumentiert ausdrücklich, den zwangsbeurlaubten Beschäftigten stünde keine Nachzahlung zu.
Vought will den Shutdown im Gegenteil nutzen, um Pläne für Massenentlassungen vor allem bei Energie- und Verkehrsbehörden umzusetzen. „Es hängt davon ab, mit wem man spricht“, wich Präsident Trump der Frage aus, ob die Gehälter nachgezahlt werden, und schickte eine kaum verhohlene Drohung hinterher: „Um die meisten Leute werden wir uns kümmern. Aber es gibt einige Leute, die haben es nicht verdient, dass man sich um sie kümmert.“