Funktioniert das überhaupt?Zusatzsteuer auf Unternehmensgewinne im Praxischeck

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Christian Lindner (FDP) zur Übergewinnsteuer.

Berlin – Finanzminister Christian Lindner (FDP) ist strikt dagegen. SPD und Grüne sind aber für die Einführung einer Zusatzsteuer auf Unternehmensgewinne, die durch die gestiegenen Energie- oder Lebensmittelpreise entstanden sind. Aber ist eine Übergewinnsteuer praktisch umsetzbar?

In einem Punkt hat Finanzminister Christian Lindner (FDP) recht – zumindest formal. Das deutsche Steuerrecht kennt keine „Übergewinne“. Was bei einem Unternehmen nach Abzug der Kosten verbleibt, ist der Gewinn. Und dieser wird besteuert, unabhängig davon, unter welchen Bedingungen er erwirtschaftet wurde.

Bei einer „Übergewinnsteuer“ soll jedoch zwischen Gewinnen unterschieden werden, die durch einen normalen Geschäftsbetrieb eines Unternehmens entstehen und dem Profit, den eine Firma aufgrund außergewöhnlicher und nicht beeinflussbarer Umstände erzielt hat. Typische Situationen wären Krisen wie Naturkatastrophen oder eben ein Krieg, wie der in der Ukraine.

In Großbritannien, Frankreich und den USA gab es schonmal eine Übergewinnsteuer

Eine derartige Unterscheidung bedeutet nicht, dass diese Steuer nicht erhoben werden könnte. Großbritannien, Frankreich und die USA haben es bereits vor über 100 Jahren vorgemacht: Großbritannien führte im Ersten Weltkrieg 1915 für alle Handels- und Gewerbeunternehmen eine sogenannte „Excess Profits Tax“ ein, Frankreich folgte 1916 und die USA 1917.

Ziel war jeweils, Kriegsgewinne abzuschöpfen, um so die enormen Staatsausgaben in Kriegszeiten mitzufinanzieren. Die Sätze waren im Vergleich zur damals üblichen Steuerbelastung von Unternehmen saftig: Bis zu 80 Prozent des Übergewinns mussten die Firmen an den Fiskus abtreten.

Im Zweiten Weltkrieg wurde in den drei Ländern die Übergewinnsteuer reaktiviert, diesmal teilweise mit noch höheren Sätzen. So mussten in den USA ab 1942 90 Prozent und ab 1943 sogar 95 Prozent gezahlt werden.

Nicht trivial, aber machbar, ist die Berechnung einer derartigen Steuer, also die Abgrenzung von „normalen“ und Übergewinnen. Zumeist behalfen sich die Behörden mit pauschalen Regelungen: So galt in den USA und Großbritannien eine Verzinsung des investierten Kapitals von bis zu neun Prozent als normale Rendite. Darüber hinaus war die Zusatzsteuer fällig. Alternativ wurde zum Beispiel in Großbritannien der Gewinn in Friedenszeiten mit dem im Krieg erzielten Profit verglichen. Die Differenz ergab dann die Grundlage für die Übergewinnsteuer.

Heute können weltweit agierende Konzerne von Land zu Land verschieben

Angesichts der Globalisierung kommt heute erschwerend hinzu, dass bei weltweit tätigen Konzernen Gewinne von Land zu Land verschoben werden können, um Steuern auszuweichen. Eine Anknüpfung an den Überschuss ist daher im Zweifel nicht sinnvoll. Italien hat daraus die Konsequenz gezogen: Die im März eingeführte „außerordentliche Solidaritätsabgabe“ für Unternehmen des Energiesektors ist als „Über-Umsatzsteuer“ ausgestaltet, weil sich Umsätze, zum Beispiel der Tankstellen, schwerlich ins Ausland verlagern lassen.

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Verglichen werden einmalig die Umsätze vor und während des Ukraine-Kriegs; ist das Plus mehr als zehn Prozent, dann wird ein Satz von 25 Prozent fällig. Die Regierung rechnet mit Mehrerlösen von rund elf Milliarden Euro. Mit den Einnahmen sollen Familien und Unternehmen entlastet werden, die besonders unter den hohen Energiepreisen leiden.

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