Timo Schultz hatte mal andere PläneFC-Trainer statt Lehrer in Ostfriesland

Lesezeit 5 Minuten
Der neue Trainer Timo Schultz zeigt sich gut gelaunt vor dem Training am Geißbockheim

Gut gelaunt und zuversichtlich: der neue FC-Trainer Timo Schultz

Der frühere Trainer und Manager Helmut Schulte kennt den neuen Kölner Coach Timo Schultz seit gemeinsamen Zeiten bei St. Pauli bestens.

Man hätte ja gerne mal Mäuschen gespielt, wie es so ablief, wenn sich diese Männerrunde mitten in der Woche im privaten Rahmen oder in einer Kneipe zum Fußballabend vor dem TV verabredet hatte. Schließlich war einiges an Expertise vorhanden, wenn Timo Schultz, Helmut Schulte, Reinhold Beckmann und Lou Richter zusammen Champions League schauten. Und es war bestimmt unterhaltsam, wenn Schultz, der neue Trainer des 1. FC Köln, Schulte, der erfahrene Fußball-Manager und Ex-Coach sowie Beckman und Richter, die beiden bekannten Moderatoren und Autoren, die einst durch die Fußball-Sendung Ran bei Sat.1 führten, fachsimpelten. Alle kennen und schätzen sich seit Jahren. Und wohnen nicht weit voneinander entfernt.

„Oder quasi um die Ecke, denn Timo wohnt nicht einmal einen Kilometer von mir entfernt“, sagt Schulte, der Schultz aber schon weitaus länger gut kennt. Genau genommen seit der gemeinsamen Zeit beim FC St. Pauli. Der 66-Jährige, der von 2008 bis 2012 zum dritten Mal für den Kiezklub tätig war, diesmal als Sportdirektor, hatte früh geahnt, dass Schultz mal auf einer Trainerbank sitzen würde. Mehr noch: Schulte war sogar aktiv daran beteiligt, dass der FC-Coach sich dieser Tage nicht gänzlich anders verdingt.

Denn in der Saison 2010/2011, kurz vor dem Auslaufen seines Profivertrags beim Kiezklub, war sich der damalige Mittelfeldspieler nicht ganz im Klaren, wie es denn mit ihm beruflich so weitergehen sollte. Schultz war damals 33 Jahre alt. Und hatte offenbar andere Pläne im Kopf. „Timo wollte eigentlich mit seiner Familie in seine Heimat nach Ostfriesland zurückgehen und dort Lehrer werden“, verrät Schulte im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Schulte einst zu Schultz: „Timo, willst du nicht lieber Trainer werden?“

Doch der Pauli-Sportdirektor hatte sicherlich einen großen Anteil daran, dass Schultz noch einmal sein Vorhaben überdachte und schließlich doch dem Fußball treu blieb. „Wir hatten damals gute Gespräche. Ich habe Timo gesagt, dass ich ihm zutraue, Trainer zu werden – auch im Profi-Bereich. Denn er brachte schon als Spieler so viele Eigenschaften mit, die für den Job optimal sind und benötigt werden: neben dem Fachwissen beispielsweise eine besondere Intelligenz, Dinge zu vermitteln. Zudem eine herausragende Empathie für seine Mitspieler, denn Timo kann sich sehr gut in Menschen hineinversetzen. Und er war schon als Spieler eine Führungsperson, dessen Meinung in der Kabine ein großes Gewicht hatte, obwohl er sportlich sicherlich nicht immer gesetzt war. Timo hatte schon damals das Mindset für den Trainer-Job“, erinnert sich Schulte.

Schultz kehrte damals nicht in seine kleine Heimatstadt Esens zurück, sondern blieb in Hamburg. Der Mittelfeldspieler hing zwar ab Sommer 2011 noch eine Saison für die zweite Mannschaft der Kiezkicker dran, wurde aber parallel auch Co-Trainer und Teammanager des Teams. Und stieg peu à peu die Trainer-Karriereleiter hinauf. Schultz wurde erst Trainer der U17 und U19 und im Sommer 2020 zum Cheftrainer des Zweitligisten befördert. Im Dezember 2022 kam schließlich sein Aus. Und es endete eine Ära, der Ostfriese hatte über 17 Jahre die braun-weißen Farben getragen und die besonderen Werte des außergewöhnlichen Klubs verinnerlicht und vorgelebt.

Helmut Schulte, früherer Trainer und Sportdirektor des FC St. Pauli, ist zu Gast am Millerntor.

Helmut Schulte, früherer Trainer und Sportdirektor des FC St. Pauli, zu Gast am Millerntor

Die fand Schultz dann beim FC Basel nicht wieder. Im Gegenteil. Bereits im Mai 2023 hatte er beim Schweizer Traditionsklub einen Zweijahresvertrag als Cheftrainer unterschrieben — und lief dann wenig später ins offene Messer. Machtspiele, Chaos, gewaltige Schulden, massenhafte Ab- und Zugänge: Beim tief gefallen Klub erlebte Schultz die Schattenseiten des Geschäfts. Und war nach knapp drei Monaten und einem denkbar schlechten Start seinen Job schon wieder los.

Schulte, der heute die Leihspieler des VfB Stuttgart betreut und nach seiner Zeit bei St. Pauli in verschiedenen Führungspositionen für Fortuna Düsseldorf, Rapid Wien und Union Berlin tätig war, hat sich für Schultz „sehr gefreut“, dass dieser nach der „unglücklichen Zeit“ in Basel nun Trainer in Köln geworden ist. „Die Aufgabe beim FC ist natürlich eine ungemein schwierige Herausforderung, der sich Timo aber mit allem stellen wird, was er hat.“ Schultz sei keiner, der sich schnell aus der Ruhe bringen lasse, sondern er habe vielmehr die notwendige Gelassenheit und sei nervenstark. „Timo bekommt auch die Balance aus Vertrauen und Respekt hin. Und er mag es, bei emotionalen Traditionsklubs zu arbeiten. Ob er es dann auch schafft? Ich weiß es nicht, wünsche es ihm und dem FC. Ich bin aber überzeugt, dass Timo das notwendige Rüstzeug für die Aufgabe hat.“

Bereits am Samstag kommt es zur Premiere von Schultz auf der Kölner Trainerbank. Passenderweise ist es ein Spiel zwischen zwei Traditionsklubs. Der FC tritt an der Hafenstraße um 14 Uhr beim Drittliga-Vierten Rot-Weiß Essen an, gespielt wird über zweimal 60 Minuten. 4500 bis 5000 Zuschauer werden erwartet, ein guter Rahmen für ein Testspiel, das gleichzeitig schon die Generalprobe für das erste und bereits richtungsweisende Heimspiel des FC am kommenden Samstag (15.30 Uhr) gegen den 1. FC Heidenheim ist.

Schultz trifft Samstag in Essen auf Internats-Kumpel Dabrowski

Und Schultz, der aus seiner Pauli-Zeit bereits Linksverteidiger Leart Pacarada und Lizenzspielleiter Thomas Kessler (war 2010/11 von Köln an Pauli ausgeliehen) kennt, trifft in Essen auf einen weiteren sehr guten Bekannten aus Fußball-Internats-Zeiten: RWE-Trainer Christoph Dabrowski. „Dabro und ich sind einst zusammen zur U19 von Werder Bremen gekommen, er aus dem großen Berlin, ich aus dem schönen Ostfriesland“, erinnerte sich Schultz einst. Bisweilen habe man sich das Zimmer geteilt, „wir waren sehr gut befreundet, sind teilweise auf dieselbe Schule in die gleiche Klasse gegangen.“

Noch so eine schöne Geschichte. Wie auch die der gemeinsamen Fußball-Abende mit Beckmann, Richter und Schulte. Doch für diese wird Schultz, dessen Familie erst einmal in Hamburg bleiben wird und der vorerst in Köln im Hotel wohnt, aber vorerst kaum Zeit haben. Er muss schließlich den 1. FC Köln retten.

KStA abonnieren