Kommentar zum neuen FC-CoachTimo Schultz hat den schwersten Job der Liga, doch in ihm liegen auch Chancen

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Christian Keller (l), Geschäftsführer Sport, und der neue Trainer Timo Schultz während der Pressekonferenz.

Christian Keller (l), Geschäftsführer Sport, und der neue Trainer Timo Schultz während der Pressekonferenz.

Der neue Trainer steht vor einer Herkulesaufgabe. Der Druck ist immens – aber noch mehr für die Kölner Verantwortlichen.

Timo Schultz hat den schwersten Job der Bundesliga übernommen.  Aber einen, in dem auch eine Chance liegt. Der 1. FC Köln hat in den vergangenen Wochen ein Bild des Jammers abgegeben. Die Trennung von Steffen Baumgart kurz vor Weihnachten war eine Zäsur. Der FC war in der Tat abgestürzt, andere Klubs hatten schon vorher die Reißleine gezogen. Doch Baumgart war schließlich zwei Jahre lang als Über-Trainer gefeiert, von vielen hochgeschätzt und zum (einzigen) Gesicht des Klubs geworden.

Der nächste Schlag ins Kontor folgte nur Stunden später mit dem fatalen Cas-Urteil, das die Transfersperre bestätigte. Der Kader ist ohnehin unzureichend besetzt und kann also bis Januar 2025 nicht verstärkt werden. Und die dafür Verantwortlichen vermittelten nach dem „schwarzen Donnerstag“, einem der bittersten Tage der Vereinsgeschichte, einen Eindruck, der einen sprachlos zurückließ.

In diesem Szenario, das manche von vornherein abgeschreckt hätte und wohl auch hat, übernimmt nun Schultz. Und alle hoffen und beten, dass dem 46-jährigen Ostfriesen die Rettung irgendwie gelingt. Beim FC Basel musste der Ur-Sankt-Paulianer zuletzt nach nicht einmal drei Monaten im Amt bereits gehen. Doch die Aufgabe bei dem tief gefallenen, chaotischen Schweizer Traditionsklub musste man wohl von Anfang an als Himmelfahrtskommando bezeichnen.

Zuvor öffentlich nicht gehandelt

Mit Schultz hat Sport-Geschäftsführer Christian Keller einen Trainer geholt, der zuvor nicht öffentlich gehandelt worden war. Und das ist wohl auch gut so, denn einige der zuletzt kolportierten Namen wären wohl in dieser Situation des FC ein größeres Wagnis - vielleicht sogar ein nicht vertretbares Risiko - gewesen.

Bei Schultz weiß man immerhin, was man hat. Der Ostfriese ist seit vielen Jahren Teil des Profi-Geschäfts, weiß, wie emotionale Traditionsvereine und ihr Umfeld ticken und wird von Weggefährten als charakterstark und umgänglich beschrieben. Genauso kam Schultz auch bei seiner Vorstellung rüber. Ob er allerdings in der Lage ist und die Kraft hat, den FC zu retten, das wird sich zeigen. Man sollte und muss ihm eine faire Chance geben.

Seine Verpflichtung wirft aber Fragen auf. Schultz soll keinen Vertrag für die 2. Bundesliga haben. Bleibt der Coach mit dem FC in der Liga, verlängert sich sein Kontrakt. Keller beantwortete das am Donnerstag nicht. Sollte dies der Fall sein, wäre das grundsätzlich richtig. Doch Keller selbst sprach davon, dass der neue Coach vor allem die Kölner Spielidee stärken und junge Spieler einbauen solle. Das hatte alles nach einer mittel- bis langfristigen Lösung geklungen.

Kellers Trainer-Wahl muss sitzen

Zudem hätte der Sportchef den vertragslosen Schultz schon früher verpflichten können. Möglich ist also, dass der Sportchef zuvor eine Absage eines oder mehrerer Kandidaten erhielt.

Timo Schultz hat die neue Aufgabe am Donnerstag mit Tatendrang angepackt. Der Coach wirkte klar und zuversichtlich. Doch sollte seine Mission schiefgehen, dann wären andere weitaus mehr gescheitert. So der schwer in der Kritik stehende Sportchef Keller, dessen Trainer-Auswahl jetzt sitzen muss. Und auch die vom Vorstand angestoßene Neuausrichtung des Klubs wäre im Fall eines Abstiegs, der verheerend für den Klub wäre, endgültig dahin. Der Druck – er ist immens.

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