Vor Abstiegs-Krimi in MainzFC-Trainer Schultz verordnet Mut und erklärt „Scheißegal-Stimmung“

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Timo Schultz setzt gegen Mainz auf eine veränderte Aufstellung – und hofft, dass sich darüber auch die Einstellung seiner Mannschaft ändert.

Timo Schultz setzt gegen Mainz auf eine veränderte Aufstellung – und hofft, dass sich darüber auch die Einstellung seiner Mannschaft ändert.

Nach dem 0:2-Desaster gegen Darmstadt will der 1. FC Köln am Sonntag in Mainz seine wohl letzte Chance ergreifen. 

Die Trainingswoche am Geißbockheim stand im Zeichen der Stimmung, nach dem 0:2 im eigenen Stadion gegen Darmstadt 98 konnte es schließlich nicht mehr so weitergehen. „Manchmal muss man als Trainer analytisch-taktisch rangehen. Diesmal war es aber offensichtlich, dass die Jungs ihre PS nicht auf die Straße bekommen haben“, sagte Timo Schultz am Freitag. Die große fußballerische Nachbereitung des Spiels hat es offenbar nicht mehr gegeben. Wichtiger in den vier verbleibenden Saisonspielen ist, die Haltung der Mannschaft zu verändern. Am Sonntag (17.30 Uhr) bei Mainz 05, in der Tabelle mit fünf Punkten Vorsprung durchaus in Reichweite der Kölner, soll es losgehen mit dem neuen Mut.

Der junge Mann hat es gut gemeint, er wollte die Mannschaft wachrütteln und hat es dann sogar kurzzeitig über die Bande geschafft, das gehört sich eigentlich nicht. Die Jungs haben es zur Kenntnis genommen, haben geschmunzelt, haben ihm aber dann auch die Meinung gesagt, dass er schnell wieder den Platz verlassen soll
FC-Trainer Timo Schultz über den Trainingsbesucher

Er hoffe auf eine „Scheißegal-Stimmung“ seiner Leute, hatte Schultz schon unmittelbar nach Schlusspfiff wissen lassen. Er habe damit nicht sagen wollen, dass es seiner Mannschaft nun egal sei, wie es mit dem 1. FC Köln weitergehe, erklärte Schultz am Freitag. Sondern vielmehr, „dass die Jungs befreit aufspielen können. Dass sie den Ball immer wieder fordern sollen, auch wenn sie einen Fehler machen. Dass sie den Druck, der wegen der Tabellensituation natürlich da ist, einfach nach links schieben. Das müssen wir hinkriegen, dann werden wir deutlich besser spielen als gegen Darmstadt.“

Timno Schultz über Fan beim FC-Training: „Der junge Mann hat es gut gemeint“

Ob der Besuch eines Fans auf dem Trainingsplatz am Donnerstag dazu beigetragen hat, den Blick der Spieler aufs Wesentliche zu lenken, ließ Schultz offen. „Der junge Mann hat es gut gemeint, er wollte die Mannschaft wachrütteln und hat es dann sogar kurzzeitig über die Bande geschafft, das gehört sich eigentlich nicht. Die Jungs haben es zur Kenntnis genommen, haben geschmunzelt, haben ihm aber dann auch die Meinung gesagt, dass er schnell wieder den Platz verlassen soll“, sagte der Trainer.

Klar sei, dass es so nicht weitergehen könne. „Natürlich wird sich personell und auch von der Herangehensweise her etwas ändern. Wenn man immer die gleichen Sachen macht, erhält man auch die gleichen Ergebnisse. Entsprechend wird sich einiges ändern“, kündigte Schultz an. Sein Kader gibt ihm jedoch wenig Spielraum für große Umstürze. Leart Pacarada und Dejan Ljubicic fehlen weiter erkrankt. Justin Diehl ist nach seiner Muskelverletzung zwar zurück im Training, wird allerdings noch nicht wieder zur Verfügung stehen.

Jan Thielmann und Denis Huseinbasic waren nach dem 0:2 gegen Darmstadt enttäuscht, dürfen aber in Mainz auf eine weitere Chance hoffen.

Jan Thielmann und Denis Huseinbasic waren nach dem 0:2 gegen Darmstadt enttäuscht, dürfen aber in Mainz auf eine weitere Chance hoffen.

Im Training spielte in den vergangenen Tagen Benno Schmitz auf der Rechtsverteidiger-Position. Der 29-Jährige deutete bei seinen jüngsten Auftritten an, dass er weniger Schwierigkeiten mit den Nerven hat als seine Kollegen. Zudem scheint es, als wolle man den Plan, aus Jan Thielmann (21) einen Rechtsverteidiger zu machen, zwar nicht begraben. Aber vorerst aussetzen. „Jan ist eine Allzweckwaffe, und wir sehen, dass er perspektivisch einen richtig guten Rechtsverteidiger spielen kann. Normalerweise geht man da aber als Trainer etwas anders ran, da hat man eine Vorbereitung, Testspiele und kann das etwas besser einstudieren. So haben wir ihn ein bisschen ins kalte Wasser geschmissen. Wir werden einiges ändern, und auch das ist eine Position, auf der wir drüber nachdenken“, umschrieb Schultz.

Jan Thielmann könnte wieder nach vorne rücken

Gut möglich also, dass Thielmann wieder nach vorn rückt und seine Umschulung bei laufendem Betrieb unterbricht. Ob Linton Maina nach seinem Auftritt in der zweiten Hälfte gegen Darmstadt einen neuen Versuch unternehmen darf, ist höchst fraglich. Auch Sargis Adamyan wirkte dem Abstiegskampf nicht gewachsen. Es sind Spieler gefragt, die „mutig, aggressiv nach vorn spielen“, die „den Ball haben wollen und mit aller Macht versuchen, das Spiel zu gewinnen. Wenn ich diese Fortschritte sehe im Vergleich zum Spiel gegen Darmstadt, bin ich mir sicher, dass wir in Mainz gewinnen können. Unser Ansatz muss sein, dass wir auf den Platz bringen, was wir können. Wir sind eine viel bessere Fußballmannschaft, als wir letzte Woche gezeigt haben“, erklärte Schultz.

Neben Schmitz tat sich in der Schlussphase gegen Darmstadt Denis Huseinbasic (22) hervor, der seit seinem ersten Trainingstag bei den FC-Profis mit großer Unbekümmertheit auffällt. Nach zwei Einsätzen könnte Jacob Christensen wieder eine Pause erhalten; grundsätzlich ist nicht damit zu rechnen, dass Schultz auf seinen Zweikämpfer Eric Martel verzichtet.

In vorderster Reihe käme Faride Alidou als Alternative zu Adamyan in Frage; der U21-Nationalspieler leistete sich gegen Darmstadt zwar einige absurde Aktionen, verbreitete jedoch mit seinem Pfostenschuss in der ersten Halbzeit eine Idee von Torgefahr und scheint grundsätzlich in die Reihe derer zu passen, denen man besagte „Egal-Haltung“ unterstellen könnte. Hinzu kommt der junge Damion Downs (19), der im Derby in Mönchengladbach traf und möglicherweise ebenfalls besser mit dem Druck zurechtkommt als seine älteren Kollegen.

Schultz und die Schwierigkeit, einer Mannschaft Mut zu verordnen

Am Personal wird der Trainer jedenfalls leichter etwas ändern können als an der Einstellung. Wie genau man eine Mannschaft dazu bringt, mutig zu sein, konnte Schultz jedenfalls am Freitag nicht benennen. „Das ist einfacher gesagt als getan. Wir haben keinen Grund mehr, uns zu viele Gedanken zu machen oder in Negativszenarien zu denken. Die Spieler sollen am Wochenende einfach loslegen, mit voller Überzeugung. Viel riskieren und den Platz als Sieger verlassen. Wir können viel Reden, aber Sonntag ist entscheidend. Und ich gehe davon aus, dass unsere Mannschaft mutig auf den Platz gehen und das Spiel gewinnen wird.“

Die voraussichtlichen Aufstellungen:

Mainz: Zentner - Kohr, van den Berg, Hanche-Olsen (Fernandes) - Caci, Barreiro, Amiri, Mwene - Gruda, Onisiwo – Burkardt

Köln: Schwäbe - Schmitz, Hübers, Chabot, Finkgräfe - Martel, Huseinbasic - Thielmann, Waldschmidt, Kainz - Alidou

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