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Vom Aussortierten zur NationalelfKölns neues Fußballmärchen um Said El Mala

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Said El Mala vom 1. FC Köln bei der deutschen U21-Nationalmannschaft

Said El Mala vom 1. FC Köln bei der deutschen U21-Nationalmannschaft

Said El Malas Karriere begann nach Rückschlägen. Der Kölner begeistert mit Dynamik und wird erstmalig ins deutsche Nationalteam berufen.

Es ist eine dieser Geschichten im Profifußball-Geschäft, die es fast gar nicht mehr gibt. Die fast zu schön, kitschig, surreal klingen, um wahr zu sein. Es ist die Geschichte, die fast ein modernes Märchen ist, von Said El Mala, des 19-jährigen Offensivspielers beim 1. FC Köln, der eben nicht den bei vielen Ausnahmetalenten vorgezeichneten Weg durch die Nachwuchsleistungszentren des Landes nahm, sondern der nach Rückschlägen und dem Kampf gegen Hürden und Hindernisse gerade erst ausgezogen ist, die Fußball-Welt im Sturm zu erobern. Auf jeden Fall schon einmal die kölsche.

Erinnerungen an Podolski

Und dessen Geschichte auch an die Anfänge einer Kölner Fußballlegende erinnert: an die von Lukas Podolski, der beim FC vor über 20 Jahren voller Unbekümmertheit, Mut und Dynamik seine Weltkarriere gestartet und schließlich erobert hatte, die er mit 130 Länderspielen (49 Tore) und dem WM-Titel 2014 krönte. El Mala wurde am Donnerstag erstmals von Bundestrainer Julian Nagelsmann für die beiden anstehenden WM-Qualifikationsspiele in Luxemburg am 14. November und zu Hause gegen die Slowakei am 17. November berufen. Daran war bis vor kurzem überhaupt noch zu denken gewesen.

Denn Said El Malas Geschichte ist auch die vom aussortierten Talent zum Hoffnungsträger. Der gebürtige Krefelder wurde in der Jugend bei Borussia Mönchengladbach, dem kommenden Derby-Gegner des 1. FC Köln (Samstag, 18.30 Uhr, Sky) ausgebildet, dort 2021 aber aussortiert, weil er körperlich für zu schwach befunden wurde. Er wollte anschließend sogar ganz mit dem Fußball aufhören. „Ich habe ihn überredet, dass wir zumindest noch mit unseren Freunden spielen“, erzählt sein ein Jahr älterer Bruder Malek. Die Geschwister sind unzertrennlich. Später kämpfte der Offensivspieler beim TSV Meerbusch und war erneut desillusioniert, nachdem er sich bei 13 Vereinen erfolglos beworben hatte.

Der weitere Karriereverlauf ist mittlerweile vielen bekannt: Bei Viktoria Köln, dem einzigen Klub, der damals noch an El Mala interessiert war, spielte er sich in den Vordergrund. Es folgte der Wechsel zum 1. FC Köln und in dieser Saison ein kometenhafter Aufstieg im Team von Trainer Lukas Kwasniok. In neun Bundesligaspielen kommt der Dribbler bis dato nicht nur auf sechs Scorer-Punkte (vier Tore, zwei Vorlagen), es ist vor allem seine spektakuläre, dynamische, freche Art, mit der er die Fans zu begeistern weiß.

Und jetzt offenbar auch Bundestrainer Nagelsmann. Der hatte zuletzt nach dem 1:0-Sieg in Nordirland noch betont, dass er „wenig von diesem extrem frühen Hypen halte“. Über El Mala sagte er im Speziellen: „Er wird sicherlich auch ein Top-Spieler.“ Aber: „Er hat noch Schritte zu gehen.“ Am Donnerstag erklärte der Bundestrainer nun, dass der bisherige U21-Nationalspieler sich „mit all seiner Unbekümmertheit und Unbeschwertheit bei uns zeigen“ solle. So schnell kanns gehen. Auf den zuletzt ebenfalls gehypten Lennart Karl verzichtete er noch. Der offensive Mittelfeldspieler des FC Bayern München ist allerdings auch erst 17.

El Mala steht vor Debüt

Nun darf El Mala auf sein Debüt in der deutschen A-Nationalmannschaft hoffen, für die U21 kam er zuletzt bereits in vier Partien zum Zuge. Die Nominierung begeistert den Spieler – und seinen Verein. „Ich bin sehr, sehr glücklich darüber, dass ich für die A-Nationalmannschaft nominiert wurde. Das ist eine tolle Belohnung für die harte Arbeit und bin stolz darauf, Köln im Nationaltrikot zu repräsentieren“, sagt Said El Mala. Und FC-Sportdirektor Thomas Kessler meint: „Wir freuen uns, dass der Bundestrainer seine Leistungen und sein Potenzial auf diese Weise würdigt – und sind stolz, mit Said einen Spieler des FC im Kader der deutschen Nationalmannschaft zu haben. Ganz Köln freut sich, wieder einen Spieler des FC im Nationaltrikot zu sehen.“

Kessler stellt zudem El Malas Entwicklung, dessen Ehrgeiz und Zielstrebigkeit heraus, ist aber auch um eine realistische Einordnung bemüht. Gleichzeitig bleibe die Nominierung „eine Momentaufnahme“, die El Mala die Möglichkeit gebe, auf höchstem Niveau wertvolle Erfahrungen zu sammeln und sich im Kreise der besten deutschen Spieler zu zeigen, so Kessler. 

Doch vorerst steht für El Mala eine weitere Herausforderung an: das Derby bei seinem Ex-Klub Gladbach. Das drohte er nach einem Trainingsschreck sogar zu verpassen. Denn am Mittwoch war der Angreifer nach einer Spielform umgeknickt, unter Schmerzen aus der Einheit ausgestiegen und anschließend zum MRT geschickt worden. In der Mediapark-Klinik folgte dann aber leichte Entwarnung.

Entwarnung vor dem Derby

El Mala hat sich zwar eine leichte Bänderverletzung im linken Sprunggelenk zugezogen, doch die medizinische Abteilung entschied, dass der Spieler keine Pause einlegen müsse – ansonsten wäre er von Nagelsmann auch kaum nominierte worden. El Mala bekam einen Tape-Verband angepasst und trainierte am Donnerstag (wie auch die Rekonvaleszenten Jan Thielmann und Rav van den Berg) wieder mit der Kölner Mannschaft. Und bereite sich somit auf das so brisante und auch für ihn so reizvolle Derby im Borussia-Park vor.

Dort, wo sein großer Fußballertraum beinahe schon beendet schien. Und vielleicht gelingt El Mala dann wieder ein spektakuläres Tor – zuzutrauen wäre es ihm jedenfalls. Auch das weckt Erinnerungen an Podolski, der sich am 30. Januar 2004 mit seinem fulminanten Tor zum 1:0-Derbysieg gegen Gladbach bei den FC-Fans fast schon unsterblich gemacht hatte. Podolski, der mit 40 Jahren immer noch Profi bei Gornik Zabrze in seinem Geburtsland Polen ist, war damals sogar erst 18 Jahre alt und bei seiner Länderspiel-Premiere am 6. Juni 2004 im zarten Alter von 19 Jahren und zwei Tagen der jüngste Kölner DFB-Debütant aller Zeiten.

Das wird Said El Mala nicht mehr schaffen, ansonsten ist dem Berufenen fast alles zuzutrauen.