Analyse nach Stuttgart-SpielDer 1. FC Köln hat eine große Chance ausgelassen

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Kölns Ellyes Skhiri (r-l), Jonas Hector, Davie Selke und Julian Chabot nach dem Spiel.

Der 1. FC Köln zeigte gegen den VfB Stuttgart keine gute Mannschaftsleistung.

Der 1. FC Köln hat mit einer Niederlage in Stuttgart eine große Chance verpasst. Auch die Mercedes-Benz-Arena zeigte sich nicht von ihrer besten Seite.

Das Wichtigste zuerst: Der 1. FC Köln hat am Karnevalssamstag zum ersten Mal im Jahr 2023 ein Fußballspiel verloren und beim VfB Stuttgart ein so glattes wie verdientes 0:3 (0:1) kassiert. Abgesehen von einer kurzen Phase nach der Halbzeitpause, in der die Mannschaft von Trainer Steffen Baumgart nach zwei Wechseln besser in die Partie zu finden schien, fehlten den Kölnern in der Mercedes-Benz-Arena einen Nachmittag lang die Mittel gegen ein Stuttgarter Team, das den direkten Abstiegsplatz vorerst verließ und seinerseits den ersten Sieg im neuen Jahr einfuhr.

Nach dem herausragend erkämpften 3:0 über Eintracht Frankfurt am vergangenen Sonntag bedeutete dieser Tag einen Rückschlag für die Kölner, die nach einem Polizeieinsatz ohne die Unterstützung ihrer Aktiven Fanszene auskommen mussten.

Borna Sosa erzielt Traumtor für den VfB Stuttgart

Die Tore: Vor dem 0:1 rückte Nikola Soldo vor, um den heranstürmenden Silas aufzunehmen. Jonas Hector übernahm Soldos Rolle im Abwehrzentrum, fand dort aber nicht die Position zu Haraguchi. Der Japaner konnte mit Dias einen Doppelpass spielen, und weil auch Eric Martel schlecht stand, traf Dias per Schlenzer sehenswert ins lange Eck. Schwäbe war ohne Chance. Ein schönes Tor, das allerdings ein gutes Beispiel dafür war, was passiert, wenn man Bundesligaspieler ungestört kombinieren lässt.

Kölns Steffen Tigges steht vor den Fans des VfB Stuttgart.

Kölns Steffen Tigges machte kein gutes Spiel.

In der 58. Minute zog Wataru Endo einen Sprint im Mittelfeld an. Benno Schmitz versuchte, den Raum zu schließen und vor dem Japaner am Ball zu sein. Doch der Kölner Rechtsverteidiger kam deutlich zu spät und half sich mit einem etwas plumpen Foul, das folgenreich ausfiel: Gelbe Karte gegen Schmitz und ein Freistoß für die Stuttgarter, den der kroatische WM-Dritte Borna Sosa sehenswert über die Mauer unter die Latte drehte. Mit dem zweiten Tor war die Kölner Gegenwehr gebrochen.

Vor dem 0:3 geriet Jeff Chabot gegen Tanguy Coulibaly in Bedrängnis. Der Innenverteidiger blieb passiv, nahm die Arme hinter den Rücken und ermöglichte dem Franzosen einen Schuss – den er noch unhaltbar für Marvin Schwäbe abfälschte.

Baustaub in der Mercedes-Benz-Arena kratzt in Augen und Lungen

Das war gut: Sehr wenig am Kölner Auftritt. Allenfalls die deutlichen Worte von Sportchef Christian Keller, der die Partie eine „Reifeprüfung“ nannte – die der FC nicht bestanden hatte: „Wir wollten die Leistung der letzten Wochen bestätigen, das ist uns nicht gelungen.“

Das war schlecht: Die Kölner Mannschaftsleistung in ihrer Gesamtheit, der von der ersten Minute an die entscheidenden Prozente fehlten, um dem Gegner gefährlich werden zu können.

Doch um auch noch ein wenig zu jammern: Beim VfB ist die 50 Jahre alte Haupttribüne abgebrochen worden, derzeit findet bei laufendem Spielbetrieb der Neubau statt. Eine Baustelle alle zwei Wochen so aufzuräumen, dass ein Fußballspiel stattfinden kann, ist eine große Herausforderung, dafür gebührt den Verantwortlichen aller Respekt. Doch gegen den Schmutz gibt es kein Mittel – und im Stuttgarter Wind dieses Samstags wehten Wolken von Baustaub durch die Arena, der in Augen und Lungen kratzte und alles verdreckte. Erinnerte an die Umbauphase in Köln bis 2004. Unschön.

Fan-Block des 1. FC Köln bleibt gegen Stuttgart still

Moment des Spiels: Borna Sosas Traumtor zum 2:0 beendete die zarten Kölner Bemühungen, einen Weg in die Partie zu finden. Nach dem zweiten Gegentreffer erlosch beim FC der Mut, während der VfB nach zuletzt schlechten Ergebnissen in guten Spielen endgültig die Sicherheit fand, die Partie zu gewinnen.

Der Stuttgarter Borna Sosa erzielt den Treffer zum 2:0. Stuttgart gewinnt 3:0.

Der Stuttgarter Borna Sosa erzielt ein Traumtor gegen den 1. FC Köln.

Moment zum Vergessen: Die Minuten, in denen die Unterstützung aus der Kölner Kurve endgültig kollabierte. Weil überwiegende Teile der Kölner Fanszene wegen einer aus ihrer Sicht überzogenen Kontrolle gleich wieder umgedreht waren, blieb der so bunte Kölner Block still – obwohl rund 4000 FC-Fans in der Stuttgarter Arena waren.

Das sagen die Trainer:

Bruno Labbadia (VfB Stuttgart): Wir sind gut ins Spiel gekommen, haben ein schönes Tor gemacht. Danach hat man gesehen, dass uns das letzte Selbstbewusstsein fehlt, um dann weiterzumachen. Wir hatten eine kurze Schwächephase. Deswegen war es enorm wichtig, das zweite Tor zu machen. Wir hätten dann wesentlich mehr nachlegen müssen. Es ist schön, dass wir gewonnen haben. Das hat die Mannschaft gebraucht nach schwierigen Wochen. Es war ein wichtiger Schritt.

Kölns Trainer Steffen Baumgart hockt an der Trainerbank und fasst sich ins Gesicht.

Steffen Baumgart war sichtlich unzufrieden mit der Leistung seines Teams.

Steffen Baumgart (1. FC Köln): Wir haben heute viele Dinge nicht so gut gemacht, wie wir sie hätten machen müssen, um hier zu gewinnen. Ich hatte das Gefühl, dass wir bis zum Freistoß zum 2:0 dran waren. Gefühlt war der erste Schuss drin, der zweite ging knapp daneben – und der dritte war dann wieder drin. Wir waren oft nur eine Fußspitze zu spät. Wir sind als verdienter Verlierer vom Platz gegangen.

Das sagen wir: Es sind noch 13 Partien zu spielen in dieser Saison, das wird oft unterschätzt nach der langen Winterpause. Noch sind also keine Entscheidungen gefallen, obgleich für den 1. FC Köln angesichts des Tabellenstands derzeit scheinbar weder der Blick nach oben noch nach unten lohnt.

Tatsächlich hätte der FC allerdings mit einem Sieg Schwung aufnehmen können für das Spiel am kommenden Wochenende gegen den VfL Wolfsburg, einen direkten Konkurrenten um Platz sieben. Doch die Chance, dieser Saison einen neuen Schub zu geben, haben die Kölner am Samstag ausgelassen. Das ist einerseits ein bisschen schade. Andererseits sind eben auch noch 13 Partien zu spielen.

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