Gewalt in Nizza„Für 50 Euro“ – Französischer Ordner schildert Kampf auf den Rängen

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Nizza Ordner gepixelt

Französische Stadion-Ordner geraten in die Kämpfe auf den Rängen von Nizza. 

Nizza – Ein Mitarbeiter des Sicherheitspersonals, der während der Ausschreitungen im Stadion von Nizza im Einsatz war und anonym bleiben möchte, hat sich in einem Interview mit dem französischen Radiosender „France Bleu Azur“ zu den brutalen Vorfällen geäußert und sich damit erstmals an französische Medien gewandt.

Hinweis: Video soll Angriffe auf FC-Fans in Nizza zeigen. Die Szenen können auf manche Personen verstörend wirken.

Gewalt in Nizza: Versäumnisse bei Sicherheitsvorkehrungen?

Mit dem Ersatznamen Francis, einer Kapuze über den Kopf und verstellter Stimme schildert der Mann seine traumatischen Erlebnisse auf den Rängen des „Alianz Riviera“ sowie rund um das Stadion vor der Partie des 1. FC Köln gegen OGC Nizza – und deutet auch auf Versäumnisse der heimischen Sicherheitsvorkehrungen hin.

Bereits vor dem Stadion habe ihn besorgt, dass die Tore erst eine Stunde vor dem Spiel geöffnet wurden. „Es war vorgesehen, die Tore zwei Stunden vor Spielbeginn zu öffnen. Da war mir schon klar, dass die Dinge komplizierter ablaufen werden“, so Francis, der auf Nachfrage betont: „Ich habe keine Ahnung und Informationen darüber, warum das so gehandhabt wurde.“

Der verspätete Einlass habe zu den Krawallen vor dem Stadion beigetragen. Der Einlass selbst erfolgte dann zunächst friedlich, „bis nach etwa zwanzig Minuten plötzlich Schreie ertönten und erste Menschen zwischen den Stuhlreihen herliefen.“

Francis: „Wir haben versucht, die deutschen Fans zurückzudrängen“

Die kleine Mauer, an der die gewalttätigen Fans dann aneinandergeraten seien, hatten die Sicherheitskräfte gemeinsam blockieren wollen. Auch weil sich in dem angrenzenden Nizza-Block Familien mit Kindern aufgehalten hätten. „Wir haben versucht, die deutschen Fans zurückzudrängen, damit sie nicht in den Nizza-Block eindringen würden. Die Situation war dann kompliziert. Sie waren viele, wir waren wenige. Dass auch Leute aus Paris dabei waren, habe ich nicht wahrgenommen und erst später erfahren“, erklärt Francis weiter. Angst habe er dabei nicht verspürt: „Wir hatten keine Zeit, Angst zu haben“.

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Die Polizei sei aus Sicht von Francis zu spät eingetroffen. „Als wir die Türen schließen mussten, waren einige Polizisten zudem ausgesperrt worden. Sie schlugen gegen die Türen, wir konnten aber nicht wissen, dass sie es waren und nicht weitere aggressive Fans“, so der beteiligte Sicherheitsmann.

„Es gab Momente, da war es unser Leben gegen ihres“

Auch Bilder von kämpfenden Sicherheitskräften sorgten für Entsetzen rund um die Ereignisse im Stadion von Nizza. Die Uefa hat auch dazu Ermittlungen aufgenommen. Francis erklärt die Bilder mit der Extremsituation, in der er und seine Kollegen sich plötzlich befanden. „Da muss man sich die Bilder genau anschauen. Es gab Momente, da war es unser Leben gegen ihres. Und dann muss man seine eigene Haut retten, um der Masse nicht in die Hände zu fallen. Ich glaube nicht, dass wir dafür bezahlt werden, ein Messer zwischen die Schulterblätter oder eine Stange zwischen die Augen zu bekommen.“

Er und seine Kollegen werden alle fünf Jahre neu geschult, gibt Francis noch zu Protokoll. „Wir bekommen 50 Euro pro Spiel bezahlt. Und ich hatte an diesem Abend den Eindruck, dass es der Preis für das Leben eines Sicherheitsbeamten war.“ (oke)

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