Kommentar zum 1:2 gegen JapanHansi Flicks Irrtum mit der Abwehr – jetzt droht das WM-Aus

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Manuel Neuer verlässt mit gesenktem Haupt das Spielfeld, während um ihn herum die japanische Nationalmannschaft jubelt.

Japan darf sich nach dem 2:1-Comeback gegen Deutschland zurecht feiern.

Hansi Flick hat versucht, das Projekt Weltmeisterschaft mit einer Defensive anzugehen, die im Prinzip nur aus Antonio Rüdiger bestand. Das hat sich beim Auftakt gegen Japan vor allem in der zweiten Halbzeit gerächt.

Niemand hat wissen können, wie sich das erste Spiel der deutschen Nationalmannschaft bei der umstrittenen WM in Katar anfühlen würde. Jetzt wissen wir es: ganz schlecht.

An diesem Turnier war seit der Vergabe alles fragwürdig. Und dieses Gefühl hat die deutsche Mannschaft mit einer fragwürdigen Leistung sportlich vervollständigt.

Die am Ende verdiente 1:2-Niederlage gegen Japan hat nicht nur alle Zweifel bestätigt, sie hat sie eigentlich sogar ausgeräumt, denn es kann jetzt kein Zweifel mehr daran bestehen, dass Bundestrainer Hansi Flick keine Mannschaft gefunden hat, die begründete Hoffnungen auf einen Erfolg bei diesem Turnier hegen kann.

Vergebene Chancen in der zweiten Halbzeit

Das kollektive Versagen mag erschreckend sein, aber niemand kann behaupten, dass es in dieser Form überraschend kam. Hansi Flick hat versucht, das Projekt Weltmeisterschaft mit einer Defensive anzugehen, die im Prinzip aus nur einem Mann bestand.

Antonio Rüdiger war der einzige Verteidiger im deutschen Team, der diese Bezeichnung verdiente. Die Kollegen Schlotterbeck, Süle und Raum, mit denen er eigentlich eine Viererkette bilden sollte, haben im Trikot von Borussia Dortmund seit Sommer im Wochenrhythmus ihre Defizite offenbart.

Es war im besten Fall mutig vom Bundestrainer, sein Offensivspiel auf ihre Schultern zu legen. In jedem Fall aber fahrlässig, denn dass hier ein großes Problem entsteht, hätte man wissen können. Aber damit ist das Versagen in der zweiten Halbzeit nicht hinreichend erklärt.

Geschwindigkeitsprobleme in der Defensive

Dazu gehörte auch das Fehlen jeder Form von Kompaktheit in der Arbeit gegen den Ball, das die meisten Mannschaften in der Bundesliga auch ohne Top-Spieler im Schlaf beherrschen.

Japan hatte nach einer Systemumstellung in der zweiten Halbzeit genug Zeit und Raum, auch gegen eine sortiert aufgestellte deutsche Abwehr in Ballbesitz Druck auszuüben. Vom Umschaltspiel ganz zu schweigen. Hier offenbarten alle Defensivspieler außer Antonio Rüdiger die erwartbaren Geschwindigkeitsprobleme.

Verschärfend kam hinzu, dass es so etwas wie ein defensives Mittelfeld nicht gab. Der gedachte Anführer Joshua Kimmich war abgesehen vom Pass, der zum Elfmeter führte, ein Totalausfall. Ihn gemeinsam mit dem ebenfalls nicht als Balleroberer berühmten Ilkay Gündogan auf die Sechserposition zu stellen, war Hansi Flicks Fahrlässigkeit Nummer zwei.

Die einzige Chance, dieses Spiel zu gewinnen, lag in einem schnellen 2:0, aber hier wiederum rächte sich bei ausreichend guten Chancen das Fehlen eines echten Mittelstürmers. Dies alles wären Erkenntnisse eines misslungenen Tests gewesen.

Leider entstanden sie beim wahrscheinlich wichtigsten Spiel des Turniers. Nur Siege über Spanien und Costa Rica können jetzt realistisch ein Vorrundenaus und die Wiederholung des Debakels von Russland verhindern. Und direkt nach dem 1:2 gegen Japan kann man sich schwer vorstellen, wo sie herkommen sollen.

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