Bayer 04Florian Wirtz ist bereit – alle sehnen sein Comeback herbei

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Dynamisch, trickreich, entschlossen: Florian Wirtz vor seiner Verletzung.

Dynamisch, trickreich, entschlossen: Florian Wirtz vor seiner Verletzung.

Leverkusens Jung-Nationalspieler Florian Wirtz ist neun Monate nach seinem Kreuzbandriss wieder völlig hergestellt. Sein Comeback am Samstag in Glasgow ist wahrscheinlich.

Der schneeregnerische Vormittag des 5. Dezember an der Stelzenautobahn in Leverkusen ist eine der härteren Prüfungen dieses Landes für Menschen, die ihre Arbeit im Freien verrichten müssen. Neben Dachdeckern, Tiefbauarbeitern und Müllwerkern zählen auch Fußball-Profis zu dieser Kategorie Arbeitnehmer. Die Spieler von Bayer 04 fügen sich am Montag gut behandschuht und bemützt in ihr Schicksal und versuchen bei den verschiedensten Pass- und Abschlussübungen, ihre Körpertemperatur hochzuhalten.

Einer hat jedoch Spaß. Florian Wirtz hätte am liebsten alle Bälle auf dem riesigen Trainingsareal nur für sich. Er will sie annehmen, hochhalten, mit ihnen dribbeln, passen und die Torhüter mit Kunstschüssen wie Anfänger ausschauen lassen. Knapp neun Monate nach seinem Kreuzbandriss im linken Knie sprüht der Jung-Nationalspieler nur so vor Freude am Training. Die äußeren Umstände spielen da keine Rolle. Am Ende trägt er noch Mini-Tor weg und schleppt die geliebten Bälle in einem großen Netz vom Platz.

Auf dem Weg zur Kabine erklärt Wirtz im Gespräch mit dieser Zeitung, was ihm nach überstandener Reha und geglücktem Eingliederungsprozess ins Team Training noch fehlt. „Mir geht es körperlich sehr gut. Mein Knie fühlt sich hundertprozentig gesund an. Allerdings merke ich immer noch Muskeln, die ich bei der Reha an den Maschinen gar nicht gespürt habe. Da ist schon ein Unterschied zu dem richtigen Training und einem echten Spiel“, sagt Wirtz.

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Zur Werbetour nach St. Louis war Florian Wirtz mitgeflogen, aber Cheftrainer Xabi Alonso entschied sich gegen einen Einsatz im Test gegen den neuen MLS-Klub, weil selbst das kleinste Risiko größer gewesen wäre als die Aussicht auf einen Fortschritt durch ein paar Spielminuten. Am Samstag wird sich das vermutlich ändern. Bayer 04 tritt zum Formcheck bei den Glasgow Rangers an. Die Wahrscheinlichkeit auf die ersten Spielminuten des Ball-Genies nach seiner Verletzung ist groß. „Wie viel ich am Samstag in Glasgow spielen werde, das ist noch nicht entschieden. Aber im Januar zum Wiederbeginn der Saison will ich voll fit sein und angreifen“, sagt Wirtz voller Tatendrang.

Sardar Azmoun kehrt zurück, aber niemand weiß, in welcher Verfassung

Man muss weder Psychologe noch Prophet sein, um zu erraten, dass die Kollegen dem Trip nach Schottland mit weniger Erregung entgegensehen. Für sie fühlen sich die Wochen vor der Weihnachtspause wie verlorene Zeit an, in der man sich bewegen muss, weil es sonst nichts zu tun gibt. Noch blöder ist es, wenn wie bei Patrik Schick der Gesundheitsstatus ungeklärt ist. Sportdirektor Simon Rolfes hat im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vergangene Woche davon berichtet, dass die Leistenbeschwerden beim zweitbesten Torjäger der vergangenen Bundesliga-Saison zurückgekehrt sind und man noch nicht wisse, wie es mit ihm weitergeht. Die Operation nach dem Ende der vergangenen Saison hatte der Tscheche noch im Sommer im Gespräch mit dieser Zeitung als „nicht gut“ bezeichnet. Wenn das Einzeltraining jetzt nicht zu einer Besserung führt, wird ein zweiter Eingriff im Adduktorenbereich nötig sein.

Das wäre die Chance für Sardar Azmoun. Der Mittelstürmer kehrt nach dem WM-Aus der iranischen Nationalmannschaft am Dienstag nach Leverkusen zurück. Es weiß jedoch niemand, in welcher körperlichen und mentalen Situation er sich auch wegen der politischen Situation in seiner Heimat befindet, wo er als Mann des Widerstandes gilt. So ist aktuell Adam Hlozek Leverkusens Mittelstürmer Nummer eins. Das Spiel bei den Rangers wird mehr Aufschluss darüber geben, wie realistisch diese Fantasie für die Zukunft ist als der 3:0-Sieg in St. Louis, zu dem der junge Tscheche zwei Tore beigesteuert hatte.

Das war auch für mich zuhause sehr traurig
Florian Wirtz über das deutsche WM-Aus

Wer auch immer im Sturm spielt, wird von der Anwesenheit des jungen Florian Wirtz profitieren. Insider berichten, dass die gestandenen Profis der Werkself den Tag der Rückkehr des „Kleinen“ kaum abwarten können, weil alle wissen, dass er sie besser macht. Den 19-Jährigen scheint das nicht zu belasten. Nur das WM-Aus bei der Nationalmannschaft, deren Teil er ohne seine schwere Verletzung gewesen wäre, hat Florian Wirtz betrübt: „Das habe ich natürlich mit mehr als einem weinenden Auge wahrgenommen. Das war auch für mich zuhause sehr traurig.“ Sagt es, lächelt eine Sekunde, schnappt sich seine geliebten Bälle und verschwindet im Inneren der Bay-Arena.

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