Bayer 04 Leverkusen in RomWerkself sinnt auf Revanche für das Drama von 2023

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Vor einem Jahr litt Xabi Alonso mit seinen Leverkusenern gegen Mourinhos Römer – und schied aus.

Vor einem Jahr litt Xabi Alonso mit seinen Leverkusenern gegen Mourinhos Römer – und schied aus.

Bayer 04 Leverkusen reist zum Halbfinal-Hinspiel bei der AS Rom, Geschäftsführer Simon Rolfes warnt vor zu viel Emotion.

Wenn Xabi Alonso seine Gedanken und Emotionen möglichst detailgetreu in Worte fassen möchte, dann wählt er selten Deutsch als Mittel der Wahl – zu begrenzt sind die Sprachkenntnisse des spanischen Meistertrainers von Bayer 04 Leverkusen nach wie vor. So auch nach dem jüngsten 2:2-Nachspielzeits-Spektakel gegen den VfB Stuttgart. Ein dem Leverkusener Coach offenbar gut bekannter Reporter von Spaniens größter Tageszeitung „El Pais“ fragte Alonso auf Englisch, wie er seine Trainer-Erfolge in Leverkusen im Vergleich zu seinen umfassenden Triumphen als Profi einordnen würde. Eine Frage, die dem Basken schon zuvor gestellt wurde – von ihm aber nie richtig beantwortet wurde. Anders nach dem Stuttgart-Spiel.

„An diese Zeit werden wir uns noch in vielen Jahren erinnern“

Ebenfalls auf Englisch holte Xabi Alonso, immerhin Welt- und Europameister mit Spanien sowie Champions-League-Sieger mit Real Madrid und dem FC Liverpool, zu einer bemerkenswerten Einordnung aus. „Deutscher Meister zu werden und auf einem guten Weg zu sein, noch mehr zu erreichen, mit einem Verein, der nicht viele Erfolge in seiner Geschichte gefeiert hat“, sagte der 42-Jährige, „fühlt sich sogar noch besser an“. Er sei derzeit Teil von „etwas Speziellem“, erklärte der Coach. „Wenn etwas Unerwartetes und Neues passiert, fühlt es sich noch besser an. Und das leben wir gerade.“ An diese Zeit „werden wir uns noch in vielen Jahren erinnern“, sagte Xabi Alonso mit einem Lächeln.

Die Meisterschaft hat Xabi Alonso mit Bayer 04 Leverkusen bereits sicher. Zwei Titel sollen noch dazukommen.

Die Meisterschaft hat Xabi Alonso mit Bayer 04 Leverkusen bereits sicher. Zwei Titel sollen noch dazukommen.

Um diese Erinnerungen noch triumphaler zu gestalten, sollen nach der Meisterschaft zwei weitere Titel her. Im Endspiel des DFB-Pokals wartet am 25. Mai im Berliner Olympiastadion der Zweitligist 1. FC Kaiserslautern. International sind weitaus größere Hürden zu überwinden. Am Donnerstagabend die womöglich schwierigste: Bayer 04 ist im Halbfinal-Hinspiel der Europa League zu Gast bei der AS Rom (21 Uhr/RTL). Im Stadio Olimpico, wo Andreas Brehme Deutschland im Sommer 1990 nach einem Vielleicht-Foul an Rudi Völler per Elfmeter zum Weltmeister machte, hofft der Werksklub auf Teil eins der Revanche für das Europapokal-Halbfinal-Aus im Vorjahr, als sich die Roma ins Endspiel mauerte. Teil zwei soll kommende Woche Donnerstag im Rückspiel in der Bay-Arena folgen (21 Uhr/RTL).

„Wir haben die Chance, das Triple zu gewinnen. Das bedeutet allen hier im Verein alles, es werden absolute Highlight-Spiele“, sagte Sport-Geschäftsführer Simon Rolfes am Mittwoch vor dem Abflug nach Rom. Die Werkself gehe mit der Marschroute in die Partie, das Spiel zu gewinnen. „Auch andere Konstellationen wären eine gute Ausgangsbasis für das Rückspiel. Aber wir haben das Selbstvertrauen, dass wir auch auswärts dominieren und gewinnen wollen.“

Man hört bei den Mannschaftskollegen raus, dass es da sowas wie eine Revanche geben soll
Bayer-Angreifer Jonas Hofmann

Die Ereignisse des vergangenen Jahres, als sich die AS Rom – damals noch unter José Mourinho – vor allem im Rückspiel als höchst unangenehmer Gegner präsentiert hatte, dienen den Leverkusener Profis als zusätzlicher Ansporn. Sogar denen, die im Mai 2023 noch gar nicht beim Werksklub unter Vertrag standen. „Man hört bei den Mannschaftskollegen raus, dass es da sowas wie eine Revanche geben soll“, sagte Offensivspieler Jonas Hofmann, der das letztjährige Halbfinale noch als Spieler von Borussia Mönchengladbach verfolgte.

Nach einem 0:1 in Rom kam Bayer 04 im Rückspiel trotz 23:1 Abschlüssen nur zu einem 0:0. Die destruktive Spielweise, das Zeitspiel und die theatralischen Einlagen der Römer nach Zweikämpfen erbosten die Leverkusener so sehr, dass sie öffentlich Begriffe wie „ekelhaft“, „Frechheit“ oder „Schande“ verwendeten. Laut Rolfes habe sich der Schiedsrichter „verarschen“ lassen, Kapitän Lukas Hradecky drückte Roms Finalgegner FC Sevilla demonstrativ und erfolgreich die Daumen. Mourinho sprach genüsslich von einem „fast schon epischen Spiel“.

Zu viele der Emotionen sollen bei Teil eins der Neuauflage am Donnerstag nicht in den Leverkusener Auftritt einfließen. „Überdrehen ist nie gut“, sagte Rolfes. „Die Motivation, die wir aus dem letztjährigen Aus gegen Rom geschöpft haben, war groß. Für diesen Wettbewerb, aber auch für die Bundesliga und den Pokal. Diese Energie müssen wir behalten – und trotzdem das Spiel mit kühlem Kopf angehen. Denn unser dominantes Spiel bekommst du nur hin, wenn du den Kopf einschaltest – und nicht nur aus der Emotion heraus agierst.

Xabi Alonso wird seine Profis auf dem Weg zum 47. Saisonspiel ohne Niederlage womöglich bremsen müssen. Auch wenn beim Basken selbst die Emotionen gegen Ende seiner ersten vollständigen Saison als Profitrainer hochkochen sollten. Denn diese Erfahrungen sind auch für den Trainer Xabi Alonso allesamt neu – trotz aller großen Titel seiner Spieler-Vergangenheit. „Diese Saison wird immer etwas Besonderes für ihn bleiben, das habe ich ihm auch gesagt“, berichtete Rolfes. „Denn es ist etwas anderes, ob du mit einem Team Meister wirst, das als Favorit in die Saison gegangen bist – oder in unserer Konstellation. Und, wer weiß, was noch vor uns liegt.“

AS Rom: Svilar - Kristensen, Mancini, Ndicka, Spinazzola - Pellegrini, Cristante, Bove - El Shaarawy, Dybala - Lukaku; Bayer Leverkusen: Kovár - Kossounou, Tah, Tapsoba - Frimpong, Palacios, Xhaka, Grimaldo - Wirtz, Hofmann - Boniface; Schiedsrichter: François Letexier (Frankreich)

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