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Interview

„Ich weiß, dass ich mehr kann“
Malik Tillman spricht über seinen holprigen Start bei Bayer 04

7 min
04.10.2025, xrekx, Fussball 1.Bundesliga, Bayer 04 Leverkusen - 1.FC Union Berlin v.l. Frederik Rönnow RoennowUnion Berlin Malik Tillman Bayer 04 Leverkusen Zweikampf, Aktion, action, battle for the ball DFL/DFB REGULATIONS PROHIBIT ANY USE OF PHOTOGRAPHS as IMAGE SEQUENCES and/or QUASI-VIDEO Leverkusen *** 04 10 2025, xrekx, Soccer 1 Bundesliga, Bayer 04 Leverkusen 1 FC Union Berlin v l Frederik Rönnow Roennow Union Berlin Malik Tillman Bayer 04 Leverkusen Zweikampf, Aktion, action, battle for the ball DFL DFB REGULATIONS PROHIBIT ANY USE OF PHOTOGRAPHS as IMAGE SEQUENCES and or QUASI VIDEO Leverkusen

Leverkusens Malik Tillman (r.) gegen Unions Torhüter Frederik Rönnow

Leverkusens Rekordeinkauf Malik Tillman spricht über seinen holprigen Start, den Trainerwechsel und die US-Nationalelf.

Herr Tillman, haben Sie am Montag das Spiel der deutschen Nationalmannschaft gesehen?

Na klar.

Was waren Ihre Erkenntnisse? Sie sind eine gute Mannschaft. Seit den letzten Turnieren sind viele neue, viele junge Spieler dabei, aber auch immer noch ein paar erfahrene, die die jungen heranführen. Es ist eine beachtliche Mannschaft, die sehr wettbewerbsfähig ist.

Freuen Sie sich, dass die DFB-Elf bei der WM 2026 dabei sein wird, weil es dann zum Aufeinandertreffen mit Ihnen und den USA kommen könnte?

Ja, klar. Möglicherweise könnte es vorher im Mai auch schon ein Testspiel gegen Deutschland geben. Das wäre cool für mich. Vor zwei Jahren hatten wir schon mal ein Testspiel gegen Deutschland, aber da war ich nicht dabei. Es ist es schon ein besonderes Spiel für mich. Ohne das deutsche System wäre ich nicht hier, wo ich jetzt bin, und hätte nicht die Möglichkeit, für die USA zu spielen. Dafür bin ich dankbar.

Es gab zuletzt Diskussionen über Ihren Leverkusener Teamkollegen Ibrahim Maza, der sich früh entschieden hat, nicht für den DFB, sondern für Algerien zu spielen. Wie war das bei Ihnen, als Sie sich 2022 für die USA entschieden haben, das Land ihres Vaters?

So schnell wie möglich A-Länderspiele zu machen, war mein Traum. Das war ausschlaggebend. Die WM 2022 hat schon eine Rolle gespielt, jetzt kommt noch die WM im eigenen Land. Ich war damals noch jung und war nicht bereit für die deutsche A-Nationalmannschaft – vielleicht wäre ich es heute auch noch nicht. Deutschland hat auf meiner Position sehr gute Spieler.

Wie ist es jetzt für Sie, wenn Sie in den USA dabei sind? Sie haben bisher nur in Europa gewohnt.

Wir haben einige – ich sage mal – Mixed Jungs. Wir haben ein paar Engländer, wir haben ein paar aus Holland, wir haben Mexikaner. Also eigentlich ist es normal, dass man nicht zwingend aus den USA kommt. Als Team sind wir trotzdem eins.

Sie haben mal gesagt, dass Sie das Beste aus Deutschland und den USA in sich vereinen möchten. Was bedeutet das genau?

Ich bin aufgewachsen als Deutscher, aber hatte immer im Kopf, dass ich auch eine andere Seite in mir habe. Ich glaube, ich lebe die deutsche Disziplin, diese Struktur ist in mir verankert, aber dann habe ich auch in gewissen Sachen diese Lockerheit, diese Offenheit der Amerikaner.

Soccer: Concacaf Gold Cup-Group Stage-Haiti at USA Jun 22, 2025 Arlington, Texas, USA United States of America forward Malik Tillman 17 celebrates scoring during the first half against Haiti during a group stage match of the 2025 Gold Cup at AT&T Stadium. Arlington AT&T Stadium Texas USA, EDITORIAL USE ONLY PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxONLY Copyright: xJeromexMironx 20250622_ams_an4_0373

Malik Tillman im Trikot der US-Nationalmannschaft

Diesmal sind sie nicht zur US-Nationalmannschaft gereist. Wie war die Absprache?

Klar wäre ich gerne bei den Länderspielen dabei gewesen, aber ich kam ja aus einer Verletzung. Die Absprache (mit Mauricio Pochettino, US-Nationaltrainer, Anm. d. Red.) war, dass ich an meiner Fitness arbeiten soll. In den USA wissen die Leute, was ich kann – und sie wissen, dass sie mich in Zukunft brauchen werden.

Und Sie konnten einige Kollegen bei Bayer nochmal besser kennenlernen…

Ja, wie gesagt, ich habe hier in Leverkusen an der Fitness gearbeitet und auch ein paar Tage frei bekommen. Die Familie in München zu besuchen, tut auch immer gut.


Malik Tillman wurde am 28. Mai 2002 in Nürnberg geboren, wechselte im Alter von 13 Jahren zum FC Bayern. Der Offensivspieler durchlief nahezu alle deutschen U-Nationalmannschaften, ehe er sich für die USA entschied. Bis zum Sommer war Kerim Demirbay Bayers Rekordeinkauf (32 Mio. Euro). Zu dieser Saison kamen Jarell Quansah (33 Mio.) und Tillman (35 Mio.).


Apropos München. Sie waren bis zum Sommer bei der PSV Eindhoven, der FC Bayern hatte sie verkauft, hatte aber eine Rückkaufoption. Nun sind Sie aber bei Bayer 04. Wann war Ihnen klar, dass das der Weg für Sie sein wird?

Der erste Kontakt von Bayer mit mir war im Juni, da war ich beim Gold Cup mit den USA. Mir war schon lange bewusst, dass ich im Sommer gerne den nächsten Schritt machen würde. Wo es dann hingehen würde, war mir zu dem Zeitpunkt noch nicht bewusst, ich hatte kein konkretes Ziel. Dann kam Leverkusen, und ich wurde schnell von der ganzen Struktur bei Bayer 04 überzeugt. Dann war es eine einfache Entscheidung.

Sie wussten ja bestimmt, dass es bei Bayer einen größeren Umbruch im Sommer geben würde. Haben Sie das eher als Chance oder Risiko für sich gesehen?

Klar, es ist einfacher, in eine gestandene Mannschaft zu kommen. Aber als ich zu Eindhoven kam, hatten wir auch – glaube ich – acht oder neun Neue. Deswegen kannte ich das schon. Und auch dort hat es am Anfang seine Zeit gebraucht. Dann waren wir erfolgreich. Das Gleiche können wir auch mit Bayer 04 schaffen.

Die Bayern hatten diese Rückkaufoption. Die Frist musste beim Wechsel nach Leverkusen noch abgewartet werden. Waren Sie enttäuscht, dass die Bayern Sie nicht zurückhaben wollten?

Enttäuscht würde ich nicht sagen. Bei den Bayern ist es ähnlich wie mit der deutschen Nationalelf: Auch da gibt es viele gute Spieler auf meiner Position. Natürlich wäre es für mich besonders gewesen, wenn sie mich zurückgeholt hätten. Aber es sind auch Sachen vorgekommen, mit denen ich dort nicht gerade glücklich war. Deswegen war Leverkusen schon die bessere Lösung. Ich bin glücklich, dass ich hier bin.

Klingt nach offener Rechnung. Ist es ein Ansporn, den Bayern zu zeigen, dass sie mit der Entscheidung gegen Sie falsch lagen?

Ich spiele für Bayer 04, für einen absoluten Top-Klub. Das ist mir Ansporn genug. Trotzdem wollte ich unbedingt vor drei Wochen in München dabei sein. Es kam nicht dazu, aber es gibt ja mindestens noch das Rückspiel. Auf dieses Spiel freue ich mich schon jetzt umso mehr.

Als Sie verpflichtet wurden, war Erik ten Hag als Nachfolger für Xabi Alonso geholt worden. Im September kam dann schon Kasper Hjulmand. Wie war das für Sie als Zugang in einem neuen Klub?

Es wirkte nach außen hin vielleicht ein bisschen chaotisch. Da war einfach viel Unruhe, aber ich glaube, für uns als Spieler war es nicht so schlimm, wie es dargestellt wurde. Dass ein Trainer nach einem zweiten Spiel entlassen wird, hat man nicht alle Tage, und ich glaube, das wird man in seiner Karriere auch nicht mehr allzu oft erleben. Für uns ging es dann einzig darum, wieder so zu spielen, wie wir als Leverkusen auftreten – da sind wir nun mit Kasper Hjulmand auf einem sehr guten Weg.

Wenn man sich vorstellt, man ist ein Zugang und Erik ten Hag sagt einem, was seine Rolle ist. Dann ist der Trainer direkt wieder weg und ein ganz anderer Trainertyp da. Wie geht man damit um?

Meine Entscheidung, hierher zu kommen, war ja nicht vom Trainer abhängig. Es geht um das ganze System Bayer 04. Es geht nur um Leverkusen. Simon (Rolfes, Sportgeschäftsführer, Anm. d. Red.) und alle anderen haben eine klare Idee, wie wir als Leverkusen spielen, welchen Stil wir verfolgen wollen. Und dann muss man eigentlich nur den richtigen Trainer dafür finden, der das auch mitgehen will.

Ist diese DNA eines Vereins mittlerweile wichtiger für Spieler als die Person des Trainers?

Wenn es mal nicht läuft in einem Klub, sind die Trainer oft schnell weg. So ist es in diesem Geschäft, und dann ist es für uns Spieler umso wichtiger, dass der Verein hinter einem steht und nicht nur der Trainer. Dieses Vertrauen in mich hat Bayer 04 in unseren Gesprächen ganz deutlich formuliert, aus diesem Grund habe ich einen langfristigen Vertrag unterschrieben.

Wie würden Sie Ihren Start bei Bayer 04 bewerten?

Es war okay, aber anders, als ich es mir vorgestellt habe. Ich weiß, dass ich mehr kann, andere Leute wissen das auch. Die zwei Verletzungen, am Anfang und jetzt vor kurzem, haben mich leider etwas zurückgeworfen. Aber ich glaube, dass wir – nicht nur ich – sondern wir als Mannschaft uns gefangen haben und auch durch gute Spiele zeigen, durch Siege zeigen, dass wir wieder da sind.

Ihr Ex-Trainer in Eindhoven, Peter Bosz, hat gesagt: „Habt Geduld und schenkt Tillman Liebe“ – trifft er damit einen Punkt?

Ja, einen sehr guten Punkt. Ich war sehr eng mit ihm. Dort hat es auch seine Zeit gebraucht, bis ich der war, der ich jetzt bin. Ich habe am Anfang eher wenig gespielt und dann mit der Zeit, mit der entgegengebrachten Liebe, versucht, das alles durch Leistung zurückzugeben. Am Ende des Tages ist es ganz gut gelaufen. Ich glaube, Peter Bosz weiß schon, wovon er spricht.

EINDHOVEN - l-r Noa Lang of PSV Eindhoven, PSV Eindhoven coach Peter Bosz, Malik Tillman of PSV Eindhoven during the Dutch Eredivisie match between PSV Eindhoven and Feyenoord Rotterdam at Phillips Stadium on Dec. 22, 2024 in Eindhoven, Netherlands. ANP MAURICE VAN STEEN Dutch Eredivisie 2024/25 xVIxANPxSportx/xxANPxIVx 516192395 originalFilename: 516192395.jpg

Malik Tillman mit Trainer Peter Bosz bei der PSV Eindhoven

Wie äußert sich denn diese Liebe? Was brauchen Sie als Sportler, um Höchstleistung abzurufen?

In Eindhoven hatte ich regelmäßige Gespräche mit Peter Bosz, auch mit den Co-Trainern. Es braucht Vertrauen, aber ich denke, dass ich auch in der Mannschaft einfach nur ankommen muss, meine Verbindungen knüpfen muss. Das braucht alles seine Zeit, aber mittlerweile bin ich auch hier angekommen und ich bin mir sicher, dass ich das in den nächsten Wochen auch zeigen werde.

Sie haben bei Bayer schon in verschiedenen Rollen gespielt. Wo sind Sie am stärksten?

Da, wo ich am meisten Bälle zwischen den Linien bekomme – und natürlich am besten so weit vorne, wie es geht. Recht zentral, mit viel Freiheiten. Wenn ich eine Position sagen sollte, würde ich schon die Zehn nehmen. In unserem System also einer von den beiden hinter der Spitze. Welche Seite ist dann egal.

Wie sehen Sie denn die neu zusammengestellte Mannschaft in ihrer Entwicklung?

Das beste Beispiel ist jetzt gerade Ibo (Maza, Anm. d. Red.). Er hat in den vergangenen Spielen gezeigt, was er kann, hat die Chance bekommen und sie genutzt. Er ist nicht der Einzige. Wir haben viele Neue, viele, die die Bundesliga zum ersten Mal erleben. Mit dem neuen Trainer haben wir eine passende Spielidee, finden auf dem Platz immer öfter bessere Lösungen. Das spiegelt sich in den Ergebnissen wider.

Wie ist Kasper Hjulmand so?

Gelassen, offen, und wie gesagt: mit einer klaren Spielidee. Er hat in seiner Zeit mit Dänemark ein ähnliches System gespielt, was natürlich hilft. Er ist ein guter Trainer.

Was ist drin in diesem Jahr mit dieser Mannschaft?

Also in der Bundesliga gibt es den FC Bayern München, der marschiert da gerade relativ einfach durch. Aber wir sollten schon den Anspruch haben, möglichst Platz zwei zu erreichen oder zumindest die Top-4. Im DFB-Pokal sollte unser Anspruch sein, den Pokal zu gewinnen. Aber klar: Mit Dortmund auswärts haben wir jetzt ein schweres Los bekommen, da kann alles passieren. Wir haben in jedem Fall den Anspruch, dort zu gewinnen. Und in der Champions League war der Sieg in Lissabon sehr wichtig – nicht nur tabellarisch, sondern auch für die Stimmung in der Mannschaft. Wir wollen auf jeden Fall erstmal die nächste Runde erreichen. Das ist das Minimalziel und dann ist es wie im Pokal: Knockout-Phase – alles kann passieren.