Die Entlassung von Erik ten Hag ist das Eingeständnis einer Fehleinschätzung bei Bayer 04. Simon Rolfes muss nun liefern, meint unser Autor.
Bayer 04 entlässt ten HagRolfes steht bei Trainerwahl unter Druck


Simon Rolfes, Geschäftsführer Sport bei Bayer 04 Leverkusen, mit einem Statement vor Pressevertretern nach der Entlassung von Trainer Erik ten Haag.
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Es war keine leichte Aufgabe, den Nachfolger für Xabi Alonso zu finden. Nach einigen Absagen aus unterschiedlichen Gründen einigten sich die Verantwortlichen bei Bayer 04 Ende Mai – auch aus Zeitdruck – auf Erik ten Hag. Simon Rolfes überzeugte als Hauptverantwortlicher für den Sport seinen Vorsitzenden in der Geschäftsführung Fernando Carro. Etwas mehr als drei Monate später muss ten Hag bereits wieder seinen Stuhl räumen.
Es ist ein Eingeständnis einer groben Fehleinschätzung, die womöglich hätte vermieden werden können. Der Ruf der ten Hag aus seiner Zeit bei Manchester United vorauseilte, hätte Warnung genug sein können, vielleicht sogar müssen. Der Schritt am Montag ist aber auch ein Tag der Stärke. Ungeachtet des öffentlichen Urteils entschieden sich die Verantwortungsträger für einen konsequenten Kurswechsel zum Wohle des Vereins.
Ten Hag hat intern zu oft für Kopfschütteln bei Spielern und Angestellten gesorgt und zudem seine Aufgabe als Fußballlehrer verfehlt. Die ernüchternden Auftritte in der Liga waren die Folge, eine Besserung aus Sicht von Rolfes, Carro und dem Gesellschafterausschuss mit dem Vorsitzenden Werner Wenning nicht in Sicht.
Mannschaft braucht neues Selbstverständnis
Nach der historischen Doublesaison ohne Niederlage hat die Führungsetage viel berechtigtes Lob geerntet. Mit der Fehleinschätzung ten Hag hat sie ein Stück ihres Vertrauenskredits verspielt. Dennoch ist es von besonderer Bedeutung, bei der laufenden Trainersuche eine bessere Wahl zu treffen als im Mai. Der riesige Umbruch im Kader, der vermasselte Start in die Saison, die frühe Trainerentlassung – die Mannschaft muss rasch ihr verloren gegangenes Selbstverständnis zurückerlangen, das es ihr erlaubt, Höchstleistungen abzurufen.
Dafür braucht es einen empathischen Trainer mit klarem Plan, Erfahrung und Qualitäten in Menschenführung. Der Klub hat sich auf die Fahne geschrieben, zu den 16 Topklubs in Europa zu gehören. Die jährliche Teilnahme an der Champions League ist Voraussetzung und klar kommuniziertes Ziel. Mit dem neu zusammengestellten Kader voller Toptalente aus aller Welt kann sich Bayer ein Jahr ohne Teilnahme am europäischen Wettbewerb nicht erlauben. Der nächste Trainer der Werkself bekommt keine Anlaufzeit und muss direkt liefern. Ihn bis zum kommenden Freitag zu finden, ist die Aufgabe von Simon Rolfes. Es ist beileibe keine einfache.