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„Stabilität und Klarheit“Rolfes schärft das Profil für Nachfolger von ten Hag

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Erik ten Hag

Nicht mehr Trainer bei Bayer Leverkusen: Erik ten Hag

Bayer 04 Leverkusen entlässt Erik ten Hag. Simon Rolfes liefert Begründungen und ein Profil für einen Nachfolger.

In der Saison 2023/2024 marschierte Bayer 04 ohne eine einzige Niederlage zur deutschen Meisterschaft – das hatte es in der Fußball-Bundesliga vorher nicht gegeben. Etwas mehr als ein Jahr später sorgen die Leverkusener für das nächste Bundesliga-Novum – diesmal allerdings ohne dafür Lorbeeren zu ernten. Erik ten Hag ist der erste Cheftrainer der Ligageschichte, der zur neuen Saison angestellt und bereits nach dem zweiten Spieltag entlassen wurde. Die Trennung verkündete der Vizemeister am frühen Montagnachmittag. Ten Hag (55) hatte erst im Mai als Nachfolger von Erfolgstrainer Xabi Alonso einen Vertrag bis 2027 unterschrieben.

„Diese Entscheidung ist uns nicht leichtgefallen. Niemand hat sich diesen Schritt gewünscht. Doch die vergangenen Wochen haben gezeigt, dass der Aufbau einer neuen und erfolgreichen Mannschaft in dieser Besetzung nicht zielführend gestaltet werden kann“, sagte Bayers Sportgeschäftsführer Simon Rolfes und führte aus: „Völlig unabhängig des Ergebnisses vom Wochenende hatten wir das Gefühl, dass es nicht in die richtige Richtung geht. Und bevor man am falschen Ziel ankommt, haben wir uns entschlossen, jetzt zu einem frühen Zeitpunkt in der Länderspielpause die Entscheidung zu treffen. Wenn man Entscheidungen trifft, trifft man auch Fehlentscheidungen. Wenn man glaubt, an dem Punkt zu sein, dass es nicht funktionieren kann, dann wäre es ein noch größerer Fehler, es einfach weiterlaufen zu lassen. Dann müssen wir – ich auch selbst – uns eingestehen, dass die Konstellation doch nicht so ist, wie wir uns das vorgestellt haben.“

Nach zähem, aber erfolgreichen Pflichtspielstart im DFB-Pokal gegen Viertliga-Aufsteiger Großaspach (4:0) holte ten Hag mit der neu formierten Mannschaft mit rund 30 Zu- und Abgängen nur einen Punkt aus den ersten beiden Ligaspielen. Sowohl beim 1:2 gegen Hoffenheim zum Auftakt als auch beim 3:3 in Bremen, als die Werkself in Überzahl eine 3:1-Führung verspielt hatte, fehlte dem Team fast völlig eine Struktur. „Bei vielen neuen Spielern im Kader muss vor allem Klarheit und Orientierung herrschen. Das haben wir in einigen Bereichen vermisst. Das ist ein entscheidender Punkt“, betonte Rolfes und deutete damit erhebliche Fehler bei ten Hag in der Kommunikation an – mit der Mannschaft, aber auch mit anderen Mitgliedern des Trainerstabs und der Klubführung. Bereits im Trainingslager in Brasilien gab es unterschiedliche öffentliche Aussagen zur Kaderplanung von Trainer und Geschäftsführung – ein Affront des neuen Coaches.

Ulderink und Meijer übernehmen

Ten Hag soll sich auch intern bei vielen Themen stur und uneinsichtig verhalten haben. Im Trainerteam mit seinen beiden Landsmännern Andries Ulderink und Rogier Meijer gab es große Spannungen. Die beiden verbliebenen Niederländer leiteten dann auch am Montag die erste Trainingseinheit ohne ten Hag. „Das Trainerteam in Gänze ist erstmal weiter da und übernimmt das Training – bis wir eine finale Lösung haben, wie wir in die nächste Periode nach der Länderspielpause gehen werden“, sagte Rolfes. Am übernächsten Freitag steht das wichtige Heimspiel gegen das mit sechs Punkten perfekt gestartete Eintracht Frankfurt an. Bis dahin soll es eine klare Lösung geben, wer für die kommenden Wochen – mindestens also bis zur Länderspielpause im Oktober – als Cheftrainer auf der Bank sitzen wird. „Grundsätzlich bewerten wir immer interne Lösungen genauso wie externe Lösungen“, erklärte Rolfes. „Bei vielen Stellen im Sport oder Scouting besetzen wir häufig intern. Bei Trainern ist das nicht immer so der Fall. Aber wir werden jetzt beide Möglichkeiten bewerten.“

Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ sind Ulderink und Meijer – einzeln oder als Duo – eine Option für die Nachfolge. U19-Trainer Sergi Runge traut man den Job als Bundesliga- und Champions-League-Coach hingegen noch nicht zu. Sollte es eine externe Lösung werden, hat Rolfes klare Vorstellungen, was der Neue mitbringen muss. Aus seinen Worten schwingt auch mit, was ten Hag zuletzt vermissen ließ. „Diese Klarheit, auch Führung, wie wir Fußball spielen wollen, wie wir Stabilität entwickeln als Mannschaft. Das sind Komponenten, die wichtig sind, wenn viele neue Spieler dazukommen. Dass man relativ schnell diese Sachen verinnerlicht“, betonte der 43-Jährige. „Dass auf dem Platz Verbindungen entstehen, das braucht dann manchmal Zeit, das ist ein Prozess, völlig klar. Das funktioniert nicht sofort. Aber diese grundlegenden Sachen: Stabilität und Klarheit, dass jeder weiß, was zu tun ist auf dem Platz, das sind erstmal die Basissachen, die für mich wichtig sind.“

Nach Informationen dieser Redaktion gelten darüber hinaus die gleichen Grundbedingungen wie bei der Trainersuche im April und Mai: Ein Leverkusener Cheftrainer braucht nicht zwingend Bundesligaerfahrung, muss aber Deutsch oder Englisch sprechen können. Im September einen Trainer von einem anderen Verein loseisen zu können, erachtet der Sportgeschäftsführer als unrealistisch. Die Suche fokussiert sich also auf verfügbare Trainer. Unter anderem Marco Rose (48), Edin Terzic (42), Domenico Tedesco (39), Xavi (45) oder Mark van Bommel (48) sind derzeit auf Jobsuche.