Kasper Hjulmand ist neuer Trainer bei Bayer 04 Leverkusen. Warum er es geworden ist, und auf welche alten Bekannten er treffen wird.
TrainerwechselHjulmand neuer Bayer-Coach - Liebe für Cruyff, Hoffnung für Hofmann

Kasper Hjulmand als dänischer Nationaltrainer im Stadion Parken in Kopenhagen
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Kasper Hjulmand hat in den vergangenen Jahren viel Unterstützung vom Publikum im Stadion Parken in Kopenhagen erfahren. Als dänischer Nationaltrainer war es für ihn und seine Mannschaft das Wohnzimmer. Wenn er am übernächsten Donnerstag ins Nationalstadion zurückkehren wird, muss er allerdings aufpassen, den richtigen Sitz zu erwischen.
Denn Hjulmand wird dann weder als Coach Dänemarks noch des dort beheimateten FC Kopenhagen auf der Bank sitzen. Nein, er wird als Trainer der Gastmannschaft von Bayer Leverkusen zum ersten Champions-League-Spiel der Saison anreisen. Hjulmand wurde am Montag vom Vizemeister als Nachfolger des früh gescheiterten Erik ten Hag verpflichtet. Der 53-Jährige unterschrieb bei der Werkself einen Vertrag bis Juni 2027.
Im Parken erlebte Hjulmand sportliche Höhepunkte wie das 2:0 in der Nations League gegen Frankreich, aber auch den tragischen Vorfall bei der EM 2021, als Superstar Christian Eriksen gegen Finnland einen Herzstillstand erlitt und auf dem Rasen wiederbelebt werden musste. Doch die sehr besondere Rückkehr in seine Heimat in der kommenden Woche wird in Hjulmands Kopf wohl in diesen Stunden eine untergeordnete Rolle spielen. Am Mittwoch soll der gebürtige Aalborger erstmals das Training auf den Plätzen neben der Bay-Arena leiten. Sein Auftrag: Die neu zusammengestellte Mannschaft mit mehr 13 Zugängen mental und taktisch so einstellen, dass sie nach den Misserfolgen zum Bundesligastart gegen Hoffenheim (1:2) und in Bremen (3:3 nach 3:1-Führung) am Freitag gegen Eintracht Frankfurt (20.30 Uhr, Sky) ein anderes Gesicht zeigen wird.
Fehleinschätzung Erik ten Hag
„Wir freuen uns sehr über die Verpflichtung von Kasper Hjulmand, dessen Wirken wir über einen langen Zeitraum hinweg aufmerksam verfolgt haben“, teilte Simon Rolfes mit. Bayers Sportgeschäftsführer hatte zu Beginn der vergangenen Woche die Fehleinschätzung mit der Einstellung von ten Hag als Nachfolger von Meistercoach Xabi Alonso eingestanden und die Trennung vom Niederländer vollzogen. Rolfes und sein Team suchten daraufhin einen verfügbaren Trainer, der mit mehr Empathie, Emotion und Klarheit den XL-Umbruch anleiten soll. Am vergangenen Wochenende traf sich Rolfes dann in einem Düsseldorfer Hotel mit Hjulmand, tauschte sich intensiv aus. Die Harmonie stimmte.
Einen entscheidenden Einfluss hatte dabei auch eine interessante Personalie, wie Rolfes betonte: „Mehrere Jahre war sein Co-Trainer bei der dänischen Nationalmannschaft, Ismael Camenforte, parallel auch bei uns tätig. Kasper hat uns Ismael seinerzeit sogar persönlich empfohlen. Seine Trainingsmethodik ist demzufolge bei uns im Klub detailliert bekannt, und auch Kasper kennt unseren Verein aus den letzten Jahren bestens. Er wird nun mit unserer Mannschaft zunächst wieder einen klaren und dominanten Spielstil erarbeiten. Kasper ist der Richtige, um unsere neue Werkself wieder zu einer Topmannschaft zu entwickeln, die anspruchsvollste nationale und internationale Ziele anstreben wird.“
International hat sich Hjulmand einen hervorragenden Ruf erarbeitet. In seiner Zeit als Coach bei der dänischen Auswahl gewann er 60 Prozent der Spiele – Rekord unter den dänischen Nationaltrainern. Bei der EM 2021 führte Hjulmand die Mannschaft bis ins Halbfinale, ehe sie sich England mit 1:2 nach Verlängerung geschlagen geben musste. Seine Reputation in Deutschland ist allerdings ein wenig angeknackst. Das rührt aus der Saison 2014/15, als Hjulmand als Trainer von Mainz 05 nach nur 24 Pflichtspielen wieder gehen musste.
„Ich habe Bayer 04 immer als einen sehr gut geführten, bestens strukturierten und hochambitionierten Klub wahrgenommen. Dieser Eindruck hat sich in den vergangenen Tagen bestätigt“, erklärte Hjulmand nach seiner Einstellung bei der Werkself. „Es ist eine Auszeichnung, ein solches Team anvertraut zu bekommen. Die Aufgabe motiviert mich sehr, nach überragenden Erfolgen in der Vergangenheit jetzt sowohl mit bewährten als auch mit aufregenden neuen Spielern die Zukunft zu gestalten.“ Bei der Werkself erhofft man sich, dass das durch den wenig nahbaren und noch weniger inspirierenden ten Hag zerschlagene Porzellan möglichst schnell wieder gekittet werden kann. Klubboss Fernando Carro: „Neben den fachlich starken Argumenten als Trainer haben uns auch Kasper Hjulmands Prinzipien der Teamführung überzeugt. Eine neu zusammengestellte und entwicklungsfähige Mannschaft wie die unsere braucht deutliche Vorgaben und wird von dem transparenten, kommunikativen und empathischen Stil Kaspers profitieren.“
Neue Hoffnung durch die Verpflichtung darf sich auch Jonas Hofmann (33) machen, der von Bayer zuletzt nicht für die Ligaphase der Champions League nominiert wurde. Am guten Start der Mainzer unter Hjulmand 2014 mit sieben Bundesligaspielen ohne Niederlage hatte auch der damals 22-Jährige großen Anteil – er erzielte drei Treffer, verletzte sich dann aber am Knie, fiel lange aus. Kurz nach seiner Genesung musste Hjulmand gehen. Erfolgreicher war der Coach zuvor beim FC Nordsjaelland, mit dem er 2012 die erste Meisterschaft der Klubgeschichte feierte. Neben Hofmann wird Hjulmand bei Bayer 04 auf einen weiteren Bekannten treffen: Keld Bordinggaard, Leiter Trainerakademie bei Bayer 04, war in Mainz sein Co-Trainer.
„Johan Cruyff – und die Philosophie, die hinter ihm steht – hat die Welt des Fußballs beeinflusst, und mich ganz sicher auch“, sagte Hjulmand mal zur Zeit als Nationaltrainer. „Als Team versuchen wir, proaktiv zu denken. Wir wollen so dominant wie möglich sein – und wir wollen Tore schießen. Das ist meiner Meinung nach eines der Dinge, die Cruyffs Fußballstil hinterlassen hat. (…) Als Trainer haben mich viele Dinge beeinflusst. Ich bin auch sehr von Diego Simeone inspiriert, und hier sieht man zwei sehr unterschiedliche Denkweisen. Aber meine ersten Erfahrungen mit dem Fußball drehten sich nicht nur um Sieg und Niederlage, sondern darum, etwas mehr in diesem Spiel zu sehen. Und das ist Cruyff.“