KommentarBayer 04 fehlt die Haltung einer Spitzenmannschaft

Die Spieler von Bayer 04 schleichen in Frankfurt geknickt vom Rasen.
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Leverkusen – Zum Wesen einer Spitzenmannschaft gehört die Weigerung, Spiele zu verlieren. Sie ist unabhängig von äußeren Umständen, wird aber umso deutlicher sichtbar, je ungünstiger die Umstände sind. Mitten im Winter, wenn die halbe Stammelf fehlt, der Gegner das Messer zwischen den Zähnen hat und jeder Schritt Schmerzen bereitet, ist diese Haltung wichtiger als alles.
In der laufenden Saison häuften sich die Indizien dafür, dass Bayer 04 Leverkusen auf dem Weg ist, eine Spitzenmannschaft zu werden. Die Werkself war nach dem 12. Spieltag ungeschlagener Tabellenführer, hatte sich trotz problematischer Personalsituation durch drei Wettbewerbe gekämpft und dabei dennoch oft ansehnlichen, offensiven Fußball gezeigt.
Dann kam der FC Bayern München, musste sich fast eine Stunde lang in der Bay-Arena fußballerisch die Grenzen an diesem Tag aufzeigen lassen und hat das Spiel in der dritten Minute der Nachspielzeit dennoch gewonnen, weil er alles andere nicht akzeptieren wollte. Die Rigorosität, mit der die wütenden Stars des Rekordmeisters am Ende ihren Willen durchgesetzt hatten, war atemberaubend.
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14 Tage später hat sich gezeigt, dass Bayer 04 dieses Vorbild nicht verstanden hat. An einem Tag, der mit einem fußballerischen Zaubertrick und dem 1:0 begann, erfüllte diese Mannschaft alle Klischees, die Bayer 04 seit Jahrzehnten verfolgen. Die einzige Weigerung, zu der das Team in der Lage schien, war die Weigerung, sich zu quälen. Und hinterher zeigte es offen die Einsicht: Wir haben nicht genug gearbeitet. Wir waren schlecht.
Die Bereitschaft zur Selbstgeißelung hat in Leverkusen so viel von Routine, dass man sie den Profis nur schwer abnimmt. Man darf dieses Team, diesen Klub, nur an Siegen messen. Nur mit ihnen, erzielt auf der Basis einer anderen Haltung, wird Bayer 04 Leverkusen dem Klischee vom talentierten Verliererteam entrinnen, das unfähig ist, den letzten Schritt zu gehen.