Team darf nicht in die Zweite Liga aufsteigenFortuna Kölns Frauen kämpfen gegen Widerstände im Klub und der Politik

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Fortuna Kölns Fußballerinnen spielen eine hervorragende Drittliga-Saison.

Fortuna Kölns Fußballerinnen spielen eine hervorragende Drittliga-Saison.

Der Südstadt-Klub hat Chancen auf den Titel. Mangels Infrastruktur und Geld aber keine Aussichten auf einen Aufstieg.

Der SC Fortuna Köln und die 2. Bundesliga. Eine geschichtsträchtige Kombination. Mit 26 Saisons und 970 Spielen ist der Südstadt-Klub immer noch Fünfter der Ewigen Tabelle. 

Die Männer-Mannschaft ist derzeit allerdings ein gutes Stück entfernt von der alten Glanzzeit. In der viertklassigen Regionalliga West wurde in diesem Jahr der Aufstieg klar verpasst. Ein anderes Fortuna-Team ist deutlich näher dran an der 2. Bundesliga. Zumindest in der Theorie.

In der Regionalliga West, der im Frauen-Bereich dritthöchsten Spielklasse, befindet sich der SC Fortuna im Endspurt einer bemerkenswerten Saison. Als Aufsteiger hat die Mannschaft von Trainer Marc Gertzen, derzeit Tabellendritter, sogar noch Chancen auf die Meisterschaft – auch wenn das 0:0 am Sonntag im Topspiel gegen den Zweiten Bocholt ein Rückschlag war.

Fortuna Köln fehlt es an Geld und Infrastruktur

Allerdings dürfte sich die Enttäuschung mit Blick auf die Rahmenbedingungen in Grenzen halten. Denn selbst wenn Fortuna Kölns Frauen mit 15 Punkten Vorsprung die Meisterschaft holen würden, so dürfte sich die Mannschaft nicht über einen Aufstieg in die 2. Bundesliga freuen. Denn im Verein gibt es weder Geld noch Infrastruktur für den Zweitliga-Betrieb – weshalb gar nicht erst die Lizenz beantragt wurde. Kurzfristig wird sich daran wohl auch nichts ändern.

Achim Stuhr ist beim SC Fortuna als Abteilungsleiter verantwortlich für den Frauenfußball, natürlich ehrenamtlich. Seit 2007 ist der heute 55-Jährige im Verein tätig, zunächst als Vater einer Fußball spielenden Tochter. Schnell wurde Stuhr, gelernter Schlosser und in einem Räderwerk in Königswinter angestellt, mit der Abteilungsleitung betraut.

Das Frauen-Team darf nur einmal pro Woche auf dem Kunstrasenplatz am Südstadion trainieren, für die anderen beiden Einheiten muss Trainer Gertzen nach Bocklemünd ausweichen. Die beiden Mädchen-Mannschaften, U17 und U15, dürfen gar nicht auf den Kunstrasen – im Gegensatz zu den Nachwuchsteams der Jungen. Den Juniorinnen bleibt nur die Asche. Das sorgt für Frust.

Die Frauen-Abteilung spielt bei Fortuna Köln keine große Rolle

Trotz des sportlichen Erfolgs spielt die Frauen-Mannschaft im Alltag der Fortuna keine allzu große Rolle. Der Fokus liegt klar auf den ersten Herren in der Regionalliga West als Aushängeschild des Klubs und dem Leistungszentrum mit dem männlichen Nachwuchs.

„Die Infrastruktur stimmt nicht, das ist der große Knackpunkt“, sagt Stuhr, der seitens seines Vereins und der Stadt mehr Unterstützung fordert: „Es ist alles aufs Leistungszentrum ausgelegt. Und weil es bei uns ja nur den einen Kunstrasen gibt, müssen sich den die 33 Mannschaften der Fortuna teilen.“ Und hier ziehen die Frauen-Teams den Kürzeren. „Es muss etwas passieren“, sagt Stuhr, der sich auch um den auf die beiden Mannschaften geschrumpften Nachwuchs-Bereich sorgt: „Jeder Dorfverein hat mittlerweile einen Kunstrasen. Und dann gehen die Kids natürlich lieber da hin, anstatt hier auf der Asche zu trainieren und zu spielen.“

Neue Kunstrasenplätze am Südstadion? Wohl nicht vor 2030

Besserung wird es in Zollstock wohl erst langfristig geben. Im Bereich des Jean-Löring-Sportparks gibt es Pläne, die den Bau von zwei neuen Kunstrasen-Plätzen, Kleinfeldern und einer Beachvolleyball-Anlage vorsehen. Doch sind diese Pläne laut Vereinspräsident Hanns-Jörg Westendorf noch nicht weit fortgeschritten – mit einer Umsetzung rechnet er nicht vor 2030. Und bis dahin? Wird weiter improvisiert.

„Die Stimmung in der Mannschaft ist gespalten“, sagt Stuhr. „Einerseits macht uns die sportliche Leistung natürlich stolz. Andererseits wünschen sich die Mädels von allen Seiten mehr Unterstützung.“ Immerhin steht inzwischen für Liga-Auswärtsspiele ein Mannschaftsbus zur Verfügung.

Neben Trainingsplätzen ist auch eine zweitliga-taugliche Spielstätte für Fortunas Frauen-Team nicht so leicht zu finden. Die naheliegende Lösung – Heimspiele im Südstadion – ist problematisch, da der Rasen eine weitere Dauer-Beanspruchung womöglich nicht verkraften würde. Neben den Fortuna-Herren absolvieren auch die FC-Frauen einige ihrer Heimspiele in Zollstock. Zudem pflügen die Footballer der Cologne Centurions das Grün im Sommer um.

Eine Zweitliga-Saison kostet mindestens 200.000 Euro

Die derzeit in der Regionalliga West für Furore sorgenden Fortuna-Fußballerinnen sind allesamt „lupenreine Amateurinnen“, wie Stuhr berichtet. In der 2. Bundesliga müssten sie mit Amateurverträgen ausgestattet werden. Zusammen mit Fahrt- und Übernachtungskosten für bundesweite Auswärts-Touren würde der Saisonetat bei mindestens 200.000 Euro liegen und ist damit für die Fortuna aktuell nicht zu stemmen.

Daran etwas ändern möchte Jan Kus, Co-Gründer und Geschäftsführer der Kölner Digitalagentur Railslove, dem Trikotsponsor der Fortuna-Frauen. Kus engagiert sich seit Jahren als Sponsor beim Klub und hat seinen Fokus auf die aus seiner Sicht von Verein, Politik und Stadt stark vernachlässigte Frauen-Abteilung der Zollstocker gelegt. Kus will zeitnah ein Gespräch mit dem Vereinsvorstand führen. „Da möchte ich hören, dass die Fortuna mit den Frauen in die Zweite Liga will“, sagt er.

Jan Kus will IT-Unternehmen zur Fortuna locken

Der Unternehmer möchte, „um ein Zeichen zu setzen“, wie er sagt, eine Crowdfunding-Kampagne starten und will in der Zukunft die für den Zweitliga-Spielbetrieb nötigen 200.000 Euro zusammenbekommen. Das Geld soll, so die Idee von Kus, aus einer bislang von der Fortuna kaum erschlossenen Quelle kommen – von anderen IT-Unternehmen und Digital-Agenturen. Derzeit besteht der Sponsoren-Pool hauptsächlich aus dem „klassischen“ Mittelstand wie Handwerk und Einzelhandel.

Neben dem Verein („Das Frauen-Team sollte innerhalb des Klubs so fair behandelt werden, wie es sich gehört“) sieht Kus vor allem die Politik und die Sportstätten GmbH in der Pflicht, zeitnah für eine angemessene Infrastruktur zu sorgen und gleichzeitig bürokratische Hürden abzubauen. Die Aussicht auf neue Kunstrasenplätze im nächsten Jahrzehnt genügt Kus bei weitem nicht. „Die Mädels befinden sich gerade auf einem Höhenflug“, sagt er. „Wenn wir bis 2030 warten, dann wird es bei Fortuna keine Frauen-Mannschaften mehr geben. Dann gehen alle zum FC oder zu SpoHo und den Kunstrasenplätzen. Wir brauchen jetzt eine Lösung.“

Trotz aller unüberwindbar erscheinenden Hindernisse wollen die Fortuna-Frauen ihre Saison krönen. Mit Platz eins würde es zwar keinen Aufstieg geben – dafür aber einen festen Platz im DFB-Pokal der kommenden Saison. „Da werden wir alles reinwerfen“, kündigt Abteilungsleiter Stuhr an.

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