Die Nationalmannschaft hat beim 1:2 gegen Portugal einen Rückschritt erlitten. Es gibt Alarmsignale, leidvolle Bestätigungen, aber auch etwas Hoffnung.
An Grenzen gestoßenErnüchterung statt neu entfachter Euphorie beim DFB-Team


Enttäuschung bei der deutschen Mannschaft nach dem 1:2 gegen Portugal (v.l.): Felix Nmecha, Marc-André ter Stegen, Bundestrainer Julian Nagelsmann
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Bei der deutschen Nationalmannschaft ist nach der vollauf verdienten 1:2-Niederlage gegen bessere und ausgebuffte Portugiesen Ernüchterung eingekehrt. Die große Chance, die EM-Euphorie vom vergangenen Jahr neu zu entfachen, wurde im Halbfinale der Nations League vor eigenem Publikum verspielt. Für die Mannschaft von Trainer Julian Nagelsmann ist das definitiv ein Rückschlag, es gibt ernsthafte Alarmsignale, doch alles schlecht reden muss man nun auch nicht.
Das Spiel am Mittwoch hat bestätigt, was man ohnehin hätte wissen sollen: Alleine in Europa sind Nationen wie Spanien, Frankreich, Portugal, vielleicht auch England derzeit besser besetzt als die deutsche Nationalmannschaft. Sie haben noch mehr individuelle Ausnahme-Könner in ihren Reihen und auch mehr Qualität in der Tiefe des Kaders als das deutsche Team, das es zudem oft an Tempo und Handlungsschnelligkeit vermissen lässt. Bereits in der Ära von Joachim Löw war dies offensichtlich und großes Defizit.
Diese deutsche Mannschaft stößt gegen Top-Nationen an ihre Grenzen
Wenn alle Leistungsträger fit sind, an ihre Grenzen gehen und auch die Taktik und Wechsel aufgehen, dann kann die DFB-Auswahl mit diesen Nationen mithalten. Doch wenn nicht ein Rädchen ins andere greift, Schlüsselspieler verletzt fehlen und die Protagonisten inklusive des Trainers nicht ihre Top-Leistungen abrufen, dann stößt diese deutsche Mannschaft an Grenzen. Die DFB-Elf spielte zudem und wie im vergangenen Jahr erneut vor den eigenen Fans – auch wenn das Münchner Publikum gewohnt träge war. Bei der WM 2026 wird es diesen Heimvorteil allerdings nicht geben, die Gastgeberländer USA, Kanada und Mexiko liegen eben nicht vor der deutschen Haustür.
Julian Nagelsmann hat nach seinem Amtsantritt für Aufbruchsstimmung gesorgt. Die war auch dringend notwendig nach der lange Zeit äußerst erfolgreichen und begeisternden Löw-Ära, die aber in den letzten Jahren deprimierend und desillusionierend endete. Doch der mit 37 Jahren noch junge und dennoch schon erfahrene Trainer sollte sich und seine Entscheidungen hinterfragen. Natürlich ist es immer ein bisschen wohlfeil, nach einem Spiel Entscheidungen anzuprangern. Doch vor allem seine Einwechslungen waren in der Partie gegen Portugal zumindest als merkwürdig zu bezeichnen. Sie bewirkten nichts, jedenfalls nichts Gutes. Nicht zum ersten Mal lag Nagelsmann daneben.
Hoffnung auf Rückkehr von Rüdiger, Musiala, Havertz und Co.
Und wenn dann Kapitän Joshua Kimmich und Nagelsmann selbst dem Team auch noch eine „fehlende Gier“ und „Siegermentalität“ vor heimischen Publikum und in einem Halbfinale der Nations League attestieren, dann wirft das nicht nur auf die Mannschaft, sondern auch auf den Trainer kein gutes Licht.
Was Hoffnung macht: Wenn diesmal schmerzlich vermisste Kräfte wie Antonio Rüdiger, Jamal Musiala, Kai Havertz, Edel-Techniker Angelo Stiller und mit Abstrichen auch der vielseitige Nico Schlotterbeck zurückkehren und alle an ihre Grenzen gehen, dann wird sich automatisch auch wieder das Leistungsvermögen erhöhen. Aber auch nur dann. Und auch die starken Kontrahenten müssten dann immer noch mitspielen und am besten schlechte Tage haben.