Kommentar zum Favre-AusDer Übervorsichtige ist beim BVB gescheitert

Ex-BVB-Trainer Lucien Favre
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Köln – Der größte Vorwurf, den sich der Trainer Lucien Favre machen muss, ist der, dass er nicht wusste, was er seinem Team zutrauen konnte. Dass er sich also, seinem zurückhaltenden, vorsichtigen Naturell gehorchend, nicht getraut hat, ihr etwas zuzutrauen. Weil das so ist, muss er jetzt gehen. Und hinterlässt eine Elf voller Brillanten, die er nicht noch hübscher aufpolieren konnte.
Seit Jahren schon leistet die Scouting-Abteilung von Borussia Dortmund eine europaweit geschätzte, herausragende Arbeit, füllt den Kader des BVB mit fabelhaften jungen Spielern und balanciert das Team sogar passend aus mit Veteranen wie Mats Hummels oder Axel Witsel. Doch Favre, der ewig zaudernde und hadernde Trainer, lässt seine Spieler nicht etwa frei und sorglos mit entsprechender Absicherung spielen, sondern redet professoral warnend auf sie ein und nimmt ihnen dadurch den entscheidenden Impuls zur Kreativität. Diese Achtung-pass-auf-Attitüde gemischt mit der Ausstrahlung eigener Unsicherheit und Ängstlichkeit wirkt sich fatal auf eine Gruppe von Menschen aus. Sie verunsichert im Allgemeinen, weil der Einzelne nicht mehr weiß, ob er ein offensives Anspiel riskieren soll oder besser einen Rückpass. Es arbeitet im Kopf – und das blockiert. Was derzeit unter anderem an eigentlich großartigen Spielern wie Julian Brandt oder Jadon Sancho zu beobachten ist.
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Zudem hat Favre keine Lösung für den Ausfall von Erling Haaland anbieten können. Seine Idee, Marco Reus auf die Mittelstürmer-Position zu stellen, ist noch nie richtig aufgegangen. Und dennoch hielt Favre zuletzt häufig stur an dieser Variante fest. Diese Hilflosigkeit, dürfte am Ende zusätzlich gegen ihn gesprochen haben.
Vor allem aber, dass gleich alle Symptome des Verfalls auf einmal in einem Spiel wie dem vom Samstag gegen Stuttgart sichtbar wurden. Bei einem 1:5, das dem Verlierer in Bezug auf die Gegentore noch sehr schmeichelt. Es ging nichts mehr. Und deshalb geht nun Favre.