Kommentar zu HoeneßEin Weltbild, das kurz nach dem römischen Reich untergegangen ist

Lesezeit 2 Minuten
GYI_1171124744

Uli Hoeneß aus Süddeutschland

  • Der Bayern-Präsident wittert eine regionale Verschwörung gegen Manuel Neuer.
  • Süddeutsche Journalisten sollen den Torhüter des FC Bayern München besser verteidigen, meint Hoeneß.
  • Hoeneß' Wutrede gibt uns zu denken: Haben wir Deutschland die ganzen Jahre über falsch verstanden?

Köln – In die Diskussion um die Nationaltorhüter Neuer und Ter Stegen hat sich jetzt auch Uli Hoeneß eingeschaltet. Der Präsident des FC Bayern München, der bald kein Präsident mehr sein wird, sondern nur noch Uli Hoeneß, hat sich mächtig darüber aufgeregt, dass die Nummer 2 im deutschen Tor Nummer 1 sein will und der große Verband gegen diesen Wunsch nicht einschreitet.

Das könnte Sie auch interessieren:

Aber als wahren Grund hat Hoeneß eine „westdeutsche“ Journalistenverschwörung ausgemacht, der die „süddeutsche“ Journalistenschaft nicht die angemessene Antwort entgegensetzt.

Der Skandal regionaler Vernachlässigung

Es scheint, dass wir die Dinge in unserem Land 29 Jahre nach der Wiedervereinigung immer noch grundfalsch verstehen. Diese Nation besteht  offenbar vor allem aus regionalen Identitäten, deren höchstes Ziel es ist, „ihre“ Fußballer in eine gesamtdeutsche Auswahl zu protegieren, die ziemlich unscharf „Nationalmannschaft“ heißt. Und wenn da ein armer Profi wie Manuel Neuer – Superman, Kapitän, Weltmeister und mehrfacher Welttorhüter - von seiner Himmelsrichtung im Regen stehen gelassen wird, dann ist das schon ein riesengroßer Skandal.

Dazu sollte man wissen: Marc-André ter Stegen spielt seit fünf Jahren beim FC Barcelona, war außerhalb Mönchengladbachs auch in NRW nie sonderlich beliebt, bei seinem Kollegen Bernd Leno, der einst in Leverkusen Bälle fing, sogar sehr unbeliebt. Bundestrainer Joachim Löw hat dem „Westdeutschen“ zuletzt unmissverständlich klar gemacht, dass er ihn – und nicht den beweinten Manuel Neuer – als Nummer 2 im deutschen Tor sieht. Danach hat er sich eigentlich wenig zuschulden kommen lassen.

Das könnte Sie auch interessieren:

Uli Hoeneß hält das natürlich nicht davon ab, dem Deutschen Fußball-Bund massiv zu drohen. Der große FC Bayern werde dem größten Einzelsport-Verband „Feuer geben“. Da fragt man sich spontan: Wie soll dieses Feuer aussehen? Welche Werkzeuge der Bestrafung stehen den Bayern zur Verfügung? In der Fantasie des Bayern-Präsidenten marschieren vermutlich geschlossene Reihen süddeutscher Journalisten in einem Protestmarsch auf die DFB-Zentrale in Frankfurt zu, bewaffnet mit Tröten und Bannern, auf denen geschrieben steht: … Hm. Was eigentlich? „Gerechtigkeit für den Süden?“ „Sweet Home FC Bayern?“

Man wird es leider nie herausfinden, weil alles, was Uli Hoeneß zu dieser Sache im Zorn gesagt hat, einem Weltbild entspricht, das kurz nach dem römischen Imperium untergegangen ist. Richtig an all diesem Unfug war nur, dass es einen Westen und einen Süden gibt. Und so möchte man dem Mann, der bald nur noch Uli H. sein wird, zurufen: „Hallo Herr Hoeneß, Sie haben den Norden und den Osten vergessen!“ 

KStA abonnieren