Afrikanischer Gast bei der DELWarum sich ein Namibier auf deutsches Eis wagt

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Glücklich auf dem Eis und in voller Eishockeymontur: Axali Jack Doeseb

Glücklich auf dem Eis und in voller Eishockeymontur: Axali Jack Doeseb

Axali Jack Doeseb ist zwar glühender Eishockey-Fan, kann in seiner Heimat aber nur Hockey auf Rollen spielen.

Wenn Axali Jack Doeseb in der nächsten Woche heim nach Namibia fliegt, wird er Sondergepäck aufgeben müssen. Für eine komplette Eishockey-Ausrüstung die ihm die Deutsche Eishockey-Liga dank guter Kontakte zu einem Ausrüster als Andenken besorgt hat. Der 26-Jährige aus Windhoek ist seit knapp zwei Wochen offizieller Gast der DEL, er darf sich nicht nur Ligaspiele anschauen, sondern auch in Troisdorf mit der Bezirksliga-Mannschaft auf dem Eis trainieren. Ein völliger Anfänger ist er nicht.

In seiner Heimatstadt Windhoek spielt er Hockey auf Inline-Skates, ist auch als Jugendcoach aktiv. Und er spricht wie ein Profi: „Die Umstellung von Rollen auf Kufen, von körperlos zu vollem Kontakt ist wirklich groß“, sagt er. „Es funktioniert noch nicht alles, aber die Jungs im Team unterstützen mich großartig und geben mir gute Tipps.“ 2015 war er schon einmal zu einem Eishockey-Praktikum in Deutschland, damals in Bad Nauheim. Um auf seinem Heimatkontinent aufs Eis gehen zu können, muss er etwa 1400 Kilometer bis nach Johannesburg in Südafrika reisen, und das hat er sich in seinem Leben nur zweimal leisten können. In Namibia gibt es keine Eishalle, und es ist auch keine in Planung.

Kontakt zur DEL kam über Tobias Müller zu Stande

Wie kommt er auf die Idee, sich ausgerechnet auf deutsches Eis zu wagen? Der Kontakt zur DEL kam über Instagram zu Stande. Konkret über Tobias Müller, der in der DEL-Medienabteilung arbeitet und in Troisdorf nebenher Eishockey spielt. Als Doeseb ihm mitteilte, dass er plane, nach Deutschland zu reisen, wurde daraus spontan ein kleines Projekt. „Ich hatte gerade ein Gästezimmer frei“, berichtet Müller, er organisierte für Doeseb zudem die Trainingsmöglichkeit beim EHC Troisdorf Dynamite, wo der Gast, nachdem man festgestellt hatte, dass er tauglich ist, sogar an einem Testspiel teilnehmen durfte.

Axali Jack Doeseb auf dem Eis.

Axali Jack Doeseb auf dem Eis.

Die DEL ist nun von ihrem Akt der privaten Eishockey-Entwicklungshilfe so fasziniert, dass sie bereits zwei Berichte des afrikanischen Gastes auf ihre Webseite veröffentlicht hat, in denen er von seinen Erlebnissen in den deutschen Eishallen und um sie herum berichtet. Unter anderem war er, so erfährt man, beim Spiel der Kölner Haie gegen die Eisbären Berlin und traf in den Katakomben der Lanxess-Arena auf KEC-Kapitän Moritz Müller. „Er war wirklich so nett, wie ich ihn immer im TV wahrgenommen habe“, stellt Doeseb fest. Sein Lieblingsverein ist aber, wie er sagt, der EHC Red Bull München, dessen Erfolge in der jüngeren Vergangenheit ihn begeistert haben.

Herz von Axali Jack Doeseb schlägt für Deutschland, nicht für Kanada

Woher rührt seine Liebe für den schnellen Kufensport? „Ich habe mit fünf Jahren angefangen Roller Hockey zu spielen und kannte Eishockey nur von Youtube“, sagt er. Als Kind habe er gegenüber seinen Eltern die Idee geäußert, nach Deutschland zu gehen, um dort Eishockey zu spielen. Doch diesen Wunsch zu erfüllen, erachteten seine Eltern als unmöglich. So blieb es beim Hockey auf Rollen.

Dass sein Herz für Deutschland schlägt – und nicht etwa für das Eishockey-Mutterland Kanada -, hat sicher mit der Geschichte Namibias zu tun, das von 1884 bis 1915 als Deutsch-Südwestafrika deutsche Kolonie war. Mehr aber noch mit seinem Vater, dessen Name ebenfalls Axali Jack Doeseb lautet, aber kein Sportler, sondern Musiker ist. In Herford studierte Doeseb senior einst Musikwissenschaft, und er hat einen eigenen Wikipedia-Eintrag. Denn er ist Komponist und Texter der Nationalhymne Namibias („Namibia, Land of the Brave“) und war der erste schwarze Dirigent des namibischen Symphonie-Orchesters.

Vielleicht hat Doeseb junior den Sinn für schönen Klang vom Vater geerbt. Jedenfalls  spricht er mit blumigen Worten davon, wie die Passion für Eishockey die Menschen verbinden kann. „Am Ende sind wir doch alle Fans des besten Sports der Welt“, sagt er. „Und es spielt dabei überhaupt keine Rolle, welchen Klub man unterstützt oder - wie ich es interpretiere - wie man aussieht oder welche Sprache man spricht.“

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