Betrug im Kölner Amateurfußball„Man kann von einer hohen Dunkelziffer ausgehen“

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Essen, Deutschland, TC Freisenbruch II vs. Heisinger SV III U 23 1: 5 am 25. 10. 2020 im Waldstadion am Bergmannsbusch in Essen -Freisenbruch Der Ball liegt auf dem durch Regen aufgeweichten Aschenplatz *** Essen, Germany, TC Freisenbruch II vs. Heisinger SV III U 23 1 5 on 25 10 2020 at the Waldstadion am Bergmannsbusch in Essen Freisenbruch The ball is on the ash pitch soaked by rain

Auf Fußballplätzen im Amateurbereich geht es nicht immer ehrlich zu.

Axel Zimmermann, Vorsitzender des Kreissportgerichtes Köln, über den Fall Genclerbirligi, die harte Strafe und eine Neuerung, die das Betrügen einschränken soll.

Herr Zimmermann, das Kreissportgericht Köln hat unter Ihrem Vorsitz die erste Mannschaft des JSV Köln 96 Genclerbirligi aus der Kreisliga B aufgrund eines Spielerpass-Betrugs für zwei Jahre vom Spielbetrieb ausgeschlossen. Anschließend muss das Team in der Kreisliga D starten. Was erhoffen Sie sich von diesem durchaus harten Urteil?

Zunächst einmal sollen Urteile abschrecken, das ist auch im Strafrecht so. Beim JSV war es zudem so, dass sie sich im Abstiegskampf befanden und sich in den letzten drei Spielen einen massiven Vorteil verschaffen wollten – bei dem gesperrten Spieler, der auf einem falschen Pass aufgelaufen ist, handelte es sich um eine Stammkraft. Wenn eine Mannschaft meint, betrügen zu müssen, dann wird es konsequent und kollektiv bestraft. So etwas können wir nicht dulden.

Der Trainer mag den Spieler zu dem Einsatz auf falschem Pass verleitet haben – aber die Mitspieler haben es zugelassen und nichts gesagt. Und die sind nicht alle erst seit gestern dabei. Das finde ich im höchsten Maße unsportlich. Und es ist leider kein Einzelfall.

Wie funktioniert der Betrug mit Spielerpässen?

Bislang ist es relativ einfach gewesen, auf falschen Pässen zu spielen. Es gab einen Spielerpass aus Papier, da konnte man das alte Lichtbild abziehen und ein neues draufkleben. Eigentlich gehört auf dieses Foto dann ein Vereinsstempel. Aber bei den biometrischen Passbildern ist es so, dass der Stempel nach einiger Zeit abgeht, er bleibt nicht haften. Bei den Passbildern früher war es anders, da war es eindeutig, wenn ein Passbild ausgetauscht wurde, weil der Stempel auf dem Foto nicht mehr zu dem auf dem Papier passte.

Dazu gab es noch die Möglichkeit, bei der Passstelle ein Duplikat anzufordern. Auf dem Original war der richtige Spieler zu sehen, auf dem Duplikat hätte der Klub den gleichen Namen mit einem anderen Foto verwenden können – jeweils mit Vereinsstempel. So etwas ist bislang nur selten aufgefallen. Eigentlich nur dann, wenn die gegnerische Mannschaft die jeweiligen Spieler persönlich kannte.


Axel Zimmermann, geboren in Köln, 32 Jahre alt, ist seit 2016 Vorsitzender des Kreissportgerichts Köln.

Axel Zimmermann

Zur Person: Axel Zimmermann, geboren in Köln, 32 Jahre alt, ist seit 2016 Vorsitzender des Kreissportgerichts Köln.


Seit Saisonbeginn gibt es nun eine wichtige Neuerung.

Genau. Die Papier-Spielerpässe wurden im gesamten Westdeutschen Fußball-Verband abgeschafft. Seit dem 1. Juli gibt bei allen Vereinen in NRW nur noch elektronische Spielerpässe. Diese werden im DFB-Net angelegt und sind für Schiedsrichter und Mannschaften über eine App abrufbar. Es hat den Vorteil, dass die Fotos archiviert werden und einen Zeitstempel haben und es somit klar ist, wann ein neues Bild hochgeladen wurde. Das minimiert das Betrugs-Risiko deutlich.

Wie oft wurden in der jüngeren Vergangenheit in Köln ähnliche Betrugsfälle wie der von Genclerbirligi aufgedeckt?

In der Vorsaison haben wir den SV AKM Köln ausgeschlossen, weil sie einen gesperrten Spieler auf einem anderen Pass eingesetzt haben. Von diesem Vorfall gab es eine Videoaufzeichnung. Da war sogar der damalige Vereinsvorsitzende zeitgleich Trainer.

Davor war es Germania Ossendorf. Der Verein ist aufgrund von Schiedsrichter-Angriffen und -Bedrohungen schon mehrfach aufgefallen. Sie haben zweimal Spieler auf falschen Pässen eingesetzt, am 1. Mai 2018 und exakt zwei Jahre später am 1. Mai 2020. Es hatte dann einen Zwangsabstieg und Sperren zur Folge. Ossendorf spielt derzeit noch auf Bewährung, AKM ebenfalls. Wenn die Vereine oder am Betrug nicht beteiligte Verantwortliche Einsicht zeigen und Besserung geloben, dann setzen wir das zweite Jahr der Spielsperren in der Regel zur Bewährung aus – unter strengen Auflagen.

Bislang war der Pass-Betrug relativ einfach und fiel in der Regel nur durch Zufälle auf. Wie hoch ist die Dunkelziffer?

Das lässt sich schwer einschätzen. Aber man kann von einer relativ hohen Dunkelziffer ausgehen. Man hört immer wieder, dass es bei einigen Vereinen nicht immer mit rechten Dingen zugeht. Beim Fall JSV bin ich im Verlauf der Saison zwei- oder dreimal darauf angesprochen worden. Dort hat es sich im Nachhinein ja auch bewahrheitet.

Welche persönlichen Strafen drohen im Fall JSV dem Spieler und dem Trainer, die maßgeblich in den Betrug verwickelt waren?

Der Spieler hat vollumfänglich ausgesagt, das soll ihm strafmildernd zu Gute kommen. Er ist ohnehin noch bis Oktober gesperrt. Ich gehe davon aus, dass wir eine hohe Geldstrafe gegen ihn verhängen. Trainer und Vereinsfunktionäre, die sich an solchen Passbetrügen beteiligen oder sie sogar anstoßen, erwarten in der Regel Ausübungsverbote und Geldstrafen.

Wie hoch können solche Geldstrafen ausfallen?

Wir können Geldstrafen in Höhe von bis zu 7500 Euro festsetzen. Germania Ossendorf musste damals im ersten Fall 1000 Euro und im zweiten Fall 3000 Euro Strafe zahlen. Gegen Einzelpersonen fallen die Geldstrafen in der Regel geringer aus.

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