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Schiedsrichter-DiskussionBraucht die Dritte Liga den VAR?

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Fassungslosigkeit bei Aachens Danilo Wiebe (M.): Schiedsrichter Daniel Bartnitzki zeigt nach einem angeblichen Handspiel Rot.

Fassungslosigkeit bei Aachens Danilo Wiebe (M.): Schiedsrichter Daniel Bartnitzki zeigt nach einem angeblichen Handspiel Rot.

Beim Spiel zwischen Hansa Rostock und Alemannia Aachen gab es zwei krasse Fehlentscheidungen. Ist ein Drittliga-VAR sinnvoll?

Erstaunliches ereignete sich am vergangenen Sonntag im Rostocker Ostseestadion. Der FC Hansa hatte Alemannia Aachen zum Drittliga-Topspiel zu Gast. Die Partie endete 2:2, doch mehr noch als das Ergebnis wird ihr Verlauf allen Beteiligten und Zuschauern in Erinnerung bleiben. Das liegt allen voran an Schiedsrichter Daniel Bartnitzki. Der 29-Jährige hatte den vielleicht schwärzesten Nachmittag seiner Laufbahn erwischt. So zeigte er Aachens Daniel Wiebe nach zehn Minuten die Rote Karte, weil der Verteidiger aus Bartnitzkis Sicht eine klare Torchance mit einem Handspiel verhindert hatte. Tatsächlich hatte Wiebe den Ball mit dem Rücken berührt.

Kurz vor der Pause folgte eine weitere krasse Fehlentscheidung: Aachens Joel da Silva Kiala hatte den Ball außerhalb des Strafraums mit dem Kopf abgewehrt – Bartnitzki machte daraus ein Handspiel im Sechzehner und entschied auf Elfmeter. Rostock nutzte das Geschenk zum 1:1-Ausgleich. Vermutlich ist es dem Aachener Comeback in Unterzahl in der zehnten Minute der Nachspielzeit zum 2:2-Endstand zu verdanken, dass sich der Ärger der Alemannia nach Abpfiff noch in Grenzen hielt. „Der Schiri macht es mit Sicherheit nicht mit Absicht, und für den geht es auch schnell. Deswegen lassen wir ihn jetzt in Ruhe. Der ist selbst sauer, wenn er das sieht, weil er weiß, dass es zwei krasse Fehlentscheidungen waren“, sagte Aachens Kapitän Bentley Baxter Bahn.

„Rabenschwarzer Tag“ für Daniel Bartnitzki

Bartnitzki hatte sich bereits nach Spielende bei MagentaSport erklärt und Fehler eingestanden. Einige Tage später sprach der Erfurter mit der „Thüringer Allgemeinen“ über die Partie. Es seien zwei Fehlentscheidungen gewesen, „die mir nicht passieren dürfen“, das stehe außer Frage, so der Schiedsrichter. Er sei ein „rabenschwarzer Tag“ gewesen. „Ein bisschen Abstand zu gewinnen, hat geholfen, aber abschütteln lässt sich das nicht so schnell“, sagte Bartnitzki. „Es ist schon viel los, und ich beschäftige mich auch mit den Reaktionen.“ Neben der ausführlichen Berichterstattung habe er persönlich Zuschriften erhalten, „die krass sind und unter die Gürtellinie gehen“.

Die Fehler auf dem Platz und die Auswirkungen auf Bartnitzki verhindert hätte ein Videoschiedsrichter, wie er in den Bundesligen im Einsatz ist. In der Dritten Liga wird die Technologie nicht genutzt – vor allem aus technischen und finanziellen Gründen. Doch Szenen wie jüngst in Rostock haben die Debatte wieder befeuert. Auch Viktoria Köln beklagte sich zuletzt über Fehlentscheidungen der Unparteiischen. Beim 2:3 in Cottbus hatte Florian Engelhardt eine zweifelhafte Rote Karte gesehen, die das Fundament der Höhenberger Niederlage bildete.

Drittligisten waren zuletzt gegen VAR-Einführung

Alexander Feuerherdt, Leiter Kommunikation der DFB-Schiri GmbH, sagte dieser Zeitung: „Die Schiedsrichter hätten in der Dritten Liga nichts gegen einen zweiten Blick. Aber sie sind nur die Dienstleister. Die Klubs müssen entscheiden, ob sie einen VAR in der Dritten Liga möchten, sie finanzieren ihn dann auch. Klar ist aber auch: So ein VAR wäre kein Allheilmittel.“ Im vergangenen hatten sich die Drittligisten mit „deutlicher Mehrheit“ gegen eine Einführung des Videoschiedsrichters ausgesprochen, „unter anderem in Abwägung von Kosten und Nutzen“, erklärte der DFB auf Anfrage. „Man muss bedenken: Mit dem derzeitigen Kamera-Setup könnte man in der Dritten Liga viele Situationen nicht auflösen – dabei reden wir nicht von solchen Fehlentscheidungen wie zuletzt in Rostock. Aber in den Stadien der Dritten Liga gibt es teilweise nur vier Kameras – in den Bundesligen sind es bis zu 28“, erklärte Feuerherdt. Der DFB teilte mit: „Das erschwert es, strittige Situationen in der Dritten Liga zufriedenstellend einzusehen und aufzulösen. Die mögliche Folge könnten zusätzliche Diskussionen und eine noch größere Enttäuschung der Betroffenen sowie der Öffentlichkeit sein.“

Dennoch bleibt das Thema Drittliga-VAR in der Diskussion. „Bei der anstehenden Managertagung im Februar soll das Thema erneut behandelt werden. Technische Weiterentwicklungen und neu getestete Modelle behalten wir immer im Auge. Diese müssen in Einklang mit den internationalen Regeln stehen, die von Ifab (Fußball-Regelhüter, d. Red.) und Fifa vorgegeben sind“, hieß es vom DFB. Es könne nicht jedes Land und jede Liga unabgesprochen etwas ausprobieren.

„Kein gutes Wochenende für Drittliga-Schiedsrichter“

„In den weiteren Diskussionen muss aber mit allen Beteiligten die Frage geklärt werden, inwieweit der VAR in der Dritte Liga Liga tatsächlich gewollt ist. Die Fans schätzen die Dritte Liga für puren, ursprünglichen Fußball, das unmittelbare Erlebnis, als etwas andere Profiliga“, äußerte der DFB. „Wie groß das Spannungsfeld und wie kontrovers zum Teil die Meinungen sind, zeigt sich Woche für Woche. Während in den Bundesligen schlagzeilenträchtig von einigen Trainern und Spielern bemängelt wird, der VAR habe negativen Einfluss auf die Emotionen, fordern in der Dritten Liga andere die Einführung des VAR, um den Fußball gerechter zu machen. Unmittelbare Betroffenheit wirkt dabei als Katalysator.“

Mit Blick auf die nicht vorhandene Unterstützung eines Videoschiedsrichters sagte Bartnitzki: „Generell ist es unabhängig von der Liga der Anspruch jedes Schiedsrichters, die Situationen auf dem Feld richtig zu entscheiden. Das hätte ich am Sonntag besser machen müssen.“ Feuerherdt entgegnete der Pauschalkritik, nach der das Leistungsniveau der Unparteiischen gesunken sei: „Das vergangene Wochenende war für die Schiedsrichter der Dritten Liga nicht gut, es gab ein paar deutliche Fehlentscheidungen. Insgesamt können wir aber nicht beobachten, dass es im Vergleich zur letzten Saison einen signifikanten Leistungsabfall gibt.“