FrauenfußballBayer 04 kann das Schicksal des einst großen 1. FFC Turbine Potsdam besiegeln

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ARCHIV - 20.05.2010, Spanien, Madrid: Die damalige Torhüterin Anna Felicitas Sarholz (grün) und ihre Mitspielerinnen von FFC Turbine Potsdam jubeln mit dem Pokal im Alfonso-Perez-Stadion, nachdem sie das Elfmeterschießen gegen Olympique Lyonnais im Champions-League-Endspiel gewonnen haben. (zu dpa «Männer-Bundesligisten und Frauenfußball: Von der Liaison zur Zweckehe») Foto: Sergio Barrenechea/epa efe/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

2010 gewann Turbine Potsdam die Champions League. 2023 wird der Klub aus der Bundesliga absteigen.

Der zweifache Champions-League-Sieger steht vor dem Abstieg. Die Ex-Leverkusenerin Anna Wellmann sucht Erklärungen.

Während die Leverkusener Erstliga-Fußballerinnen davon träumen dürfen, Platz fünf zu behaupten und damit eine Vereinsbestmarke einzustellen, droht einige Hundert Kilometer weiter östlich eine Ära zu Ende zu gehen.

Turbine Potsdam, seit dem Aufstieg 1994 ununterbrochen in der Beletage des deutschen Frauenfußballs vertreten, steht als abgeschlagenes Schlusslicht vor dem Abstieg. Sechs Meisterschaften und zwei Champions-League-Siege zeugen von der Klasse des Vereins aus der brandenburgischen Landeshauptstadt in den vergangenen drei Jahrzehnten.

Doch die glorreichen Zeiten sind vorüber. Drei Spieltage vor Schluss, ist der Rückstand auf das rettende Ufer beinahe so groß, wie die gesamte bisherige Punktausbeute. Acht Zähler hat die Mannschaft gesammelt, sieben weniger als der Tabellenzehnte 1. FC Köln.

Anna Wellmann trifft auf ihre ehemaligen Kolleginnen

„Noch ist rechnerisch der Ligaerhalt möglich. Solange werden wir nicht aufgeben. Aber wir sehen die Situation realistisch. Wir müssen alle drei ausstehenden Spiele gewinnen und treffen mit Leverkusen, Frankfurt und Bayern auf drei schwere Gegner. Die Chancen auf die Rettung sind also begrenzt“, sagt Turbine-Spielerin Anna Wellmann, die zum Auftakt dieses Schlussakkords auf einstige Weggefährtinnen trifft.

Zweieinhalb Jahre hat die Torhüterin, die in Kaufbeuren ihre Vereinslaufahn begann, für Bayer 04 gespielt. 2021 wechselte sie dann nach Brandenburg. „Ich hatte in Leverkusen eine gute Zeit. Insbesondere die zweite Saison unter Trainer Achim Feifel war überragend, weil wir einen extrem guten Teamspirit hatten“, blickt sie zurück.

Bayer 04, sagt sie, behalte sie für immer als den Klub in Erinnerung, bei dem sie ihr Bundesligadebüt gegeben und einige erfolgreiche Pokalspiele bestritten habe. Anfang 2019 stieß Wellmann zum Leverkusener Team. Rund elf Monate später, beim 1:0-Sieg beim 1. FFC Frankfurt im DFB-Pokal-Achtelfinale, gab sie ihr Pflichtspieldebüt und ersetzte die verletzte Stammtorhüterin Anna Klink auch kurz darauf im Derby beim 1. FC Köln (3:4). Zwar folgten noch einige Einsätze, letztlich blieb Wellmanns Durchbruch aber aus und die gebürtige Xantenerin wechselte nach Potsdam.

Freundschaften zu Leverkusener Spielerinnen ruhen vor dem Duell

Der Kontakt nach Leverkusen ist jedoch nie ganz abgerissen. „Es gibt noch einige bekannte Gesichter. Mit Melissa Friedrich und Kristin Kögel habe ich noch immer Kontakt. Am Samstag wird die Freundschaft allerdings ruhen“, betont sie mit Blick auf das Match, das um 13 Uhr beginnt. „Auf das Duell mit einem ehemaligen Verein freut man sich immer besonders“, sagt die Torhüterin, die ihrem alten Verein wünscht, dass er künftig sein gesamtes Potenzial ausschöpft. „Dann könnte noch mehr als Platz fünf drin sein“, glaubt sie.

In Potsdam sind die Zeiten andere. „Wir wissen, dass wir die schlechteste Defensive stellen. Dazu gehöre auch ich. Ich bin eine selbstkritische Spielerin und sehe auch meine Fehler. Letztlich steht aber das gesamte Team in der Verantwortung“, findet die 27-Jährige mit Blick auf einen traurigen Bestwert: 49 Gegentreffer musste Potsdam hinnehmen, mehr als alle Konkurrenten.

„Bei der Analyse der Entwicklung unseres Teams muss man den Gesamtkontext sehen. Der Kader ist nicht mit dem der Vergangenheit zu vergleichen“, erklärt sie. Wo ihr Weg hinführt ist noch offen. „Die Gespräche laufen. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass ich bei Turbine bleibe“, sagt sie. Noch gelte der Fokus ohnehin dem Saisonendspurt.

Leverkusen muss auf mehrere Spielerinnen verzichten

In Potsdam muss Bayer 04 auf die verletzten Clara Fröhlich und Caroline Siems sowie die erkrankten Anne Moll und Enderle verzichten. Offen ist, ob die angeschlagenen Friederike Repohl, Sylwia Matysik und Mia Eickmann rechtzeitig fit werden.

„Potsdam will die letzte Chance ergreifen, um sich vor dem Abstieg zu bewahren. Ich erwarte daher, dass sie nochmal alles reinwerfen werden. Darauf müssen wir vorbereitet sein. Sie haben in der Rückrunde mehr Punkte geholt als in der Hinrunde und sich auch spielerisch verbessert. Wir müssen den Potsdamerinnen daher von Beginn an zeigen, dass wir zu ihnen gekommen sind, um die drei Punkte mitzunehmen“, sagt Bayer-Coach Robert de Pauw.

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