Rund um KölnWie Didi Thurau 1974 alle austrickste

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Zieleinlauf 1974: Dietrich Thurau vor Hermann Jungbluth. Rechts neben dem Motorrad: Organisator Artur Tabat. 

  • Am Sonntag startet die 103. Auflage des Radrennens Rund um Köln.
  • Ein besonders skurriles Rennen gab es 1974.
  • Didi Thurau wendete damals einen Trick an, der für große Kontroverse sorgte.

Köln – Am Sonntag ist der Kölner Süden wieder eine Radsport-Region, am Rheinauhafen in Höhe des Harry-Blum-Platzes startet und endet Rund um Köln, der rheinische Klassiker, der am 2. Juni seine 103. Auflage erlebt. Abgewunken werden die Fahrer aus 20 Teams um 10.35 Uhr, zurückerwartet werden sie nach 206,6 Kilometern zur finalen Zielpassage gegen 16 Uhr.

Viele skurrile Rennverläufe haben sich in der langen Historie des Rennes seit der Premiere im Jahr 1908 ergeben, 2008 zum 100. Geburtstag etwa musste es sogar abgesagt werden – wegen Schneefalls am Ostermontag, ein verzichtbares Erlebnis für die Organisatoren. Doch vor allem das Rennen des Jahres 1974 war ein besonderes, darauf weisen die Autoren Florian Summerer und Daniel Lenz nun in ihrem Buch „Flamme Rouge – Nur noch 1000 Meter“ hin.

Rund um Köln war Amateur-Rennen

In diesem Fall erzählen der Lövenicher Hermann Jungbluth und der Frankfurter Dietrich Thurau einen gemeinsamen Kölner Karrieremoment, damals war Rund um Köln ein Amateur-Rennen. Thurau, in jenem Frühjahr gerade 19, sowie Jungbluth, 24 Jahre alt und der Vorjahressieger, bildeten ein Führungsduo, das sich 20 Kilometer vor dem Ziel absetzen konnte. 1974 war die Streckenführung eine ganz andere als heute, das Rennen führte durch die Eifel und endete nach 175 Kilometern auf der Kölner Wilhelm-Mauser-Straße.

Radsportmesse am Rheinauhafen

Das Profirennen Rund um Köln startet am Sonntag um 10.35 Uhr in Höhe des Harry-Blum-Platzes am Rheinauhafen. Weiter geht es über die Deutzer Brücke ins Bergische Land und zurück nach Köln. Drei Zielschleifen über die Severinsbrücke nehmen die Fahrer noch, ehe dann, nach 206,6 Kilometern, gegen 16 Uhr die Zielgerade – wieder am Harry-Blum-Platz –  erreicht ist. Im Start- und Zielbereich gastiert eine große Radsport-Messe mit Bühnenprogramm. Der neue Renn-Organisator Alexander Donike, seit diesem Jahr Nachfolger von Artur Tabat, rechnet mit 4250 Jedermann-Startern. Meldungen für die Hobbyfahrer sind bis Samstag im Internet möglich. www.ruk.de

Thurau galt in jener Zeit als die große deutsche Radsporthoffnung. An diesem nasskalten 5. Mai schafft er es zwar, zu dem Ausreißer Jungbluth aufzufahren, doch mehr scheint nicht mehr zu gehen für den erschöpften Jungamateur. Er soll Jungbluth gebeten haben, ihn mitrollen zu lassen. Der Sieg würde an Jungbluth gehen. Das hat Jungbluth den Autoren so bestätigt.

Thurau überrascht Jungbluth

Der Abstand zu den Verfolgern ist groß, bis zu drei Minuten, doch dann verfährt sich das Duo, nimmt eine falsche Abbiegung, schafft es aber immer noch mit 90 Sekunden Vorsprung zurück auf die Strecke. Auf der Zielgeraden angekommen attackiert Thurau plötzlich und lässt den verblüfften Jungbluth hinter sich: Sieg für den 19-Jährigen. „Ich habe einfach darauf vertraut, dass Didi sein Wort hält und bin dann nur über den Zielstrich gerollt“, erzählt Jungbluth.

Der damalige Renn-Organisator Artur Tabat bestätigt Jungbluths Version und sagt dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Thurau war platt und hat Jungbluth gebeten, ihn am Hinterrad mitzuziehen. Dafür würde er dem Jungbluth den Sieg überlassen. Hat er aber nicht getan. So was macht man nicht.“ Thurau wiederum sagt heute, es habe keine Absprachen gegeben.

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Wie dem auch sei, der damalige Bundestrainer Rudi Altig war auch vor Ort, hatte die Geschichte mitbekommen und verweigerte Thurau die Gratulation. Für den Sieger von Köln jedoch begann die Karriere so richtig, er erhielt den ersehnten Profivertrag und fuhr drei Jahre später nach 15 Tagen im Gelben Trikot auf Rang fünf der Tour de France. Jungbluth wiederum sei zwar konsterniert gewesen, habe seine Niederlage „aber ruhig und fair hingenommen“, sagt Tabat. Der Zweite von 1974 blieb Amateurfahrer, studierte Mathematik und war später IT-Chef bei einem Remscheider Autozulieferer.

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