Die Fis reagiert auf Paige Jones’ Kritik an der Untersuchung durch einen männlichen Arzt, plant Veränderungen und entschuldigt sich.
Wintersport-Verband reagiertSkispringerin muss sich vor Arzt nackt ausziehen und fühlt sich „eklig“

Kritisiert die Kontrolle durch den Arzt: Paige Jones.
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In einer Küche sitzend, trägt Paige Jones einen grauen Kapuzenpulli und große schwarze Kopfhörer, während sie ruhig und sachlich über ihre Erfahrungen berichtet. Die US-Skispringerin, bislang eher außerhalb der Szene wenig bekannt, schildert ihre Erlebnisse im Podcast „Good Game with Sarah Spain“ und was sie erzählt, sorgt bereits für Aufsehen und erste Konsequenzen beim Ski-Weltverband FIS.
Jones, 22 Jahre alt, berichtet von einer routinemäßigen Untersuchung und Körpervermessung in Courchevel. Doch dieses Mal verlief der Ablauf anders als in den Jahren zuvor: Nicht wie gewohnt eine Frau, sondern ein Mann führte die Untersuchung durch. Zudem mussten sie und die anderen Athletinnen sich vollständig entkleiden, nicht, wie bisher üblich, nur bis auf die Unterwäsche.
Weltverband reagiert
„Der Arzt sagte, er arbeite in einem Teilbereich der Gynäkologie, aber wir mussten uns vor diesem männlichen Arzt quasi nackt ausziehen“, beschrieb die 22-Jährige. Zwar habe die Fis den Athletinnen ermöglicht, die Untersuchung zu verweigern - doch nicht ohne Konsequenzen. „Dann könnt ihr nicht am Wettkampf teilnehmen“, hieß es laut Jones in dieser Situation, die Skispringerin nannte dies „eine Illusion von Entscheidungsfreiheit“.
Die Fis bedauerte die Unannehmlichkeiten und kündigte an, das Prozedere verändern zu wollen. „Die Fis erkennt dieses konstruktive Feedback an und verpflichtet sich hiermit, weiblichen Athleten künftig die Möglichkeit zu bieten, sich von einer Ärztin untersuchen zu lassen“, hieß es schriftlich auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.
Man verstehe, „dass die Anwesenheit eines männlichen Arztes von weiblichen Athleten als unangenehm empfunden werden kann“. Was die Fis unangenehm nennt, beschrieb Jones drastischer. „Es hat sich so eklig und falsch angefühlt, dass ich zu einer erwachsenen Person, der ich vertraue, gehen und es den Leuten da draußen einfach erzählen musste“, sagte die Sportlerin - sie öffnete sich deshalb Sportreporterin Sarah Spain in dem Podcast.
Bodyscan als Grundlage für Anzüge
Als zusätzliche Maßnahme zur Vermeidung von Manipulationen wurde im Sommer 2023 der 3D-Bodyscan eingeführt. Gemeinsam mit der zuvor durchgeführten körperlichen Untersuchung bildet er die Grundlage für die Passform der Anzüge, die die Athletinnen und Athleten im kommenden Winter sowie beim Sommer-Grand-Prix verwenden dürfen. Angesichts des Anzug-Skandals bei der Nordischen Ski-WM im März in Trondheim gilt dieses Thema derzeit als besonders sensibel.
Weil es auch bei dem Prozedere laut Fis-Angaben immer wieder Betrugsversuche wie „das Ankleben prothesenähnlicher Teile“ gegeben hatte, entwickelte der Weltverband die Untersuchung weiter.
Bei dieser hatten sich Athletinnen und Athleten nun für eine kurze Zeit komplett auszuziehen, wie Jones schilderte. „Sobald er sagte, dass alles in Ordnung sei, zogen wir unsere Unterwäsche wieder an und ließen den 3D-Körperscan durchführen“, sagte die Sportlerin.

Heinz Kuttin hat derartiges Unbehagen im deutschen Team nicht vernommen.
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Bundestrainer: Kein Thema in unserem Team
Die deutschen Skispringerinnen haben vor dem Start des Sommer-Grand-Prix in Frankreich dasselbe Prozedere durchlaufen, den Vorgang aber offensichtlich komplett anders empfunden. „Da war ein Schweizer Arzt, der hat das beim Bodyscan ganz toll erklärt. Er hat das bei den Athletinnen mit Anstand und Respekt gemacht. Das war in unserem Team überhaupt kein Thema“, sagte Bundestrainer Heinz Kuttin der dpa.
Der US-Sport ist für das Thema besonders sensibilisiert, weil man nach dem Fall Larry Nassar „Ärzten grundsätzlich misstraut“, wie Jones ausführte. Der US-Sportarzt hatte über Jahre hinweg mehr als 250 Frauen und Mädchen sexuell missbraucht – darunter auch die vielfache Olympiasiegerin Simone Biles. Lange blieb sein Verhalten unbehelligt, bis er schließlich 2018 vor Gericht stand und zu einer Gesamtstrafe von bis zu 175 Jahren Haft verurteilt wurde.
Die Fis zeigte Verständnis für das Unbehagen der Sportlerin. Der Weltverband setze sich für fairen Wettkampf und gegen Betrug und Manipulation ein. „Dabei achten wir stets auf die Sicherheit und das Wohlbefinden der Athleten. Dies ist nicht verhandelbar“, hieß es von der Fis. (dpa)