Viktoria-Kapitän Wunderlich„Ich wollte es mir einfach selbst noch mal beweisen“

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Viktoria Kölns Kapitän Mike Wunderlich (M.)

  • Nach dem langersehnten Aufstieg spielt Mike Wunderlich die erste Drittliga-Saison mit dem FC Viktoria Köln.
  • Im Interview spricht der Kapitän der Höhenberger über die Corona-Zwangspause und deren Auswirkungen.
  • Von Geisterspielen in der Dritten Liga hält Wunderlich nicht viel.

Köln – Herr Wunderlich, wie sieht in Zeiten der Corona-Pandemie der Alltag eines Drittliga-Profis aus?

Jeder Spieler hielt sich zuletzt individuell fit. Ich konnte ein Spinning-Bike mitnehmen, und Joggen war ja auch alleine möglich. Ansonsten hat man jetzt natürlich viel Zeit für andere Dinge als Fußball.

Zum Beispiel, häufiger mit den eigenen Kindern zu spielen? Sie haben zwei Söhne im Alter von sechs und zehn Jahren...

Das hat sich natürlich schon verändert. Normalerweise gehe ich morgens zum Training und die Jungs sind in der Schule. Auch am Nachmittag haben wir wenig Zeit füreinander, alles in allem vielleicht zwei Stunden am Tag.

Sind Sie nun auch für die Zubereitung des Mittagessens im Hause Wunderlich zuständig?

(lacht) Natürlich, wobei ich auch sonst gerne koche. Nudeln in allen Variationen sind besonders beliebt, zwischendurch aber auch schon mal Pommes.

Zur Person

Mike Wunderlich (34), geboren in Köln, spielte in der Jugend für Viktoria Köln und den 1. FC Köln und rückte anschließend in die U 23 des FC auf. 2008 wechselte der Mittelfeldspieler zu Rot-Weiss Essen in die Regionalliga West. In der Saison 2010/2011 absolvierte der Sohn von Viktoria-Sportvorstand Franz Wunderlich 28 Spiele (fünf Tore) für den FSV Frankfurt in der 2. Bundesliga, entschied sich im folgenden Jahr aus gesundheitlichen Gründen aber für einen Wechsel zum FC Viktoria Köln, für den er seit 2011 spielt und seitdem in 269 Spielen 167 Tore erzielte. Mike Wunderlich ist verheiratet und Vater von zwei Söhnen. (ol)  

Ihre Söhne spielen ebenfalls im Verein, im Garten haben Sie einen Fußball-Parcours aufgebaut. Halten Sie sich gemeinsam fit?

Das habe ich gemacht, weil die beiden Fußball lieben und einfach Spaß daran haben, vor allem an Übungen mit Torabschluss. Mein Programm absolviere ich im Moment aber eher alleine am Nachmittag.

Die Dritte Liga pausiert. Was glauben Sie, wie es weiter geht?

Da eine Prognose abzugeben, ist natürlich schwierig, zumal die Anzahl der Erkrankungen ja auch nicht abnimmt. Aktuell an Fußball zu denken, fällt mir schon schwer. Andererseits hoffe ich aber, dass wir irgendwann wieder spielen können – wenn es gesundheitlich Sinn macht.

Wenn Sie Funktionär beim Deutschen Fußball-Bund wären: Wie würden Sie entscheiden?

Geisterspiele finde ich schwierig, schon aus finanziellen Gründen. Abgesehen davon hat das für mich auch wenig mit Fußball zu tun. Vielleicht ist es ja möglich, durch die verlegte EM länger zu spielen. Wenn das auch nicht geht, dann würde ich eher auf Abbruch der Saison plädieren. So oder so: Es ist eine schwierige Aufgabe für den DFB.

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Der FC Viktoria hat vor einigen Wochen für Spieler, Trainer und Mitarbeiter Kurzarbeit beantragt. Eine korrekte Entscheidung aus Ihrer Sicht?

Definitiv. Das machen ja fast alle Klubs in der Liga so. Wenn wir darüber hinaus noch dazu beitragen können, den einen oder anderen Job zu retten, ist das natürlich überragend. Wir alle haben zu hundert Prozent hinter dieser Entscheidung gestanden.

Als Kapitän sind Sie wesentlich mitverantwortlich für die Stimmung im Team. Wie lässt sich der Mannschaftsgeist derzeit aufrechterhalten, wenn kein gemeinsames Training stattfindet?

Höchstens über einige Späße in der Whatsapp-Gruppe. Ansonsten ist es natürlich eine schwierige Situation für eine Mannschaft, zumal man sich ja auch außerhalb des Platzes nicht sehen darf. Eine solche Situation ist für alle neu und hat es so wahrscheinlich noch nie gegeben.

Sie würden also einem Fußballspiel im Stadion den Platz auf der heimischen Couch am Wochenende vorziehen?

Für eine gewisse Zeit ist es schon nett, daheim zu sein. Das kennt man ja auch aus der Sommerpause. Auf Dauer fehlt einem der Fußball aber schon. Die Emotionen des Gewinnens und Verlierens sowie die Stimmung in den Stadien vermisse ich sehr.

Die Viktoria hatte nach einer langen Durststrecke zuletzt einen guten Lauf. Falls noch einmal gespielt werden kann: Was ist in dieser Saison noch möglich?

Drei Siege zuletzt am Stück waren schon ein sehr positives Signal. Wir haben zusammengestanden, haben füreinander gekämpft. Trotzdem haben wir gerade einmal drei Punkte Vorsprung auf einen Abstiegsplatz. Das sollten wir im Blick behalten.

Auch für Sie persönlich lief es bislang höchst erfreulich. Haben Sie sich Ihre erste Drittliga-Saison so vorgestellt?

Ich wollte es mir einfach selbst noch mal beweisen. Und ich finde, das hat bislang auch ganz gut funktioniert. Ich habe elf Tore erzielt und sieben weitere vorbereitet, die Statistik spricht für sich.

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