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ErziehungshilfenFamilien in Krisen steht kostenlose Unterstützung zu

5 min
Eine junge Familie sitzt zusammen mit einem Baby und einer Erziehungshelferin auf dem Sofa. Sie kämmt das kleine Kind.

Jede Familie, die Erziehungshilfen benötigt, hat einen rechtlich verbrieften Anspruch darauf.

Von Hausaufgaben-Betreuung bis betreutes Wohnen: 360.000 Kinder und Jugendliche werden in NRW unterstützt

 „Wenn du dich nicht änderst, holt dich das Jugendamt, dann kommst du ins Heim“ – mit solchen Drohungen werden Kinder auch heute noch verunsichert. „Die sich dahinter verbergenden Klischees müssen aus der Welt geschafft werden“, fordert Anke Peters, Pädagogische Leiterin in der Kinder- und Jugendhilfe St. Josef der Caritas Jugendhilfe Köln: „Es gibt keine Heime mehr, sondern Wohngruppen, in denen junge Menschen nicht zu 20. in einem riesigen Schlafsaal leben, sondern in einer großen Wohnung mit Einzelzimmern, gemeinsamer Küche und gemeinsamen Wohnzimmer.“

Auch Jörg Marquardt, Geschäftsführer der Kinder und Jugendhilfe der Diakonie Michaelshoven betont: „Die Entscheidung, Kinder von ihren Eltern zu trennen, ist eine letzte Option. Im Vorfeld werden zahlreiche Hilfestellungen gegeben, um die Familien bei der Erziehung zu unterstützen.“

Recht auf kostenlose Hilfe bei Krisen in der Familie

Sogenannte Erziehungshilfen richten sich an Familien, die in einer Krisensituation Unterstützung brauchen. Hierzulande haben alle jungen Menschen ein Recht auf Erziehung und auf Förderung ihrer Entwicklung – und Eltern einen Rechtsanspruch auf kostenfreie Hilfen zur Erziehung, wenn sie nötig ist, sprich: Wenn eine Erziehung zum Wohle der Kinder nicht mehr gewährleistet ist, Eltern ihre Kinder nicht mehr angemessen unterstützen und versorgen können – zum Beispiel bei Problemen in der Bewältigung des Familienalltages aufgrund von langanhaltender Arbeitslosigkeit, dauerhafter Armut oder Krankheit. Bei Krisen durch Trennung oder Scheidung. Bei Sucht, Gewalt oder in schwierigen Entwicklungsphasen der Kinder, die das Familienleben belasten.

Erziehungshilfen sind im Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) verankert und reichen von ambulanten Angeboten über teilstationäre Hilfen bis hin zu stationären Unterbringungen. Auch für junge Volljährige gibt es Hilfen, um selbstständig leben zu lernen.

360.000 Kinder allein in Nordrhein-Westfalen erreicht

Wer diese Hilfen in Anspruch nehmen möchte, kann sich an das Jugendamt wenden. Wenn dessen Mitarbeitenden Unterstützungsbedarf sehen, können sie auch von sich aus Hilfen empfehlen. Kinder und Jugendliche, Großeltern oder Vormünder können sich auch selbstständig ans Jugendamt wenden. Die Eltern müssen davon nichts wissen. Manchmal regen auch Kita, Schule oder Polizei an, dass die Familie eine solche Hilfe erhalten sollte, die in der Regel nicht vom Jugendamt erbracht wird, sondern von Trägern der freien Jugendhilfe. Knapp 360.000 Kinder und Jugendliche haben in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2024 eine Erziehungshilfe erhalten – rund 60.000 von ihnen waren stationär untergebracht oder lebten in Pflegefamilien.

Anke Peters

Je eher Hilfen installiert werden, desto größer sind die Erfolgsaussichten, gemeinsam mit der Familie Perspektiven zu entwickeln. Je länger man wartet, desto schwieriger wird es, den Wendepunkt zu erreichen.
Anke Peters, Pädagogische Leiterin in der Kinder- und Jugendhilfe St. Josef der Caritas Jugendhilfe Köln

Eine Möglichkeit, Familien gezielt zu unterstützen, ohne dass die Kinder ihr Zuhause verlassen müssen, sind sogenannte ambulante Hilfen. Eine Fachkraft besucht die Familie regelmäßig zu Hause, hilft bei Erziehungsfragen, gibt Struktur im Alltag und begleitet Eltern und Kinder zu wichtigen Terminen – etwa in die Schule oder zum Arzt. Eine weitere Unterstützungsmöglichkeit sind „teilstationäre Hilfen“. Dabei verbringen Kinder oder Jugendliche einen Teil des Tages in einer pädagogischen Einrichtung, kehren aber am Abend in ihre Familien zurück. Nach der Schule erhalten sie Unterstützung bei den Hausaufgaben, soziales Training und Freizeitangebote.

So früh wie möglich Hilfe beantragen

„Je eher Hilfen installiert werden, desto größer sind die Erfolgsaussichten“, betont Peters. Dann habe man die beste Chance, gemeinsam mit den Familien Perspektiven zu entwickeln. „Je länger man wartet, desto schwieriger wird es, den Wendepunkt zu erreichen.“ Auch für Melanie Berg war die Unterstützung ein Wendepunkt. Lange hat sie versucht, ihrer psychisch erkrankten Tochter allein zu helfen. Schließlich zog die 49-Jährige die Reißleine und wandte sich an die Diakonie. „Dort wurde uns geholfen, nach der passenden Wohngruppe zu suchen. Unserer Tochter geht es jetzt viel besser. “

„Es gibt keine Fibel, in der man die passende Erziehungshilfe nachschlagen kann. Das wichtigste Werkzeug sind unsere Fachkräfte, die mit viel Know-how arbeiten und individuell auf jede Familie und jedes Kind eingehen. Was braucht dieses Kind?“, sagt Peters.

Entspannteres und einfacheres Leben als zu Hause

Lisa Zidek lebt seit fast vier Jahren in einer Wohngruppe der Diakonie Michaelshoven und engagiert sich im Jugendparlament der Einrichtung, um die Mitspracherechte der Kinder und Jugendlichen in stationären Wohngruppen zu stärken. „Ich hatte Probleme zu Hause. Meine ersten Berührungspunkte mit der Jugendhilfe war zunächst eine ambulante Einzelfallhilfe. Irgendwann wurde dann beschlossen, dass ich in einer Wohngruppe leben soll. Das war für mich anfangs superschwer, aber rückblickend war es die beste Entscheidung. Das Leben ist entspannter und einfacher als zu Hause. Ich erfahre hier sehr viel Wertschätzung und Unterstützung.“

Jörg Marquardt

Manchmal reichen nur wenige Hausbesuche, in anderen Fällen bleiben Kinder ein Jahr oder länger, wenn sie aus verschiedenen Gründen nicht zu ihren Eltern zurückkehren können
Auch Jörg Marquardt, Geschäftsführer der Kinder und Jugendhilfe der Diakonie Michaelshoven

Die Kinder und Jugendlichen, die in den Wohngruppen ein neues Zuhause auf Zeit finden, sind zwischen fünf und 18 Jahren alt und können bis zur Verselbstständigung bleiben. „Wir fördern mit individuellen Maßnahmen, dass die gestörte Verbindung zwischen Kindern und Eltern wieder intakt kommt, und versuchen gemeinsam, einen Ausweg aus schwierigen Situationen zu finden. Deshalb ist die Verweildauer unterschiedlich: Manchmal reichen nur wenige Hausbesuche, in anderen Fällen bleiben Kinder ein Jahr oder länger, wenn sie aus verschiedenen Gründen nicht zu ihren Eltern zurückkehren können“, sagt Marquardt.

Damit Kinder und ihre Familien gestärkt aus Krisen hervorgehen

„Erziehungshilfen sind kein Zeichen von Schwäche, sondern eine wichtige Unterstützung, damit Kinder, Jugendliche und Familien gestärkt aus Krisen hervorgehen und junge Menschen ihren Platz in der Gesellschaft finden können“, betont Peters. Deshalb sei es fatal, gerade in diesen Bereichen Gelder zu streichen. Statt erst in akuten Krisensituationen einzugreifen, brauche es mehr präventive Angebote. Andernfalls verlagerten sich die Probleme von der Jugendhilfe in die Sozialhilfe oder gar in die Vollzugsanstalten. Dafür sei ein stärkerer politischer Rückhalt vonnöten: „Die Kommunen sind überlastet, wir brauchen den Bund“, mahnt Marquardt.


So können Sie helfen

Auszug aus dem neuen wir helfen-Folder 2025_2026

  1. Mit unserer neuen Jahresaktion „wir helfen: Kinder frühzeitig auf den guten Weg zu bringen“ bitten wir um Spenden für präventive Projekte in Köln und der Region, die Kinder und Jugendliche stärken und vor Gefahren schützen.
  2. Die Spendenkonten lauten: wir helfen, der Unterstützungsverein von M. DuMont Schauberg e.V.
  3. Kreissparkasse Köln, IBAN: DE03 3705 0299 0000 1621 55
  4. Sparkasse Köln-Bonn, IBAN: DE21 3705 0198 0022 2522 25
  5. Wünschen Sie eine Spendenbescheinigung, geben Sie bitte +S+ im Verwendungszweck an. Sollten sie regelmäßig spenden, ist auch eine jährliche Bescheinigung möglich. Bitte melden Sie sich hierzu gerne per E-Mail bei uns. Soll Ihre Spende nicht veröffentlicht werden, notieren Sie +A+ im Verwendungszweck. Möchten Sie anonym bleiben und eine Spendenbescheinigung erhalten, kennzeichnen Sie dies bitte mit +AS+.
  6. Bitte geben Sie in jedem Fall auch immer ihre Adresse an. Auch wenn Sie ein Zeitungsabonnement der „kstamedien“ beziehen, ist Ihre Adresse nicht automatisch hinterlegt.
  7. Sollten Sie per PayPal spenden, beachten Sie bitte, dass Ihre Spende immer anonym ist. Wünschen Sie eine Spendenbescheinigung, schicken Sie eine E-Mail an uns.
  8. Sollten Sie anlässlich einer Trauerfreier, einer Hochzeit oder eines Geburtstags zu einer Spendenaktion aufzurufen, informieren Sie uns bitte vorab per E-Mail über die Aktion. Sehr gerne lassen wir Ihnen dann, zwei Wochen nach dem letzten Spendeneingang, die gesammelte Spendensumme zukommen.
  9. Kontakt: „wir helfen e.V.“, Amsterdamer Straße 192, 50735 Köln, Telefon: 0221-224-2789 (Allgemeines/Anträge, Regine Leuker und Meike Voyta), 0221-224-2130 (Geschäftsführung/Redaktion, Caroline Kron), wirhelfen@kstamedien.de
  10. Mehr Informationen und die Möglichkeit, online zu spenden, finden Sie auf unserer Vereinshomepage www.wirhelfen-koeln.de