Zirkus-AG im Juze WeidenSeilspringen fürs Selbstvertrauen

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Saman steht in der Manege, die anderen Kinder schauen ihm – auch durch die Kamera – zu.

Saman steht in der Manege, die anderen Kinder schauen ihm – auch durch die Kamera – zu.

Köln – Dass es laut und wild werden würde, davor hatte Philipp Kötter schon am Telefon gewarnt. Mit welcher Wucht die sechs Jungen und ein Mädchen an einem novemberdunklen, nasskalten Dienstagspätnachmittag den Aufenthaltsraum des Jugendzentrums in Weiden ausfüllen, ist aber dann doch beeindruckend.

Die kahlen Betonwände lassen die Rufe laut hallen, ein roter, runder Teppich mit gelben Sternen und ein blauer, schwerer Vorhang lassen Zuschauer erahnen, was hier los ist. Kötter vom Kölner Spielecircus bietet mit einem Kollegen und einer Kollegin wöchentlich eine Zirkus-AG für Kinder aus geflüchteten Familien an. Sie jonglieren, hüpfen und zeigen Akrobatiktricks. Zwischendurch wird gefilmt, um die Fortschritte zu dokumentieren.

Fortschritte bei der Konzentration

„Wer möchte etwas zeigen?“, fragt Kötter zu Beginn der AG und flüstert, damit die Kinder gezwungen sind, ihm zuzuhören. Die Regel lautet: Ein Kind führt einen Trick vor, die anderen schauen zu und applaudieren am Ende. Abdulrahman balanciert mit zwei Stäben einen dritten, wirft ihn in die Luft und fängt ihn wieder auf. Saman schafft über 40-mal Seilspringen ohne dass das Seil an seinen Füßen hängenbleibt. Nur mit dem Zuschauen klappt es eher nicht so gut. Still sitzen scheint besonders für die Jungen unmöglich, sie rutschen unruhig mit ihren Hosen über die improvisierte Zirkusmanege, springen immer wieder auf und greifen sich einen Gegenstand aus den Zirkusbeständen.

Zirkuspädagoge Philipp Kötter mit Idris

Zirkuspädagoge Philipp Kötter mit Idris

Philipp Kötter freut sich trotzdem über die Fortschritte, die sie gemacht haben. „Die Konzentration ist bei den meisten viel besser geworden“, sagt der Zirkuspädagoge. Für jeden einzelnen sei es schon ein Erfolg, wenn er oder sie sich traut, alleine auf der improvisierten Bühne zu stehen. Das gebe ihnen Selbstvertrauen.

AG im Jugendzentrum ist die kleinstmögliche Einheit

Der Kölner Spielecircus weist ein riesiges Portfolio an Angeboten auf. Die über 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehen regelmäßig in Schulen und Kindergärten, veranstalten eigene Feste und Zirkuscamps. Ein Angebot wie im Jugendzentrum Weiden sei die kleinstmögliche Einheit, erklärt Kötter, mit der größtmöglichen Intensität – drei Mitarbeiter betreuen heute sieben Kinder. Da ständig einer der Jungs verbotenerweise hinter dem Vorhang verschwindet, sind die drei Zirkuspädagogen konstant damit beschäftigt, alle zusammenzuhalten. Besonders Idris ist in seinem leuchtgelben Pulli und der grauen Jogginghose kaum zu bändigen. Ganz still ist die neunjährige Midia, die am liebsten hinter der Kamera steht und die anderen filmt.

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Die Aktion „wir helfen“ fördert die AGs an verschiedenen Orten in der Stadt. Neben dem Juze Weiden besucht der Spielecircus auch regelmäßig verschiedene Wohnheime für Geflüchtete und offene Treffpunkte wie zum Beispiel das Café Bickolo in Bickendorf und den Club Westend in Ossendorf.

So können Sie helfen

Mit unserer Aktion „wir helfen: damit in der Krise kein Kind vergessen wird“ bitten wir um Spenden für Projekte, die Kinder und Jugendliche wieder in eine Gemeinschaft aufnehmen, in der ihre Sorgen ernst genommen werden. Bislang sind 103 373,37 Euro eingegangen.

Die Spendenkonten lauten:

„wir helfen – Der Unterstützungsverein von M. DuMont Schauberg e. V.“

Kreissparkasse Köln, IBAN: DE03 3705 0299 0000 1621 55

Sparkasse Köln-Bonn, IBAN: DE21 3705 0198 0022 2522 25

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