Von Mutter enterbtCarl-Clemens Veltins kämpft um Multi-Millionen-Erbe der Brauerei-Familie

Lesezeit 5 Minuten
Die C und A Veltins GmbH und Co KG ist eine im Jahre 1824 gegruendete Bier - Brauerei. Der Sitz befindet sich in Meschede-Grevenstein im Sauerland. Alleinige Eigentuemerin ist Susanne Veltins *** The C and A Veltins GmbH and Co KG is a beer brewery founded in 1824 The headquarters is located in Meschede Grevenstein in the Sauerland Sole owner is Susanne Veltins

Veltins-Flaschen im Supermarktregal

Veltins sagt, sein Leben tauge nicht als Geschichte über einen Heiligen. Seine Familie habe ihn dennoch nicht derart übergehen dürfen.

Veltins, der Name steht für Erfolg, für eine Brauerei-Dynastie mit dreistelligen Millionenumsätzen. Eine Unternehmensgruppe, 1824 gegründet, aus der ersten Liga der Pils-Marken; das Stadion des FC Schalke 04 trägt den Namen Veltins-Arena. Doch zum 200-jährigen Bestehen schlägt sich der sauerländische Familien-Konzern unter der Ägide von Susanne Veltins mit einem Erbstreit herum.

Der Vorwurf: Die Mutter führte den Sohn hinters Licht

Carl-Clemens Veltins gilt als das Enfant terrible der gleichnamigen Brauerei-Dynastie. Nun hat er Erbansprüche gegen seine älteren Schwestern Susanne und Frauke Veltins beim Landgericht Arnsberg angemeldet. „Eigentlich hätte mir ein Drittel der Unternehmensanteile zugestanden. Davon habe ich nichts bekommen“, sagt Carl-Clemens Veltins, 61, im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Carl-Clemens Veltins, enterbter Brauerei-Sohn

Carl-Clemens Veltins kämpft vor Gericht um einen Anteil am Brauerei-Erbe.

Hintergrund sind Vorgänge aus der Vergangenheit. Gerade erst einen Tag volljährig, soll ihn seine Mutter, Rosemarie Veltins, im Mai 1980 zum Notar gelotst, damit Carl-Clemens Veltins auf alle Erbansprüche verzichtet, berichtet er. Sogar auf seinen Pflichtteil. Eine reine Formalie, soll die Konzernchefin ihrem Sohn versichert haben. Denn das Familienerbe sollte geschützt werden, falls der Mutter etwas zustoßen würde. Seinerzeit habe er seiner Mutter vertraut, erinnert sich Veltins. „Nie hätte ich gedacht, dass sie mich verraten würde.“

Aus einer kleinen Brauerei wird ein Multi-Millionen-Geschäft

In der Folgezeit baut Rosemarie Veltins den einstigen kleinen Brauereibetrieb zur bundesweiten Premium-Pils-Marke aus. 1984 erreicht das Unternehmen die Grenze zum Millionenhektoliter-Ausstoß. 1993 schließlich, ein Jahr vor ihrem Tod, verfasste die krebskranke Mutter ein neues Testament, in dem sie nur ihre beiden Töchter bedachte und ihren Sohn vom gesetzlichen Erbe ausschloss.

Heute führt Veltins den Ausschluss auf den ewigen Zwist mit seiner Mutter zurück, der sich nach der Scheidung von seinem Vater entsponnen habe. „Immer machte sie mich zum Sündenbock für die gescheiterte Ehe mit meinem Vater“, sagt Carl-Clemens Veltins heute. Weitere Minuspunkte sammelte der Veltins-Spross als junger Mann. Seine Mutter, eine passionierte Jägerin, habe ihn stets kurz gehalten. „Ich habe aus ihrem Waffenschrank einige Gewehre gestohlen, um ein wenig Geld zu machen.“ Veltins flog auf. Das Verfahren wurde gegen eine Geldauflage eingestellt, seither schien der Riss zwischen Mutter und Sohn unüberbrückbar.

Seit acht Jahren erst kennt Veltins durch einen Blick in die alten Nachlassakten die ganze Wahrheit über die Erbsache in seiner Familie. Sein Fazit fällt eindeutig aus: „Damals hat man mich verschaukelt.“ Erste Versuche, im Jahr 2016 den Testamentsstreit mit seiner Familie gütlich zu lösen, scheiterten gänzlich.

Kölner Anwalt sieht gute Chancen auf Erfolg

Veltins neue Anwälte haben nun den Erb- und hilfsweise den Pflichtteilsanspruch eingeklagt. Sollte die Klage Erfolg haben, müssten seine älteren Schwestern Susanne und Frauke wohl einen dreistelligen Millionenwert an ihren Bruder herausgeben. Der Kölner Anwalt Michael Falter von der Kanzlei Grant Thornton gehen davon aus, dass ihrem Mandanten erhebliche Vermögenswerte zustehen: „Das Vorgehen von Frau Rosemarie Veltins, mit dem sie letztlich ihren Sohn nicht nur um den Erbteil, sondern auch um den ihm zustehenden Pflichtteil bringen wollte, war sittenwidrig. Nach der Werteordnung des deutschen Erbrechts steht den Kindern zumindest der Pflichtteil zu, der Herrn Veltins ebenfalls entzogen wurde“, erklärt Falter. Folglich sei das Testament, in dem der Sohn nicht entsprechend bedacht wurde, „von der Sittenwidrigkeit ebenfalls erfasst und insgesamt nichtig. Herr Veltins ist deshalb neben seinen Schwestern gleichberechtigter Erbe geworden“, so das Fazit der Klägeranwälte.

11.08.2011, Meschede, Nordrhein-Westfalen, Deutschland - Veltins Brauerei. Gruendererbin Susanne Veltins anlaesslich eines Pressetermins.

Veltins-Eigentümerin Susanne Veltins (Archivbild)

Sollte das Gericht dieser Sichtweise folgen, hätte dies ernste Folgen für den Bier-Konzern, der 2023 einen Umsatz von 441 Millionen Euro erzielte. Allein das Vermögen der Unternehmenschefin Susanne Veltins schätzt das „Manager Magazin“ auf 600 Millionen Euro. Weder die Beklagten noch der Konzern wollten auf Anfrage Stellung beziehen. Zu Familienangelegenheiten äußere man sich nicht, hieß es.

Bereits lange vor dem Tod der Mutter avancierte Carl-Clemens Veltins in der Familie zum Außenseiter. Unternehmenschefin Rosemarie Veltins hatte ihren Sohn sukzessive aus allen Gesellschaften entfernt. In ihren Augen galt er demnach als ein Hallodri, nicht geschaffen für die Rolle eines seriösen Managers im expandierenden Getränke-Konzern. „Im Laufe der Jahre zahlte man mir vier bis fünf Millionen Mark aus. So hoch taxierten unsere Familienanwälte meine Anteile am Veltins-Imperium“, sagt Carl-Clemens Veltins. „Ich fühle mich hintergangen. Diese Summe entsprach nur einem Bruchteil des tatsächlichen Wertes. Aber das sollte ich erst viel später erfahren.“

Carl-Clemens Veltins: Der Absturz begann mit Kokain

Der enterbte Sohn ging seine eigenen Wege. Erst absolvierte er eine Handwerkslehre, heuerte als Zeitsoldat bei der Bundeswehr an, ehe er nach dem Mauerfall seine Chance in Ostdeutschland sucht. In Leipzig eröffnete er in Leipzig einen riesigen Tanz-Laden mit opulenten Laseranlagen, Bars, Licht-Shows für den Techno-Hammer. „Ich brauchte das Abenteuer, es war wie eine Sucht“, erzählt Veltins freimütig. Er dreht das ganz große Rad. Eine Million Mark in bar seien monatlich wie nichts über den Tresen gelaufen.

Der Absturz begann mit Kokain. Veltins verkaufte und konsumierte selbst. Danach lief die ganze Nacht nur noch Party. „Es gab kein Morgen mehr. Das Zeug fixte mich an. Fortan war ich voll auf Droge. Koks löste bei mir stets aufs Neue die Sucht nach Vollgas aus“, erzählt er. Veltins landete zwei Jahre im Gefängnis – wegen Kokainhandels und dem Besitz eines Schnellfeuergewehrs. Eine harte Lehre. „Ich habe mich dort durchgebissen.“ Nach seiner Entlassung arbeitete Veltins jahrelang als Lkw-Fahrer, versuchte sich in Berlin im Immobilien-Geschäft, scheiterte aber.

Kontaktversuche zu seiner ältesten Schwester Susanne liefen stets ins Leere. Deshalb hat Veltins jetzt Anwälte eingeschaltet, um sich einen großen Teil seines Erbes zurückzuholen. „Meine Vita taugt gewiss nicht als Geschichte über einen Heiligen. Auf viele Dinge, die sich zugetragen haben, bin ich im Rückblick wahrlich nicht stolz“, sagt Veltins im Rückblick. „Das heißt aber noch lange nicht, dass meine Familie mich derart übergehen durfte, wie es geschehen ist.“

KStA abonnieren