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Deutz kauft SobekKölner Motorenbauer steigt ins Geschäft mit Kriegsdrohnen ein

4 min
Drohnenpiloten in der Ukraine steuern Kampfdrohnen.

Mit Sobek-Antrieben bestückte Kampfdrohnen kommen schon heute in der Ukraine zum Einsatz.

Der Kölner Motorenbauer Deutz kauft sich ins Rüstungsgeschäft ein und will die neue Sparte massiv ausbauen.

Deutz steigt verstärkt ins Rüstungsgeschäft ein. Der Kölner Motorenhersteller hat den Kauf des Antriebsspezialisten Sobek angekündigt. Das Unternehmen aus Baden-Württemberg stellt Hochleistungsantriebe und Steuerungselektronik her, bislang hauptsächlich für Nischenmärkte wie die Luft- und Raumfahrtindustrie oder die Medizintechnik. Zwei Drittel der Umsätze im mittleren zweistelligen Millionenbereich stammen aus dem Motorsport, namentlich der Formel 1. Dort beliefert Sobek nach eigener Auskunft mehrere Top-Teams.

„Das größte Potenzial liegt aktuell im Geschäft mit Drohnen“

Deutz zielt mit der Übernahme aber auf ein viel größeres Geschäft ab: Das mit Drohnen, die auch im Krieg zum Einsatz kommen. Denn Sobek-Antriebe, getrimmt auf hohe Energieeffizienz und präzise Steuerbarkeit, erweisen sich auch für Militär-Drohnen als tauglich. „Das größte Potenzial liegt aktuell im Geschäft mit Drohnen“, begründet auch Deutz-CEO Sebastian Schulte den Zukauf. Durch neue Technologien verändere sich die Kriegsführung derzeit rasant. „Die Nachfrage nach militärischen Drohnen wird weiter zunehmen“, ist Schulte überzeugt.

Deutz-CEO Sebastian Schulte ist im Gespräch zu sehen.

Deutz-CEO Sebastian Schulte hat ambitionierte Ziele. Er will die nun zugekauften elektrischen Antriebssysteme von Sobek als „europäischen Standard für sicherheitskritische Anwendungen etablieren“.

Er hat allen Grund zu der Annahme. Denn Drohnen zählen zu den erklärten Top-Investitionsfeldern der Nato. Sie gelten als vergleichsweise günstig, lassen sich schnell fertigen und sind im Einsatz flexibel. Anders als bei den Freizeitdrohnen, die in großen Stückzahlen vor allem in Asien gefertigt werden, lassen sich mit militärisch genutzten Drohnen attraktive Margen erzielen. Für Nato-Truppen ist das Herkunftsmerkmal „made in Germany“ zudem ein wichtiges Argument für Sobek-Komponenten. Alle drei Produktionsstandorte liegen in Deutschland. Neben dem Unternehmenssitz im baden-württembergischen Hirschberg fertigt Sobek auch in Kassel und Rottenburg und kann so stabile Lieferketten gewährleisten.

Übernahmekandidat Sobek steckt selbst in der Transformation

Sobek, 1975 gegründet und damit längst kein Start-up mehr, befindet sich seinerseits mitten in der Transformation. 2024 machte die Drohnen-Sparte des Unternehmens noch einen Anteil von bescheidenen zwölf Prozent am Gesamtumsatz der Firma aus. In diesem Jahr dürfte bereits knapp die Hälfte der Einnahmen (48 Prozent) von dort kommen. Weitere Steigerungen sind für die kommenden Jahre geplant. Sobek ist nach Auskunft von Deutz bereits Partner führender europäischer Drohnenhersteller und etablierter Bestandteil eines dynamischen Defence-Tech-Sektors. Auch in der Ukraine kommen Kampfdrohnen mit Sobek-Antrieben zum Einsatz.

Der Sobek-Deal könnte für Deutz damit zum Türöffner in ein neues Kundensegment werden, so das Kalkül der Manager. „Durch Sobek bekommen wir direkten Zugang zum stark wachsenden Verteidigungsmarkt und schaffen die Grundlage, diesen auch über den Einsatz klassischer Antriebe hinaus strategisch zu erschließen“, führt Deutz-CEO Schulte in einer ersten Stellungnahme aus. Man wolle nicht weniger als die nun zugekauften „elektrischen Antriebssysteme als europäischen Standard für sicherheitskritische Anwendungen etablieren“.

Deutz will komplette Systeme liefern, nicht bloß Komponenten

In der Verteidigung kommen Deutz-Motoren bislang in kleinen und mittleren Militärfahrzeugen sowie Radpanzern zum Einsatz, nicht als Hauptmotoren für schwere Kampfpanzer mit Ketten. Kunde ist etwa das polnische Militär, das einen Truppentransporter mit Deutz-Technik betreibt. Außerdem baut die Firma neue Motoren in alte Panzer ein, damit diese länger genutzt werden können. Bislang macht das Rüstungsgeschäft bei Deutz aber noch weniger als fünf Prozent vom Konzernumsatz aus. Motoren für Land-, Baumaschinen und Nutzfahrzeuge dominieren. Der Verkauf von Verbrennungsmotoren gilt jedoch als zyklisch. Mit der Rüstungssparte könnte das Unternehmen seine Umsätze stabilisieren.

Für Deutz ergibt der Zukauf auch deshalb Sinn, weil Sobek ein Beispiel für einen integrierten Anbieter ist, bei dem Motor, Steuerung und Software ineinandergreifen. Solche Komplettsysteme will Deutz auch in anderen Geschäftsbereichen in Zukunft liefern. Man werde so „vom Komponentenhersteller zum Systemanbieter“. 

Protestaktion des Bündnisses „Rheinmetall entwaffnen“ vor dem Werkstor der Deutz AG.

Bei der Protestaktion des Bündnisses „Rheinmetall entwaffnen“ zogen Demonstranten auch vors Werkstor der Deutz AG.

Der Börse gefällt das. Die Deutz-Aktie, die im Sog des Rüstungs-Hypes ihren Wert seit Jahresanfang ohnehin schon mehr als verdoppelt hat, reagierte auf die Nachricht mit Aufschlägen von bis zu sechs Prozent. Das Plus wäre womöglich noch größer gewesen, hätte das SDax-Unternehmen sich im Zuge der Ankündigung nicht die Option offen gehalten, zur Finanzierung eine Kapitalerhöhung durchzuführen. Der Deal im niedrigen dreistelligen Millionenbereich sei zwar durch Kreditlinien abgesichert. Bei „geeigneten Marktbedingungen“ sei aber auch die Ausgabe neuer Anteile möglich.

Deutz rückt mit dem Einstieg ins Rüstungsgeschäft allerdings auch zunehmend ins Visier von Kriegsgegnern. Erst am Wochenende hatte die Initiative „Rheinmetall entwaffnen“ versucht, das Deutz-Servicelager in Kalk zu blockieren. Die Versammlung von gut 200 Demonstranten musste von der Polizei aufgelöst werden.