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„Prügeleinsatz aus Rache“Heftige Vorwürfe gegen Polizei nach Demo in Köln – Behörde widerspricht

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30.08.2025, Nordrhein-Westfalen, Köln: Teilnehmer werden bei einem "Anti-Kriegs-Marsch" der Initiative "Rheinmetall Entwaffnen" durch die Polizei (r) eingekesselt. Deutschlands größter Rüstungskonzern ist als Folge des Ukraine-Krieges stark gewachsen. Foto: Henning Kaiser/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Teilnehmer der Anti-Kriegs-Demo wurden am Samstag (30.8.) von der Polizei eingekesselt.

Bei der Auflösung des Antikriegs-Protestmarsches durch die Polizei gab es am Samstag Verletzte auf beiden Seiten.

Nach den Ausschreitungen mit mehreren Verletzten bei den Antikriegs-Protesten am Samstag in der Altstadt üben Demonstrationsteilnehmer, linke Politiker und die Veranstalter der beiden Demonstrationen heftige Kritik am Vorgehen der Polizei. Die widerspricht vehement.

Das „Kölner Friedensforum“ hatte am Nachmittag gemeinsam mit dem Bündnis „Rheinmetall entwaffnen“ vom Heumarkt zu einer Bundeswehrkaserne nach Raderthal ziehen wollen. Die Polizei stoppte den Zug jedoch in Höhe der Severinsbrücke, weil Demoteilnehmer Einsatzkräfte angegriffen und gegen Auflagen verstoßen hätten. Die Polizisten setzten Schlagstöcke und Pfefferspray ein und lösten die Demo auf. 13 Beamtinnen und Beamte seien verletzt worden, die Gegenseite berichtet von mehr als 100 Demonstranten und Demonstrantinnen, die verletzt worden seien, die meisten durch Pfefferspray.

Demoanmelder nennt Vorgehen der Polizei „Prügeleinsatz“

Reiner Schmidt, der den Aufzug des „Kölner Friedensforums“ angemeldet hatte, spricht von einem „Prügeleinsatz“ und von „unangemessener Härte angesichts der geringen Zahl von Verstößen gegen das Versammlungsgesetz“, wie zum Beispiel das Zünden von drei Rauchtöpfen. Auch eine Bundestagsabgeordnete der Linken, Lisa Schubert, die als „Parlamentarische Beobachterin“ in gelber Weste unterwegs gewesen sei, sei von Polizeibeamten geschlagen und gewürgt worden. In einer Pressemitteilung schreibt die Partei Die Linke, die Polizei habe zudem Sanitäter bei der Arbeit behindert. Ein Sprecher von „Rheinmetall entwaffnen“ bezeichnet die „brutale Eskalation der Polizei“ als „politischen Skandal“.

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Schmidt, der seit Jahrzehnten in der Kölner Friedensbewegung engagiert ist und schon viele kleine und große Demonstrationen organisiert hat, sagt: „Das, was da am 30.8. seitens der Polizei veranstaltet wurde, habe ich noch nie erlebt.“ Er wirft der Polizei „Frustration“ und „Rache“ als Motiv vor. Die Behörde hatte den Protestmarsch von „Rheinmetall entwaffnen“ wegen früheren Gewaltvorfällen in anderen Städten verboten, das Oberverwaltungsgericht Münster hatte das Verbot aber mit Verweis auf die Versammlungsfreiheit wieder aufgehoben.

Polizei: Demonstranten wollten Beamten Pistolen aus den Holstern reißen

Was die angebliche Attacke auf die Abgeordnete Lisa Schubert betrifft, teilt die Polizei mit, diese haben angegeben, von Polizisten „geschubst“ worden zu sein. „Dies wird selbstverständlich geprüft“, sagt Polizeisprecher Wolfgang Baldes. Im Übrigen weist die Polizei die Kritik an dem Einsatz deutlich zurück.

Der überwiegende Teil der 3000 Teilnehmer an den beiden Aufzügen sei friedlich gewesen, sagt Einsatzleiter Martin Lotz. Aber es habe einen Block von etwa 500 Personen gegeben, „die sich nicht an Vereinbarungen gehalten und der gesamten Versammlung in der öffentlichen Wahrnehmung einen unfriedlichen Charakter verliehen haben“.

Bereits um 14.40 Uhr haben nach Darstellung der Polizei Versammlungsteilnehmer nicht erlaubte Teleskop-Eisenstangen dabeigehabt. Nachdem sie die zurückgelassen und die Vermummung abgelegt hätten, habe sich der Aufzug in Bewegung gesetzt. Gegen 15.30 Uhr hätten sich erneut schwarz gekleidete Personen vermummt, sie hätten Banner verknotet und seien unter einer großen Fahne abgetaucht. Pyrotechnik sei gezündet worden, die Versammlungsleitung habe dies nicht unterbunden. Um 15.40 Uhr habe die Leiterin einer der beiden Aufzüge angegeben, nicht mehr den kompletten Einfluss auf die eigene Versammlung zu haben.

Um 16 Uhr stoppte die Polizei den Aufzug im Bereich An der Malzmühle/Am Malzbüchel, nachdem erneut Eisenstangen und Holzlatten sichtbar geworden seien. Als wiederholt Pyrotechnik, Banner, Wechselkleidung und Handschuhe aus einem Begleitfahrzeug an Demoteilnehmer verteilt und eingesetzt worden seien, stoppte die Polizei den Aufzug erneut.

Um 17.40 Uhr hätten sich sogenannte Verbindungsbeamte der Polizei – Beamte, die während einer Demo engen Kontakt zu den Versammlungsleitern halten – dem Baggagewagen im einmal mehr gestoppten Zug auf der Mechthildisstraße genähert. „Sie wurden unmittelbar von einer größeren Personengruppe attackiert und verletzt“, berichtet Polizeisprecher Baldes. Bereitschaftspolizisten hätten mit Schlagstöcken und Reizstoff eingegriffen und die beiden Beamten befreit. Der gewalttätige Block sei vom Rest der Versammlung getrennt worden. „Dabei versuchten Personen aus diesem Block vergeblich, Einsatzkräften die Waffen aus den Holstern zu reißen.“ Den Angreifern sei es indes gelungen, zwei Schlagstöcke sowie Einsatzunterlagen der Verbindungsbeamten zu rauben.

Die „feige Attacke“ auf die beiden Verbindungsbeamten sei der Auslöser für das massive Einschreiten der Einsatzkräfte gewesen, die Schlimmeres verhindert hätten, sagte Einsatzleiter Martin Lotz und betont: „Auch in der Nachbetrachtung war dieser entschlossene Einsatz der Bereitschaftspolizei gerechtfertigt.“