Die Angestellten der großen Dönerfabrik Birtat fordern seit Monaten mehr Geld - und gehen dafür auf die Barrikaden.
TarifverhandlungenStreik in Döner-Großfabrik könnte für Lieferprobleme sorgen

Ein Klassiker der deutschen Imbisskultur: Der Döner gehört für viele zum Alltag – doch in dem schnellen Snack steckt harte Arbeit. (Archivbild)
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Hunderttausende Döner gehen jeden Tag über die Imbisstheken der Republik. Davon auch viele mit Fleisch des Dönerspieß-Herstellers Birtat. Doch in der schwäbischen Provinz herrscht Unruhe: Seit Wochen gehen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Firma aus Murr bei Ludwigsburg auf die Straße.
Die Geschäftsführung geht nach Angaben der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) bislang nicht auf die Forderungen ein. Die Beschäftigten wollen nun den Druck erhöhen. Welche Folgen könnte das für die Döner-Versorgung und die gesamte Branche in Deutschland haben?
Was stellt Birtat her?
Birtat gehört zu den größten Dönerspieß-Herstellern in Deutschland und ist Teil der Meat World SE. In der Produktion in Murr werden täglich 35 bis 40 Tonnen Dönerspieße hergestellt und anschließend schockgefrostet ausgeliefert. Die Firma versorgt Tausende Imbisse und erreicht monatlich mehr als 13 Millionen Konsumenten in Europa.

Vom Spieß ins Brot: Ein Mann bereitet einen Döner zu. (Archivbild)
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„Unsere Produkte kann man fast in jeder großen Stadt in Europa verkosten“, sagte ein Firmensprecher. Man sei Marktführer. Meat World machte demnach zuletzt einen Jahresumsatz von ungefähr 200 Millionen Euro.
Wie sind die Arbeitsbedingungen?
Die Arbeitsbedingungen bei Birtat sind laut Gewerkschaft sehr anspruchsvoll. Die Mitarbeiter arbeiten teils unter hohem Zeitdruck und mit scharfen Messern. „Unsere Arbeit ist echt hart“, sagt Betriebsratschef Muzayfe Doganer. Fleisch zerkleinern, marinieren, verschiedene Spieße stecken: Bei den niedrigen Temperaturen in der Produktion sei das ein Knochenjob. Ihm zufolge produziert das Unternehmen 35 bis 40 Tonnen Dönerspieße jeden Tag.

Birtat in der Kritik: Die Gewerkschaft NGG wirft dem Dönerspieß-Hersteller eine Blockadehaltung vor. (Archivbild)
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Die Entlohnung erfolgt nach Angaben der Beschäftigten dagegen teils willkürlich und basiert auf persönlichen Beziehungen. Es gehe „kreuz und quer durcheinander“, zum Teil in 50-Euro-Schritten, sagt NGG-Verhandlungsführerin Magdalena Krüger.
Ein Beschäftigter erzählt am Rande eines Warnstreiks: „Ich bin erst seit ein paar Wochen angestellt – bekomme aber mehr Geld als manche Kollegen neben mir, die schon jahrelang dabei sind.“
Was fordern Mitarbeiter und Gewerkschaft?
Die Belegschaft fordert eine Erhöhung von 375 Euro. „Der Druck auf den Geldbeutel der Beschäftigten ist groß“, sagt Krüger. Angetreten ist die Gewerkschaft mit dem Ziel eines transparenten und diskriminierungsfreien Entgeltrasters und eines Einstiegsgehalts von 3.000 Euro. Das sei auch weiterhin das Ziel nach der dringenden Entlastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Welche Signale kommen von den Dönerfabrik-Chefs?
Im März gab es die erste Verhandlung zwischen der Tarifkommission und der Chefetage. Diese verlief ergebnislos, seitdem herrscht Funkstille. Die Gewerkschaft wirft den Verantwortlichen Blockadehaltung vor.

Birtat liefert europaweit – mit zertifiziertem Fleisch. Produziert werden die Drehspieße unter harten Bedingungen. (Archivbild)
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Ein Unternehmenssprecher hatte vor dem ersten Warnstreik Ende Mai gesagt, dass er die Forderung der Gewerkschaft für sehr hoch angesetzt halte. Auf eine aktuelle Anfrage zu dem Tarifkonflikt antwortete Birtat zunächst nicht.
Wie wollen die Beschäftigten ihre Forderungen durchsetzen?
Ganz klassisch: mit Arbeitskampf. Darin sind die Mitarbeiter mittlerweile geübt. Zehn Ausstände haben sie bereits hinter sich. Jedes Mal war die Beteiligung laut Gewerkschaft hoch.
Und die Intensität nimmt zu: Mitte Juli bestreikte die NGG das Unternehmen fünf Tage hintereinander. Außerdem gab es in der vergangenen Woche eine Urabstimmung unter den Gewerkschaftsmitgliedern bei Birtat mit eindeutigem Ergebnis. Einstimmig sprachen sie sich für eine Ausweitung der Ausstände aus.
Was bedeutete der Tarifstreit für die Döner-Versorgung?
Bei den vergangenen Ausständen wurde die Birtat-Produktion nach Angaben der NGG für jeweils einen Tag weitgehend lahmgelegt. Über Lieferprobleme der Firma ist bislang nichts bekanntgeworden. Sollte es in nächster Zeit aber zu längeren Streiks kommen, könnte die Versorgung mit Dönerfleisch bei dem ein oder anderen Imbiss knapp werden.
Selbst bei einem Tarifabschluss könnten höhere Preise für Döner aufgrund steigender Rohstoffkosten bevorstehen – die 10-Euro-Grenze könnte erreicht werden. Das liegt insbesondere an den steigenden Rindfleischpreisen.

Mit Trillerpfeifen, Transparenten und Rauchfackeln kämpfen die Beschäftigten von Birtat für bessere Löhne. (Archivbild)
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Ähnliches gilt für Energie und andere Rohstoffe. Höhere Personalkosten kämen hinzu. Die NGG sieht das nicht so: „Ein Tarifvertrag könnte einfach dazu führen, dass der Gewinn zu einem größeren Teil bei denen landet, die ihn erwirtschaftet haben“, hieß es.
Wie geht es weiter?
Der Druck im Betrieb ist Betriebsratschef Doganer zufolge hoch. Mitarbeiter seien bereits bedrängt worden. Einzelne arbeiteten auch an Streiktagen, weil sie Angst vor einer Kündigung hätten. Die Unternehmensführung drohe auch damit, den Betrieb in Murr komplett zu schließen. Doganer gibt sich dennoch zuversichtlich: „Wir müssen kämpfen. Aber ich denke, wir schaffen es.“
Auch die Gewerkschaft hat angekündigt, sie habe einen langen Atem. In der Branche wäre ein Tarifvertrag nach Angaben der NGG bundesweit einmalig. Es handle sich um ein Pilotprojekt. Nach Angaben des Verbands der Dönerproduzenten gibt es etwa 400 Dönerhersteller hierzulande. (dpa)