„Extrem dünn“Enormes Defizit an Sozialwohnungen in Köln – NRW-Ranking überrascht

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Häuser in Köln Ehrenfeld gesehen vom Colonius aus.

Häuser in Köln-Ehrenfeld: Der Mangel an Wohnungen ist ein gewaltiges Thema. (Symbolbild)

Der Wohnungsmarkt steckt laut Bündnis „Soziales Wohnen“ in einer tiefen Krise. Das sind die Gründe für den Mangel an bezahlbarem Wohnraum.

Die Forderung an die Bundesregierung ist klar: 50 Milliarden Euro Sondervermögen für den sozialen Wohnungsbau und Steuersenkungen. Das ist laut dem Bündnis „Soziales Wohnen“ nötig, um das größte bundesweite Wohnungsdefizit seit Jahrzehnten auszugleichen. Auch in Nordrhein-Westfalen und gerade in Köln ist dieses Defizit groß. Eine von dem Bündnis aus Mieterbund, Baugewerkschaft sowie Sozial- und Branchenverbänden in Auftrag gegebene Studie des Pestel-Instituts Hannover und des Bauforschungsinstituts ARGE Kiel hat das ergeben.

Demnach ist das größte Problem für den aktuellen Wohnungsmarkt, dass Deutschland 2022 eine enorm hohe Zuwanderung hatte und es nicht genug bezahlbaren Wohnraum für die Zuwandernden gibt. Erschwerend kommt dazu, dass der Bau von neuen Wohnungen immer länger dauert. Bei einer Nettozuwanderung von 1,5 Millionen Personen entsteht so laut Pestel Institut deutschlandweit ein Wohnungsdefizit von insgesamt 700.000 Wohnungen. 

3,1 Prozent Defizit – Köln hat zu wenig Wohnungen

In ländlichen Regionen sowie im Osten gibt es zwar teilweise Überhänge an Wohnungen, in großen Städten ist das Defizit jedoch umso höher. Das hänge auch mit der hohen Zahl an Binnenwanderung zusammen: Immer mehr Menschen ziehen vom Land in die Stadt und von Osten nach Westen. So fehlen in NRW viele Wohnungen, die bezahlbar sind.

Am höchsten ist das Defizit nach Angaben des Pestel Instituts im Kreis Kleve sowie in Bonn und Krefeld mit 3,4 Prozent. Auch das Defizit von 3,1 Prozent in Köln wird als stark eingestuft – sowie in der Region allgemein.  Etwas besser sieht es dafür in Düsseldorf und Leverkusen aus. Dort liegt das Defizit um ein Prozent. Aber auch das sind nicht genug Wohnungen für die Menschen, die eine Wohnung suchen und brauchen.

Bestand an Sozialwohnungen: NRW im bundesweiten Vergleich nur hinter Hamburg

Darüber hinaus kritisiert das Bündnis, dass der Bestand an Sozialwohnungen deutschlandweit „extrem dünn“ sei. So gab es laut Studie 2021 durchschnittlich 48,4 Sozialwohnungen je 1000 Haushalte. NRW liegt mit 86,1 Wohnungen deutlich darüber. In Köln gibt es nach Angaben der Stadt insgesamt knapp 38.000 öffentlich geförderte Wohnungen. Das entspricht 6,7 Prozent aller Wohnungen. 1998 waren es noch rund 68.500 Wohnungen und 13,5 Prozent. 

Klarer Spitzenreiter in Deutschland ist Hamburg mit 108,7 Sozialwohnungen. Doch auch das sei nicht genug, kommentiert Matthias Günther, Leiter des Pestel Instituts. Unter anderem, weil der Bestand in anderen Bundesländern sehr niedrig ist. Sachsen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und das Saarland liegen unter 10 Sozialwohnungen je 1000 Haushalte. Das Saarland hat mit 3,6 den absolut niedrigsten Wert.

Wichtig ist aber nicht nur der Bestand an Sozialwohnungen, sondern auch die Schaffung und die entsprechende Förderung. Auch hier ist Hamburg im Ländervergleich deutlich vorne. Im Durchschnitt der Jahre 2017 bis 2021 hat das Land 7,7 Sozialwohnungen je 1000 Haushalten geschaffen. Nordrhein-Westfalen ist mit durchschnittlich 1,49 geschaffenen Sozialwohnungen knapp unter dem bundesweiten Durchschnitt von 1,77 und an siebter Stelle im Ranking. Das Saarland ist mit durchschnittlich 0,12 Sozialwohnungen erneut weit unten.

Diese Entwicklung spiegelt sich auch in der Förderung des Sozialwohnungsbaus wider. Diese setzt sich aus Zuschussförderung und Zinssubventionen zusammen. Hamburg förderte zwischen 2017 und 2020 mit 344,1 Euro je Mieterhaushalt den sozialen Wohnungsbau mit großem Abstand am meisten. Das Land hat aber mit 41,10 Euro pro Haushalt am wenigsten Bundesmittel dafür empfangen. Im Verteilungsschlüssel ist festgehalten, wie viel Fördermittel jedes Bundesland empfängt. Einfluss nehmen Faktoren wie die Bevölkerungsgröße und -alter, sowie leerstehende Wohnungen und die Arbeitslosenquote.

Schaffung von Sozialwohnung NRW nur mittelmäßig

NRW ist auch bei diesen Aspekten mittig angeordnet. Das Land sagte in dem Zeitraum durchschnittlich je Haushalt 88,7 Euro zu und bekam 53,80 Euro vom Bund. Etwas mehr als die Hälfte der Förderung erfolgte in NRW klassisch über Zinssubventionen. Wegen der niedrigen Zinsen waren aber zusätzlich Zuschüsse erforderlich, um den Investoren einen wirtschaftlichen Anreiz zu bieten. 

Das Saarland wiederum hat deutlich mehr Förderungen vom Bund erhalten, aber mit Abstand am wenigsten in den sozialen Wohnungsbau investiert. Der Nichteinsatz von Bundesmitteln sei in der Vergangenheit mit der „Bedienung von Altverpflichtungen“ begründet worden. Hier empfiehlt das Bündnis deshalb eine Hinterfragung der Verteilung von Bundesmitteln.

Insgesamt hat sich im Durchschnitt der Jahre 2018 bis 2021 der Bestand um 30.000 Sozialwohnungen je Jahr vermindert. Damit ist der soziale Wohnungsbau weit entfernt vom Regierungsziel des Neubaus von 100.000 Sozialwohnungen je Jahr. Das im Koalitionsvertrag festgehaltene Ziel von 400.000 neuen Sozialwohnungen in der Legislaturperiode könne laut Bündnis also nur verfehlt werden. 

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