Rechte von Arbeitnehmern bei HitzeAb 35 Grad ist ein Raum nicht mehr als Arbeitsplatz geeignet

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ARCHIV - Zum Themendienst-Bericht am 4. Juli 2022: Ventilatoren sorgen an heißen Tagen für eine kühle Brise. Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa/dpa-tmn - Honorarfrei nur für Bezieher des dpa-Themendienstes +++ dpa-Themendienst +++

Ventilatoren können zumindest in Büros ein wenig Abhilfe bei Hitze schaffen.

Je nach Temperatur gelten unterschiedliche Regeln. Wer vorschnell nach Hause geht und den Tag für „hitzefrei“ erklärt, dem droht aber eine Abmahnung. 

Die Hitze erschwert den Menschen in Köln und der Region derzeit regelmäßig die Arbeit. Außentemperaturen von teils 30 Grad und mehr heizen Büros, das eigene Homeoffice und produzierende Betriebe auf – und nicht überall kann ausreichend gekühlt werden. Gewerkschafter und Arbeitsrechtler weisen nun darauf hin, dass Arbeitgeber in dieser Situation verpflichtet sind, Abhilfe zu schaffen.

„Es ist wichtig, dass sich Arbeitgeber dem Thema Hitzeschutz frühzeitig annehmen“, sagt Carsten Kretschmann, zweiter Bevollmächtigter der Gewerkschaft IG Metall Köln-Leverkusen. „Das Thema darf nicht erst bei Bekanntwerden des Wetterberichts auf die Agenda kommen – Betriebe brauchen einen Plan.“ Die IG Metall informiert beispielsweise im Ausschuss Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz zu den rechtlichen Vorgaben. In den vergangenen Jahren seien die Betriebe in der Region bereits deutlich sensibler für das Thema geworden, heute sorgten sie überwiegend gut vor.

Arbeitgeber haben Fürsorgepflicht 

Das verlangt auch das Gesetz: „Der Arbeitgeber hat die Fürsorgepflicht gegenüber den Mitarbeitern“, sagt Tim Varlemann, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Geschäftsführer der Kölner Kanzler Wittig Ünalp. „Er muss dafür sorgen, dass die Mitarbeiter nicht geschädigt werden und bei Hitze Abhilfe schaffen.“

Die Standards, die Arbeitgeber dabei zu erfüllen haben, sind in den „Technischen Regeln für Arbeitsstätten“ festgehalten, die vom Bundesarbeitsministerium veröffentlicht werden. Dort heißt es zum Beispiel, dass Arbeitgeber „beim Überschreiten einer Lufttemperatur im Raum von +26 Grad Celsius zusätzliche Maßnahmen“ ergreifen sollen. Was aber geeignete Maßnahmen sind, liegt hier im Ermessen der Arbeitgeber. Der Ausschuss für Arbeitsstätten macht konkrete Vorschläge, aber keine Vorgaben. So könnten zum Beispiel Bekleidungsregeln gelockert, Ventilatoren genutzt oder Gleitzeitregelungen angepasst werden.

Ab 35 Grad gelten strengere Regeln

Strengere Regeln gelten bei höheren Temperaturen: Ab 35 Grad ist ein Raum demnach nicht mehr als Arbeitsstätte geeignet, sofern dort keine Schutzausrüstung oder technische Maßnahmen wie Luftduschen und Wasserschleier bereitgestellt werden.

IG-Metall-Vertreter Kretschmann betont die Bedeutung zusätzlicher Erholungszeiten dort, wo die Temperatur nicht unter 26 Grad gesenkt werden könne. Auch angepasste Arbeitszeiten- und Schichtmodelle machten in der Praxis einen wichtigen Unterschied: „Es hilft schon ungemein, wenn der Beginn der Gleitzeit von acht auf sieben Uhr vorverlegt wird. Einige Betriebe passen auch ihre Öffnungszeiten an, um Beschäftigten einen früheren Feierabend zu ermöglichen.“

Wer vorschnell nach Hause geht, dem droht eine Abmahnung

Ein Recht auf Hitzefrei haben Arbeitnehmerinnen und -nehmer übrigens nur in Ausnahmefällen. „Wer sich selbst hitzefrei im Büro verordnet und nach Hause geht, dem kann eine Abmahnung drohen“ – so erklärt es die Kölner Kanzlei HMS.Barthelmeß Görzel auf ihrer Website. „Mit einer Ausnahme: Tut der Arbeitgeber auch bei einer Temperatur von mehr als 30 Grad nichts, haben Mitarbeiter mit gesundheitlichen Problemen oder Schwangere im Regelfall das Recht, das Büro zu verlassen, sofern ihre Gesundheit durch die Hitze enorm gefährdet ist.“

Arbeitnehmer, die Schutzmaßnahmen für nicht ausreichend halten, können außerdem ihren Arbeitgeber anmahnen. „Ändert dieser nichts, kann der Arbeitgeber unter engen Voraussetzungen die Leistung verweigern“, sagt Tim Varlemann.  Das sei aber ein „sehr schmaler Grad“. Denn wenn ein Gericht später entscheide, dass die Situation am Arbeitsort nicht unzumutbar war, kann der Arbeitgeber den Lohn kürzen oder eine Abmahnung aussprechen.

Grundsätzlich komme es aber „höchst selten“ zu gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen Arbeitgebern und -nehmern zu Hitzeschutzthemen, so Varlemann. Auch Kretschmann sagt, mittlerweile seien sowohl Arbeitgeber und Arbeitnehmer für das Thema sensibilisiert, Maßnahmen griffen in der Regel gut. „Aber das Thema Hitze am Arbeitsplatz wird natürlich bleiben – denn wir wissen ja, dass wir es auch künftig mit Hitzewellen zu tun haben werden.“

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