Kartell-VerfahrenKölsch-Brauer nach 15 Jahren freigesprochen – Früh zahlte Millionen an Prozesskosten

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06.06.2022, Köln: Kölsch im Glas vor Dom. Foto: Uwe Weiser

Kölsch im Glas vor Dom

Die Freisprüche von Früh, Gaffel und Erzquell sind jetzt unanfechtbar.

Die drei Kölsch-Brauereien Gaffel, Früh und Erzquell aus Wiehl – mit ihrer Marke Zunft – haben sich nicht an illegalen Kartellabsprachen beteiligt. Der Bundesgerichtshof hat die Rechtsbeschwerde des Bundeskartellamts gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf im angeblichen Kölsch-Kartell zurückgewiesen. Die Freisprüche von Früh, Gaffel und Erzquell sind damit unanfechtbar.

Kein Kartell, kein Bußgeld

Die Kölsch-Brauereien haben damit nach 15 Jahren Prozessdauer in letzter Instanz gegen das Bundeskartellamt gewonnen. Sie müssen kein Bußgeld zahlen, weil es das vom Amt unterstellte Kartell wohl gar nicht gab. Es ist nach Einschätzung von Juristen aus der Branche das erste Mal, dass der Bundesgerichtshof einen solchen Freispruch nach einem Kartellverfahren bestätigt. Die Vorwürfe gegen die Kult-Brauereien reichen weit zurück. Die Preisabsprachen, so der ursprüngliche Vorwurf, sollten schon bei einer Sitzung des Wettbewerbsausschusses des Brauereiverbands NRW im September 2007 getroffen worden sein.

Das Verfahren war für alle Beteiligten ein juristischer und persönlicher Marathonlauf
Heinrich Philipp Becker, Inhaber Gaffel-Brauerei

Mit dem Urteil des BGH endet ein Verfahren, in dem eigentlich schon im September 2021 das Oberlandesgericht Düsseldorf Freisprüche für die drei Kölsch-Brauereien sowie persönliche Verantwortliche ausgesprochen hatte. Die Kartellbehörden hatten die „Kartellbußgeldsache“ gegen zuletzt Erzquell-Chef Axel Haas, die Erzquell-Brauerei, die Kölner Brauerei Früh und deren Gesellschaft Alexander Rolff sowie die Privatbrauerei Gaffel bis vor das höchste deutsche Gericht geschleppt. Dieses bestätigte jetzt in einer umfangreichen Begründung das Düsseldorfer Verfahren von 2021.

„Im Ergebnis“, so der BGH, „hat sich das Oberlandesgericht eine Überzeugung von einem kartellrechtswidrigen Verhalten auch unter zusätzlicher Würdigung der weiteren Beweisergebnisse, insbesondere der weiteren Zeugenangaben nicht zu verschaffen vermocht. Dies hat es damit begründet, dass sämtliche weiteren Aussagen in der Sache unergiebig gewesen seien.“

Der vierte Kartellsenat hatte 2021 keine verwertbaren Indizien für die angeblichen Bierpreisabsprachen der Kölsch-Brauereien feststellen können. An diese hätten sich, hieß es vor zwei Jahren, ohnehin nur zwei der zusammen 14 Zeugen erinnert. Dabei war laut einem Bericht der Branchenzeitung „Inside Getränke“ „die Erinnerung des einen Zeugen zu vage, um eine Verurteilung wegen illegalen Verhaltens zu tragen“. Die Aussage des anderen Zeugen war nach Auffassung des Senats insgesamt „chaotisch, von bizarren Verwechslungen geprägt und zum Teil falsch“, sodass der Zeuge im Nachgang seine Angaben korrigierte. Bei einem der Betroffenen konnte demnach zudem nicht einmal festgestellt werden, dass er überhaupt an der Ausschusssitzung teilgenommen hatte.

Kölsch-Brauer sind erleichtert

Bei den Kölsch-Brauereien gibt man sich erleichtert. „Wir freuen uns, dass der Bundesgerichtshof nach 15 Jahren einen Schlussstrich gezogen hat. Das Verfahren war für alle Beteiligten ein juristischer und persönlicher Marathonlauf. Das OLG Düsseldorf hatte kein Fehlverhalten unsererseits feststellen können. Das wurde nun durch die oberste Instanz bestätigt“, sagte Heinrich Philipp Becker, geschäftsführender Gesellschafter der Gaffel-Brauerei auf Anfrage.

„Wir haben unsere Überzeugung, im Recht zu sein, mit viel Aufwand durchgesetzt“, sagte Alexander Rolff, Gesellschafter der Brauerei Früh, im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ am Freitag. Gefragt nach der Höhe des Aufwands über die ganze Prozesszeit, sagte Rolff, es sei ein siebenstelliger Betrag gewesen. Seine Brauerei stellt in eigenem Namen Biere der Marke Früh her, außerdem im Auftrag der Radeberger-Gruppe (Dr. Oetker) die Kölschmarken Gilden, Sion, Dom-Kölsch, Peters und Sester sowie die früher zur Wicküler-Brauerei gehörende Marke Küppers.

Auch Axel Haas, der Inhaber der Erzquell-Brauerei, die in Wiehl die Kölschmarke Zunft produziert, zeigte sich erleichtert. „Wir waren immer optimistisch, weil es keine Preisabsprachen gegeben hat. Dass es mehr als ein Jahrzehnt gedauert hat, war dennoch eine Belastung für uns“, sagte Haas im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ am Freitag. Der Prozess habe wie ein Damoklesschwert über seiner Brauerei geschwebt. Zunft ist die einzige größere Kölsch-Marke, die im Einklang mit der Kölsch-Konvention außerhalb Kölns Bier unter dem Namen Kölsch herstellen darf.

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