Neues Immobilienbüro in Köln eröffnetAldi plant Wohnungen und Kitas

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Eine Aldi-Filiale in Hennef – mit Wohnungen über der Ladenfläche

Köln – In der Debatte um den Wohnraummangel in großen Städten wie Köln spielen auch Discounter und Supermärkte eine wachsende Rolle. Zunehmend aktiv entwickeln sie Konzepte, die Einkaufen, Wohnen und andere Services miteinander verbinden. Der Discounter Aldi Süd hat nun für den Standort Köln eigens ein Projektentwicklungsbüro eröffnet, dass sich um maßgeschneiderte Konzepte für die Immobilien in der Stadt kümmert.

„Die Anforderungen an unsere Filialen haben sich verändert“, sagt Björn Just, Leiter des neuen Büros. Er arbeitet seit mehr als 20 Jahren für Aldi, zunächst im Filialbereich, zuletzt 15 Jahre als Leiter der regionalen Immobilienabteilung in Kerpen. „In den 90er- und 2000er-Jahren waren Immobilien eher ein Mittel zum Zweck. Heute betrachten wir sie ganzheitlich. Das Thema wird von Nachbarschaft und Kommune auch viel kritischer begleitet.“

Keine riesigen Parkplätze mehr nötig

Zum Beispiel mit Blick auf den Flächenverbrauch: „Wenn wir heute eine 10.000-Quadratmeter-Liegenschaft mit einer 800-Quadratmeter-Filiale darauf haben, bei der sehr viel Fläche auf die Parkplätze entfällt, müssen wir uns schon fragen, ob das noch zeitgemäß ist.“ Auf solchen Grundstücken müssten verschiedene Nutzungen miteinander kombiniert werden. Dort „decken sich unsere eigenen Interessen mit den städtebaulichen Zielen“.

54 Aldi-Filialen gibt es in Köln, meist gehören die Grundstücke dem Unternehmen. Das eröffnet Spielräume. Das Immobilien-Büro befindet sich derzeit jedoch noch im Aufbau, spruchreife neue Projekte in gibt es noch keine. Aldi nennt aber beispielhaft einen Markt in Holweide, der Discounter, Tiefgarage und Gesundheitssport vereint.

Fokus auf dem Thema Wohnen

Gut möglich, dass in Köln künftig Mietwohnungen über Aldi-Filialen entstehen. Ein Fokus werde in Köln künftig auf dem Thema Wohnen liegen, so Just. Die Lage auf dem Immobilienmarkt ist angespannt, im vergangenen Jahr entstanden lediglich 2000 neue Wohnungen, 4000 weniger als das selbstgesetzte Ziel der Stadt. Möglich seien auch Flächen für Handel, Dienstleistungen Gastronomie und Ausstellungen; an einer Kölner Filiale plane man derzeit eine Kindertagesstätte. „Hauptsache, die Konzepte passen zum Standort. Büros wären ebenfalls eine Möglichkeit, aber hier sehen wir in Zeiten von Homeoffice eher weniger Bedarf.“

Dass in den Städten Einkaufs- mit Wohn- oder Dienstleistungsflächen im Obergeschoss kombiniert werden, ist nicht neu. „Neu ist die Systematik dahinter“, sagt Marco Atzberger, Mitglied der Geschäftsführung des Kölner Handelsforschungsinstituts EHI. „So ein eigenes Planungsbüro ist ein Zeichen dafür, dass eine Professionalisierung stattfindet.“

Bislang seien Lebensmitteleinzelhändler in der Stadt häufig als Mieter im Erdgeschoss eingezogen – nun strebten sie als Eigentümer eine Mischnutzung aktiv an. „Bautechnisch ist das eine Herausforderung; sehr viel komplizierter als die Standardkästen der Discounter auf der grünen Wiese. Die Unternehmen haben aber erkannt, dass es machbar ist und sich auch rechnet, wenn man geeignete Partner findet.“

Die Zeit der grünen Wiese ist vorbei

Dass vor allem die Discounter in der Debatte um neue Nutzungskonzepte zuletzt im Fokus stehen, liegt laut Atzberger daran, dass Supermärkte dort bereits viele Filialen im Bestand haben, auch mit Mischnutzungen – während die Discounter gerade erst verstärkt ins Zentrum streben.

Sie seien „durch auf der grünen Wiese“. Überall, wo dort sinnvollerweise Märkte stehen könnten, stünden nun bereits welche. „Die Innenstadt dagegen hat sich als sehr interessanter Standort entwickelt. Sie hat eine hohe Attraktivität, viele Menschen wollen hier leben und einkaufen.“

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Auch Just sagt: „Die Zeit der grünen Wiese ist längst vorbei.“ Heute setze man auf Standorte, die „nah am Kunden sind – also wohnortnah oder zum Beispiel auf seinem täglichen Weg zur Arbeit oder zur Schule liegen“. Es ist daher kein Zufall, dass Aldi Süd seine Immobilienbüros gezielt in großen Städten errichtet. Neben dem Kölner Büro – die fünf Mitarbeitenden sitzen dabei am Logistikstandort des Konzerns in Dormagen – gibt es weitere in München, Stuttgart und Frankfurt.

Wenn Just die Situation in den verschiedenen Städten miteinander vergleicht, nennt er als Herausforderung für Köln eine, die man in der Immobilienbranche schon von vielen Seiten kennt: die „sehr langwierigen Planungs- und Genehmigungsprozesse“.

„Schuhkarton-Immobilien“ haben ausgedient

Bei Rewe heißt es zu dem Thema auf Anfrage, der Supermarkt als „Schuhkarton-Immobilie“ habe schon lange ausgedient. „Ohnehin ist unser Credo bei der Standortentwicklung, mit den Kommunen Hand in Hand zu arbeiten und uns dabei städtebaulich optimal zu integrieren“, so ein Sprecher.

Besonders im Stadtkern und Ballungsräumen seien die sogenannten Mixed-Use-Immobilien auch für Rewe interessant. „Je weiter man sich allerdings vom Kern entfernt, desto besser ist die Flächenverfügbarkeit. Die Notwendigkeit einer Mischnutzung ist somit nicht mehr gegeben. Man darf auch nicht vergessen, dass nicht jeder unbedingt über einem Supermarkt wohnen möchte.“ In den Innenstädten sei die Akzeptanz von Handel unter der eigenen Wohnung größer.

Auch Lidl treibt bereits eine ganze Weile Immobilienprojekte voran und galt lange als Vorreiter. Ende 2020 startete der Discounter in Berlin beispielsweise ein größeres Bauprojekt inklusive 26 Wohnungen, das in serieller Modulbauweise entsteht – also mit industriell vorgefertigten Bauteilen, die direkt an der Baustelle zusammengefügt werden. Das kann Kosten und Fehleranfälligkeiten beim Bauen reduzieren.

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