Teambuilding im Gaming-BootcampGamer aus aller Welt trainieren in einer alten Kirche in Köln

Lesezeit 3 Minuten
Das dreiköpfige Team hinter "Esports-Training“ in der Kölner Innenstadt: (v.l.n.r.) Dirk Lensch, Felix Günther und Marius Jäger.

Das dreiköpfige Team hinter „Esports-Training“ in der Kölner Innenstadt: (v.l.n.r.) Dirk Lensch, Felix Günther und Marius Jäger.

Ein Kölner Start-up bietet eine professionelle Gaming-Anlage für E-Sportler an. Doch auch immer mehr Unternehmen entdecken Games für sich.

Was das Geißbockheim mit dessen professionellen Trainingsinfrastruktur dem 1. FC Köln bietet, will „Esports-Training“ für Menschen bereitstellen, die Computer- und Konsolenspiele spielen. Profis, also „E-Sportler“, Gelegenheitsspieler, also „Gamer“ und auch Unternehmen, die nach neuen Teambuilding-Übungen suchen, mieten die Anlage im einstigen Anbau einer Kirche auf der Kölner Moltkestraße.

Köln: „Esports-Training“ vermietet Gaming-Anlage für Profis

Das Herzstück der Anlage sind die zwölf modernen Gaming-Plätze. Seit etwa einem halben Jahr bietet Dirk Lensch mit seinem dreiköpfigen Team sogenannte „Gaming Bootcamps“ an: „Man muss sich das vorstellen wie Fußballvereine, die bis zu zwei Wochen ins Trainingslager gehen. Auf unserer Fläche bekommt Gaming einen kontrollierten Rahmen, unter fachgerechter Anleitung. Damit schaffen wir es, Spieler und Teams physisch zu vernetzen und vor Ort zusammenzubringen.“ Nur, dass alle Gamer, unabhängig von Erfahrung und Fähigkeit, die professionelle Ausstattung mieten können.

Viele Leute sehen das nicht als Sport, sondern als Rumgedaddel
Dirk Lensch, Geschäftsführer von Esports-Training

Lensch greift häufig auf Fußball-Analogien zurück, um das Konzept seines Start-ups zu erklären, da viele gesellschaftliche Bilder von Gaming veraltet seien. Der gebürtige Kölner meint: „Viele Leute sehen das nicht als Sport, sondern als Rumgedaddel. Das ist noch sehr stigmatisiert.“

Dabei sind solche Analogien passend, denn im E-Sport sind Wettbewerbs- und Rahmenbedingungen mittlerweile in vieler Hinsicht so professionalisiert wie im klassischen Leistungssport: Spielanalysten, Ernährungsberater, Physiotherapeuten und sportpsychologische Experten sind Teil jedes Teams. Bis 2024 sollen E-Sport-Umsätze weltweit auf 1,6 Milliarden Euro wachsen. Auch die Teams sind so international aufgestellt wie Fußball-Bundesligisten. Köln spielt bei der Entwicklung des Sports eine besondere Rolle.

E-Sport: Köln als wichtiger Standort „in Deutschland und weltweit“

„Köln ist einer der wichtigen E-Sport-Standorte in Deutschland und weltweit“, sagt Felix Falk, Geschäftsführer des Branchenverbands Game: „Turniere wie die IEM Cologne lassen jährlich Zehntausende E-Sport-Fans in die Lanxess-Arena strömen“ und die Gamescom, die weltweit größte Games-Messe, „wird weltweit millionenfach verfolgt.“ Hinzu kommen internationale Top-Teams, die in Köln angesiedelt sind, wie SK Gaming, das FC Barcelona des E-Sports.

Die Vereine, die die Entwicklung des Sports vorantreiben, fehle jedoch zu oft die politische Unterstützung, meint Interessenvertreter Falk: „Die im Koalitionsvertrag vereinbarte Einführung der Gemeinnützigkeit von E-Sport wurde bisher nicht umgesetzt.“

Auch Lensch betont, dass dies der Branche helfen würde. Die Infrastruktur im Profi-Bereich steht, doch um Gaming als Breitensport zu etablieren, müsse man noch „an vielen Baustellen arbeiten.“ Er sieht in seinem „E-Sportplatz“ auch ein Interesse in der Öffentlichkeit, weshalb die professionelle Anlage auch von Privatpersonen gemietet werden kann. „Freunde können sich für vier Stunden oder auch ein ganzes Wochenende hier einmieten und zusammen zocken.“ Ein Lounge-Bereich und eine Küche sind auch vor Ort.

Gaming: Teambuilding-Workshops für Unternehmen

Auch Unternehmen entdecken Gaming als Aktivierung ihrer Mitarbeiter für sich. Felix Günther, der für die Partner und Sponsoren von Esports-Training zuständig ist, spricht dabei von Teambuilding-Workshops, in denen die Mitarbeiter unterschiedliche Rollen innerhalb eines Spiels einnehmen müssen: „Wir setzen dann einen sportpsychologischen Experten dazu, der dann feststellen kann, wie das Team kommuniziert, wer mehr die Führung übernimmt und wer eher unterstützt.“ Dadurch werde die Kommunikation verbessert und der Teamgedanke gestärkt, so Günther, der selbst einst als E-Sportler für den 1. FC Köln spielte.

Zudem können Games als Bindeglied zwischen Altersgruppen in der Belegschaft dienen, so Lensch: „In vielen Unternehmen ist die Anzahl der Mitarbeiter, die in ihrer Freizeit digitale Spiele konsumieren, deutlich höher als man denkt.“ Laut Branchenverband Game ist der deutsche Gelegenheitsspieler im Durchschnitt 36 Jahre alt. Da können Spiele aus anderen Generationen ausgetauscht und gespielt werden.

Lensch und sein Team möchten zunächst beobachten, wie ihr ganzheitliches Konzept angenommen wird. Letztendlich möchten sie die Infrastruktur für Gaming und E-Sport fördern: „Egal wo ich in Deutschland bin, habe ich innerhalb fünf Minuten den nächsten Fußballplatz gefunden. Das ist im E-Sport nicht so.“ Das möchte er ändern.

KStA abonnieren