Kölner Gründer gegen Burnout im Job„Die Art, wie wir arbeiten, macht Menschen kaputt“

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Die „Work Life Romance“-Gründer Marius Kursawe (l.) und Robert Kötter

  • Viele Menschen sind mit ihrer Arbeit unzufrieden. Sie sind gelangweilt oder überfordert, manche stehen kurz vorm Burnout.
  • Die Kölner Gründer Marius Kursawe und Robert Kötter helfen Menschen, die sich beruflich verändern wollen.
  • Kündigung ist dabei nur der letzte Ausweg. Ein Porträt – und ein paar Tipps.

Köln – Vor einigen Jahren machten Marius Kursawe und Robert Kötter eine Beobachtung: Nach ein, zwei Bier, sagt Kötter, beschwerten sich die meisten Menschen über ihren Job. Über die Kollegen, die Aufgaben, die Menge der Arbeit. Kursawe war damals als klassischer Unternehmensberater tätig, Kötter hatte eine Firma gegründet und arbeitete als Coach und Berater. Beide wollten sich beruflich verändern und entschieden, genau das zum Inhalt ihrer Arbeit zu machen. 2012 gründeten sie in Köln das Coaching-Angebot „Work Life Romance“.

„Unsere Erkenntnis war: Die Art, wie wir arbeiten, macht Menschen kaputt“, sagt Kötter. Damit gehe es weniger um die Quantität als um die Qualität der Arbeit. Das deute sich schon im gängigen Begriff „Work Life Balance“, also der Balance aus Arbeit und Leben an. „Das klingt wie Gift und Gegengift“, sagt Kursawe. „Nach dem Motto: Meine Arbeit ist so furchtbar, dass ich das anschließend mit Yoga ausgleichen muss.“ Dabei sei die Frage, wie man arbeiten wolle, unmittelbar mit der Frage nach dem eigenen gewünschten Lebensstil verknüpft.

Von der Balance zur Romanze

Bei Work Life Romance gibt es verschiedene Angebote, die die Balance in eine Romanze verwandeln sollen. In Jobcamps lernen die Teilnehmer, ihr Arbeitsleben nach den eigenen Bedürfnissen und Fähigkeiten zu gestalten. Außerdem bilden sie neue Coaches aus, zum Beispiel in der Kreativtechnik Life Design. Am 18. Juni bieten sie dazu in ihrem Mülheimer Büro einen Infoabend an. Und auch große Unternehmen beraten Kursawe und Kötter mittlerweile – damit ihre Mitarbeiter sich nicht früher oder später selbst einen Coach oder einen neue Arbeit suchen.

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Früher habe die Meinung vorgeherrscht, wenn man aus seinem Personal möglichst viel heraushole, bekomme man die beste Rendite, sagt Kötter. Tatsächlich führe das aber nur zu einer Sache: „Burnout“. Die junge Generation schaue sich genau an, was die alte tue – und stelle andere, neue Anforderungen.

Das Ziel der Jobcamps sei dabei nicht, Menschen zur Kündigung zu animieren: „Es geht nicht darum, alle Brücken abzureißen. Das macht den Menschen Angst“, sagt Kursawe.

Das sei zudem nur in wenigen Fällen notwendig. Stattdessen reiche oft die Erkenntnis, dass man Arbeitszeit reduzieren könne und sich nicht nur auf einen Job fokussieren müsse. „Dabei begrenzt man sich oft auf einen Teil seiner Persönlichkeit.“ Die Idee dahinter: Ein Controller in Teilzeit kann auch als Masseur arbeiten, wenn ihm beides liegt.

Flexibilität im Job

Gerade durch die Veränderungen in der Arbeitswelt wird vieles möglich: Zeitliche, räumliche und inhaltliche Flexibilität im Job ermöglichten neue Konstrukte. Als die beiden 2012 ihr Unternehmen gründeten, war die neue Arbeitswelt noch kein großes Thema. Heute suchen auch die Unternehmen selbst nach neuen Modellen. Außerdem hat sich das Machtverhältnis auf dem Arbeitsmarkt verändert: Die Arbeitnehmer sitzen in vielen Branchen längst am längeren Hebel.

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„Wir sagen nicht, dass Arbeit immer Spaß machen musst“, sagt Kursawe. „Aber es geht darum, dass man sagen kann: Ich bin in der Summe der Tage am richtigen Platz.“

Die beiden versuchen, dem zu folgen, was sie predigen: Beide sind Familienväter und arbeiten in Teilzeit – genau wie ihre Frauen. Am Wochenende lesen sie keine Mails. Seit acht Jahren bieten sie das Jobcamp nur zweimal im Jahr an, nicht, weil nicht mehr möglich wäre, sondern weil sie nicht mehr wollen. „Wir haben zwar auch Projekte, die stressig sind. Aber wir wissen immer, warum wir etwas machen.“

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