Abo

Kölner Immobilien in der Corona-Krise„Es gibt viel zu wenig Häuser am Markt“

Lesezeit 4 Minuten
Das Neubaugebiet „Prima Colonia“ in Köln-Widdersdorf auf einer Luftaufnahme von 2018.

Das Neubaugebiet „Prima Colonia“ in Köln-Widdersdorf auf einer Luftaufnahme von 2018.

  • Corona hat vieles verändet – die Immobilienpreise im Rheinland allerdings nicht.
  • Sie bleiben hoch und dürften sogar weiter steigen, sagt Immobilienexperte Matthias Wirtz.
  • Im KSTA-Interview spricht er über die Gründe dafür. Außerdem erklärt er, wieso es erst in zehn Jahren wieder mehr Immobilien im Bestand geben dürfte.

Herr Wirtz, die Preise für Wohnimmobilien haben sich trotz Krise kaum verändert. Woran liegt das? Die Grundsituation ist trotz Corona die gleiche geblieben: Im Kölner Raum liegt die Nachfrage unverändert deutlich über dem Angebot. Es gibt also weiterhin Auftrieb für die Preise. Durch den Corona-Lockdown ist das öffentliche Leben zwar kurzzeitig zum Erliegen gekommen. In diesem Zeitraum war es auch spürbar ruhiger an den Immobilienmärkten. Doch jetzt ist die Lage weitgehend wieder so wie zu Beginn des Jahres.

Welche Unterschiede gibt es dabei zwischen den verschiedenen Segmenten?

Eigentumswohnungen im absoluten Topsegment, die mehr als eine halbe Million Euro kosten, waren weniger gefragt. Hier hat sich die Vertriebsgeschwindigkeit deutlich verlangsamt. Auch bei den studentischen Wohnungen waren die Auswirkungen spürbar, weil die Studierenden nicht wussten, wann und wie es mit dem Wintersemester weitergeht. Aber dabei handelt es sich im Kern lediglich um Verschiebungen. Anleger, die Immobilien als Kapitalanlage kaufen, haben ebenfalls kurzzeitig pausiert, zeigen sich jetzt aber vermehrt wieder kaufinteressiert.

Zur Person

Matthias Wirtz ist Studienleiter bei KSK-Immobilien, dem Immobilienmakler der Kreissparkasse Köln. In seinem aktuellen Marktbericht kommt KSK-Immobilien zu dem Schluss, die Rahmenbedingungen auf dem Immobilienmarkt im Rheinland hätten sich durch die Corona-Krise „nicht fundamental geändert“. Der von einigen Akteuren erwartete Preiseinbruch sei nicht eingetreten, der Gesamtmarkt „sehr resilient. (elb)

Wird die Rezession keine Spuren am Markt hinterlassen?

Problematisch wäre es, wenn die Zahlungsfähigkeit in der Bevölkerung nachließe und gleichzeitig nur noch sehr hochpreisige Immobilien angeboten würden. Von einer solchen Entwicklung ist allerdings nicht auszugehen. Wie von uns erwartet, ist es bislang auch nicht zu vermehrten Zwangsverkäufen gekommen.

Wie werden sich Immobilien als Geldanlage entwickeln?

Wir erwarten, dass die Nachfrage nachhaltig zunehmen wird. Für diejenigen, die keinen langfristigen Anlagehorizont planen und deshalb zum Beispiel nicht in Aktien investieren möchten, stellen Immobilien sicherlich die risikoärmere Alternative dar. Zudem gehe ich davon aus, dass das Finanzierungsumfeld nachhaltig von sehr niedrigen Zinsen geprägt sein wird.

Erwarten Sie durch Corona beim Wohnen einen Trend „raus aus den Städten“?

Ich denke, dass sich viele Menschen im Lockdown intensiver mit ihrer Wohnsituation auseinandergesetzt haben und deshalb heute ein stärkeres Bewusstsein dafür haben, wie sie gerne wohnen möchten. Aber ich glaube nicht, dass es eine Trend-Umkehr geben wird. Singles haben meist einen starken Anspruch an ein breites soziales Netzwerk außerhalb der eigenen vier Wände – sie dürfte es weiterhin eher in städtische und urbane Räume ziehen. Für junge Familien bleibt dagegen das Umland mit seiner Bildungsinfrastruktur attraktiv. Doch dem Wunsch, ins Umland zu ziehen, steht in unserer Region häufig das knappe Immobilienangebot entgegen. Es sind viel zu wenig Häuser am Markt, und das schon seit einiger Zeit. Für junge Haushalte ist es entsprechend nicht einfach, im Umland ein geeignetes Eigenheim zu finden.

Wann wird sich das ändern?

Durch Neubautätigkeit allein ist keine Erleichterung zu erwarten. Bedingt durch die demografische Entwicklung dürften aber in etwa zehn Jahren wieder mehr Bestandsimmobilien an den Markt kommen. Wichtig bleibt: Wen es aufs Land zieht, der möchte nicht „irgendwo im Nirgendwo“ wohnen. Es braucht eine gewisse Infrastruktur. Daher ist es entscheidend, dass die Infrastruktur weiter ausgebaut und leistungsfähiger gemacht wird. Regionalentwicklung muss über Stadtgrenzen hinweg gedacht werden. Die Projekte im Rahmen der Regionale 2025 sind dafür ein gutes Beispiel.

Das könnte Sie auch interessieren:

Wie sehen Sie den Kölner Raum aufgestellt?

Der Kölner Wirtschaftsraum hat gute Chancen, auch dann weiter gut dazustehen, wenn sich die Konjunktur schwächer entwickelt als erwartet. Unsere Region zeichnet sich durch eine zukunftsfähige und gut aufgestellte Wirtschaft aus, die sich auch in einer schwierigen Zeit behaupten kann. Die Bildungslandschaft ist stark, das macht diese Region nicht nur für Erwerbstätige, sondern auch für Studenten und Azubis interessant. Wir werden daher weiterhin ein Ungleichgewicht an nahezu allen Immobilienmärkten erleben, das Druck auf die Preise ausübt.

Weg vom Wohnen, hin zum Gewerbe: Wie ist hier der Trend, gerade in den insolvenzgeplagten Innenstädten?

Schon vor Corona sind in den Innenstädten und 1A-Handelslagen die Mieten deutlich zurückgegangen und Neuvermietungen schwieriger geworden. Aber natürlich ist in den letzten Monaten sehr deutlich geworden, wie anfällig dieses Segment für den Lockdown ist – das betrifft ja auch Hotel und Gastronomie. Daher gehen wir davon aus, dass sich die Kaufpreise in den kommenden Jahren deutlich reduzieren werden. Die Immobilieneigentümer bewerten das Risiko hier wieder höher. Sie werden künftig auch genauer hingucken: Wen habe ich als Mieter? Vielleicht entscheiden sie sich lieber für eine soziale Einrichtung als ein Start-up, das vielleicht noch nicht auf einem breiten finanziellen Fundament steht.

KStA abonnieren