Die Kölner haben sich mit spektakulären Deals in den USA einen Namen gemacht. Nun steckt der Markt in der Krise - erstmals könnten Anleger Geld verlieren.
Kölner Immobilien-SpezialistAnleger bei Jamestown könnten erstmals Geld verlieren – wie die Firma gegensteuert

Ein Stück Köln mitten am Times Square: Das ikonische Gebäude One Times Square (Mitte) gehört dem Immobilien-Spezialisten Jamestown.
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Mitten auf dem Times Square in New York City steht ein Stück Köln. Und nicht nur irgendwo, sondern so prominent wie nur irgend möglich: Das Gebäude „One Times Square“, wo zum Jahreswechsel der ikonische „Ball Drop“ stattfindet und das einst das Zuhause der New York Times war, gehört Kölnern. Genauer gesagt den Immobilienmanagern von Jamestown, die sich als exzellente Dealmaker mit Gespür für den Immobilienmarkt einen Namen gemacht haben.
Zu den bekanntesten Transaktionen gehört etwa der Verkauf eines Hauses in New York City an den Tech-Giganten Google. 2018 veräußerte Jamestown die Büroimmobilie „Chelsea Market“ für 2,4 Milliarden Dollar - damals ein spektakulärer Coup zum Sensationspreis. Die Kölner hatten den Komplex in Manhattan, zu dem auch eine bei Touristen beliebte Markthalle zählt, im Jahr 2003 für 280 Millionen Dollar erworben.
Immobilienkrise hat Jamestown fest im Griff
Doch diese Glückssträhne scheint vorbei zu sein. Die Immobilienkrise hat die USA nach wie vor fest im Griff, viele Büroimmobilien haben deutlich an Wert verloren. Ein Verkauf wie der an Google ist zurzeit undenkbar. Los ging der Wertverfall mit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine, als die Notenbanken die Zinsen kräftig hochschraubten. Das Prinzip ist wie auf dem privaten Markt: Wer eine Immobilie kaufen will und sich dafür bei der Bank Geld leiht, muss tiefer in die Tasche greifen. Das lässt die Nachfrage sinken, es wird also schwieriger, Immobilien mit sattem Gewinn zu verkaufen. Auch die politischen Rahmenbedingungen sorgen für Verunsicherung im Markt.
Für Jamestown sind das schlechte Nachrichten. Das Unternehmen verdient nämlich Geld damit, Gebäude vergleichsweise günstig zu kaufen, sie zu modernisieren und dann für ein Vielfaches weiterzuverkaufen. Das Geld dafür stammt unter anderem von Privatanlegern, die mindestens 30.000 Euro locker machen können. Aktuell verwaltet die Firma 14,4 Milliarden US-Dollar. Anleger investieren in sogenannte geschlossene Immobilienfonds, ihr Geld steckt also für begrenzte Zeit in Immobilienprojekten in den USA.
Anleger haben in der Niedrigzinsphase viel Gewinn gemacht
Dieses Investment war in den vergangenen 30 Jahren mehr als lukrativ. „Bislang haben wir alle unsere Fonds im Schnitt nach sechs Jahren aufgelöst“, sagt Jamestown-Geschäftsführer Fabian Spindler. „Unser Track-Record ist einmalig in der Branche. Bei uns hat kein Anleger in den vergangenen 40 Jahren Geld verloren.“ In der Tat waren gerade die 2010er-Jahre eine goldene Ära, um mit Immobilien zu handeln. Es kostete fast nichts, sich Geld zu leihen. 28 Fonds hat Jamestown seit seiner Gründung platziert und wieder aufgelöst. Im Schnitt haben sie pro Jahr durchschnittlich 18 Prozent Rendite abgeworfen, rechnet das Unternehmen vor.

Fabian Spindler, Geschäftsführer des Kölner Immobilienunternehmens Jamestown.
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Davon können die Jamestown-Anleger aktuell nur träumen. Bei seinen Fonds 29 und 30 prognostiziert Jamestown aktuell, dass die Anleger weniger zurückkriegen, als sie eingesetzt haben. In der Regel erhalten sie sogar jährlich eine Gewinnbeteiligung, doch diese Zeiten sind passé. „Wir haben bei Fonds 29 bis Ende der Laufzeit keine planmäßigen Ausschüttungen mehr vorgesehen. Bei Jamestown 30 und 31 werden für das aktuelle Jahr keine Ausschüttungen geleistet“, sagt Spindler.
Ich bin überzeugt, dass die Fonds von der Markterholung profitieren. Unser Ziel ist natürlich, dass die Anleger kein Eigenkapital verlieren
Im Mai wollte Jamestown eigentlich mit Fonds 33 an den Markt gehen. „Das haben wir nicht gemacht, auch im Sinne der Anleger. Wir haben gesehen, dass aufgrund der politischen Situation zu viel Unsicherheit im Markt ist. Dann muss man einfach mal abwarten“, sagt Spindler. „Wir gehen davon aus, dass das Transaktionsvolumen in diesem Jahr etwas höher sein wird als 2024.“ Doch die Strategie der Stunde lautet: Füße stillhalten.
Europas Industrieareale sollen für Aufschwung sorgen
Und noch ein weiterer Punkt könnte dem Geschäft von Jamestown wieder Schwung verleihen: Seit 2018 ist das Unternehmen auch in Europa aktiv, hat inzwischen rund hundert Beschäftigte in fünf Niederlassungen, die sich um das Geschäft auf dem Heimatkontinent kümmern. Insgesamt beschäftigt Jamestown 650 Mitarbeiter, 70 davon am Hauptsitz in Köln. „Die grundlegende Entscheidung, nach Europa zu gehen, waren die alten Industrieareale. Da gibt es hier viel mehr Objekte, aufgrund der Historie“, sagt Spindler.
Das Unternehmen nennt sein Konzept „Placemaking“. Jamestown entwickelt nicht nur das Gebäude an sich weiter, sondern versucht es durch bestimmte Anreize so attraktiv zu machen, dass die Menschen in der Gegend regelmäßig dorthin gehen, etwa durch Veranstaltungen wie Konzerte oder Märkte. Jamestown verdient Geld damit, anonyme Gebäude zu einer Marke zu machen - häufig sogar mit eigenem Profil in den sozialen Medien. Solche Immobilien haben dann eine Sogwirkung, ziehen weitere Investitionen nach sich, und machen die ursprüngliche Immobilie noch wertvoller.
Ponce City Market in Atlanta entwickelt sich zur Goldgrube
In den USA hat dieses Prinzip viele Jahrzehnte gut funktioniert. Ein eindrückliches Beispiel ist der Ponce City Market im Zentrum von Atlanta: Der Gebäudekomplex wurde 1926 gebaut und ist der größte historische Backsteinbau im Südosten der USA. Er befindet sich direkt an der beliebten Beltline, einer ehemaligen Eisenbahnlinie, die derzeit auf über 35 Kilometern für Fußgänger und Radfahrer ausgebaut wird. Jamestown hat den Backsteinkomplex im Jahr 2011 übernommen. „2010 war ich das erste Mal in Atlanta und wollte zum Ponce City Market fahren. Der Taxifahrer wusste gar nicht, wo das ist“, erinnert sich Spindler.

Ponce City Market in Atlanta: „Der Taxifahrer wusste gar nicht, wo das ist“, erinnert sich Spindler.
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Inzwischen ist das Quartier auch über die Region hinaus bekannt. Hier gibt es nun Galerien, Restaurants, Wohnungen und Einzelhandel, in historischer Industriearchitektur und modernem Design. Vom Dach des Gebäudes fällt der Blick auf die Skyline von Atlanta, dort gibt es aber auch einen Freizeitpark sowie mehreren Bars und Restaurants.
Auch das Vorzeige-Objekt One Times Square folgt ähnlichen Regeln. Jamestown hatte das Hochhaus 1998 gekauft und in den vergangenen Jahren 500 Millionen US-Dollar in die Renovierung gesteckt. Während außen große Werbetafeln leuchten, war der Tower im Inneren wenig attraktiv. „Durch die Werbetafeln außen gab es innen kein Licht. Wir haben überlegt, wie wir aus dem Objekt auch innen etwas machen können“, sagt Spindler.

Die neue Aussichtsplattform des „One Times Square“ soll viele Besucher anziehen.
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Auf der Website des Gebäudes lässt sich schon erahnen, was hier bald möglich sein könnte. Eine Aussichtsplattform soll nicht nur einen Rundumblick auf New York City ermöglichen, sondern in der Silvesternacht einer der begehrtesten Orte der Stadt werden. Künftig soll man hier auch heiraten können. Im Innern des Gebäudes gibt es sogenannte Engagement-Flächen, wo sich Besucher mit unterschiedlichen Marken beschäftigten und mit deren Produkten interagieren können. Mit dabei sein soll auch die berühmte Kugel vom Silvesterabend - Besucher sollen sie mit Kristallen bekleben können.
Nach solchen Möglichkeiten sucht Jamestown nun also auch in Europa. Im vergangenen Jahr hat das Unternehmen damit begonnen, seinen ersten Europafonds aufzusetzen. „Wir arbeiten mit Hochdruck daran und sind in den letzten Zügen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir im vierten Quartal mit dem Fonds starten können“, sagt Spindler.
Jamestown will Otto-Langen-Quartier kaufen
Und auch in Köln hat Jamestown eine Fläche im Blick: das Otto-Langen-Quartier in Mülheim. Schon 2021 wollte Jamestown das Areal kaufen, damals hatte die Stadt ihr Vorkaufsrecht ausgeübt. Nun ist eines der begehrtesten großen Grundstücke in Köln wieder auf dem Markt, bis zum Frühjahr konnten sich Investoren bewerben. „Wir haben uns beim Otto-Langen-Quartier an der Ausschreibung beteiligt“, sagt Spindler. Wie viel Geld Jamestown für das Areal geboten hat, sagt er nicht.
Ein Gebäudekomplex in der Schanzenstraße, in dem unter anderem die Produktionsfirma Brainpool zu Hause ist, gehört der Firma schon. In Gesprächen mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ zeigt sich, dass längst nicht alle Mieter des Komplexes mit dem Eigentümer zufrieden sind. Es seien zwar Modernisierungsmaßnahmen vorgenommen worden, zum Beispiel wurde die Fassade renoviert, doch die Arbeiten sind wohl längst nicht abgeschlossen. In einem Gebäudeteil sollen die Toiletten nur behelfsmäßig fertig sein, heißt es, dafür soll die Miete schon drastisch erhöht worden sein.
Spindler kann die Kritik nicht nachvollziehen. „Wir versuchen, zur Marktmiete zu vermieten. Wir schaffen etwas, von dem wir glauben, dass wir einen Mehrwert für die Community erreichen. Wenn die Immobilien weiterentwickelt werden, wird das Viertel aufgewertet. Dass dann höhere Mieten genommen werden, geht damit einher.“ Bleibt am Ende nur die Frage, ob auch mögliche Investoren an die Projekte glauben - und an die Markterholung, die Jamestown fest eingepreist hat.